Gefährliche Freundschaft

Movie-Kritik: The Killing Of A Sacred Deer
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© Xenix Film

Mit «The Lobster» brachte Giorgos Lanthimos eine kuriose Liebes- und Gesellschaftskritik in die Kinos. Ein Film, der voller Originalität und Eigensinn trotzt. Mit «The Killing Of A Sacred Deer» springt der Fimemacher aber nun definitiv über den Hai.

 

Der Ausdruck «Jumping The Shark» bezeichnet jenen Moment in einer TV-Serie, in dem der Höhepunkt erreicht wurde und das Interesse des Publikums schwindet. Weil zu viel auf das bewährte Konzept gesetzt wurde oder dieses zu sehr ausgelotet wurde. Dasselbe lässt sich auf Giorgos Lanthimos‘ neusten Film anwenden.  In diesen Psychothriller treffen Colin Farrell («In Bruges») und Nicole Kidman («Mouling Rouge») auf einen Teenager, der mit übersinnlichen Kräften ihre Familie terrorisiert. Ähnlich wie in «The Lobster» spielen Logik und Glaubwürdigkeit eher eine kleinere Rolle. Doch wo der Vorgänger-Film noch mit Wärme und Einfühlvermögen punktete, bleibt der Nachfolger kalt. Kalt wie der Körper einer leblosen Person. Mit einem solchen Körper muss sich Herzchirurg Steven (Colin Farrell) ab und zu durchschlagen. Sei es auf dem Operationstisch in der Klinik oder zuhause im Ehebett. Dass der Chirurg eine gestörte Beziehung zu Körpern besitzt, ist eine Verharmlosung. Umso mehr erstaunen da seine sozialen Kompetenzen.

 

Als der Vater von Martin (Barry Keoghan) stirbt, freundet sich Steven mit dem Teenager Martin an. Der Junge entwickelt dabei eine immer stärker werdende Obsession zu Steven. Die Sache geht sogar so weit, dass sich Martins Mutter (Alicia Silverstone, «Clueless») dem Chirurgen zu Füssen hinwirft. Ein klein wenig verkorkst? Dabei sind wir noch gar nicht zu dem Teil gekommen, in welchen Martin Stevens Kinder verflucht, worauf diese von einer unerklärlichen Krankheit (Bluttränen) heimgesucht werden und nur durch ein Opfer (hence the sacred deer) gerettet werde können.

 

In diesem Sinne hat der Film sehr, sehr viel (und viel zu viel) gemeinsam mit Darren Aronofky‘s «Mother!».  Aber ohne dies im Vorfeld anzukünden, woraufhin der ein oder andere Zuschauer doch ein wenig an seine Grenzen kommt. Die guten schauspielerischen Leistungen aller Beteiligten (ausgenommen Farrell der ein wenig zu steif daherkommt) gehen aber leider bei so viel Firlefanz komplett unter. «The Killing of a Sacred Deer» ist ein Film, der enorm darauf setzt einzigartig, provokant und bedeutungsschwanger zu sein wie Miley Cyrus während ihrer «WreckingBall»-Phase, dass er am Schluss – ähnlich wie Miley – nur noch müdes Gähnen hervorruft.

 

Zur akuten Behandlung von Nebenwirkungen nach Filmkonsum, empfehlen wir eine grosse und heitere Portion des Schwedischen Oscaranwärters «The Square».

 

  • The Killing Of A Sacred Deer (Irland/UK 2017)
  • Regie: Yorgos Lanthimos
  • Drehbuch: Yorgos Lanthimos & Efthymis Filippou
  • Besetzung: Nicole Kidman, Colin Farrell, Barry Keoghan
  • Laufzeit: ca. 121 Minuten
  • Kinostart: 11. Januar 2018

 

Tanja Lipak / Mi, 17. Jan 2018