Englands Amityville oder «There was a crooked Man ...»

Movie-Kritik: The Conjuring 2
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© 2016 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.

«I like to hear them scream.» So lautet Bill Wilkins (Bob Adrian, «Twelve Monkeys») Antwort auf die Frage eines Reporters, warum er die Hodgson-Familie nicht in Ruhe lasse. Ihn loszuwerden ist ein schwieriges Unterfangen, denn Wilkins ist bereits seit Jahren tot, weigert sich aber sein Zuhause der alleinerziehenden Mutter Peggy (Frances O’Connor, «Artifical Intelligence: A.I.», «The Importance of Being Earnest») und ihren vier Kindern zu überlassen. Die Polizei ist überfordert. Auch die Kirche ist machtlos ob der übernatürlichen Vorkommnisse und wendet sich an die Dämonologen Ed (Patrick Wilson, «Little Children», «Insidious») und Lorraine Warren (Vera Farmiga, «Up in the Air», «Safe House»), die im Jahr zuvor, durch ihre parapsychologische Arbeit während der Ereignisse in Amityville, eine weltweite Bekanntheit erlangt haben. 

 

Nachdem ihnen eine Tonbandaufnahme mit Wilkins Stimme vorgelegt wird, mit dem Hinweis, dass das Gespräch eigentlich mit der 11-jährigen Janet Hodgson (Madison Wolfe, «Joy») geführt worden sei, machen sich die beiden auf nach London, um das Haus zu inspizieren. Lorraine, die über hellseherische Fähigkeiten verfügt, gelingt es zunächst nicht, eine übernatürliche Präsenz wahrzunehmen, bis eine neue Tonbandaufnahme sie vom Gegenteil überzeugt. Schon bald befinden sich Ed und Lorraine inmitten der schauerlichen Ereignisse und Lorraine muss nicht nur um die Sicherheit der Hodgsons, sondern auch um die ihrer eigenen Familie fürchten.

 

Ist die junge Janet besessen? ( © 2016 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.)

 

Mit «The Conjuring» legte Regisseur James Wan 2013 einen Horrorfilm in einer Qualität vor, wie es ihn schon lange nicht mehr gegeben hat. Der Film wurde von Kritikern wie Zuschauern positiv aufgenommen und entwickelte sich zu einem kommerziellen Erfolg. Unter diesen Umständen stand einem Sequel nichts mehr im Weg. Nun endlich kommt der lang ersehnte zweite Teil «The Conjuring 2» in die Kinos und verspricht ebenfalls ein kommerzieller Erfolg zu werden. Denn der Film stand am Eröffnungswochenende bereits auf Platz eins der US-Kinocharts.

 

Geschichte basiert auf einem angeblich wahren Fall.  

 

Wan, der unter anderem auch für die erfolgreichen Horrorstreifen «Saw» und «Insidious» verantwortlich zeichnete, greift im zweiten Teil das Erfolgsrezept des Vorgängers auf, dessen Stärke vor allem im subtilen Spannungsaufbau lag. Gleichzeitig vermehrt und verstärkt er aber die Schockelemente bis zu einem fulminanten Finale. Wieder geht es um einen angeblich wahren Fall aus den Akten der Warrens, die erneut von Wilson und Farmiga gekonnt verkörpert werden. Schauplatz des Horrors ist diesmal ein Arbeiterviertel im nördlichen Londoner Bezirk Enfield. 

 

 Lorraine vor einer Wand aus Kreuzen. (© 2016 Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.)

 

Auf formaler Ebene bedient sich Wan, wie auch beim Vorgänger, an den altbekannten Genreelementen, die er aber gekonnt zusammensetzt. Dunkelheit, Gewitter, knarrende Geräusche, Türen, die von selbst auf- oder zugehen, eine aufziehbare Spieluhr und ein Kinderreim, der immer wieder aufgegriffen wird. Alle Elemente zusammen schaffen eine bedrohliche Atmosphäre, der man sich beim Zuschauen schwer entziehen kann. Das funktioniert besonders gut, weil unter anderem solche Kindheitsängste getriggert werden wie das Monster im Schrank oder unter dem Bett. Weiter wird durch das Aufgreifen der bekannten Motive des Okkultismus, ein fast schon nostalgischer Bezug zu Horrorfilmen der 1970er Jahre hergestellt, die viele aktuelle Filme des Genres leider vermissen lassen.

 

Der originelle Ansatz die Charaktere den Zuschauern zugänglicher zu machen funktioniert leider nur bedingt. Sowohl die Beziehung der Warrens als auch die der Hodgsons untereinander wird beleuchtet. Die Figuren werden dadurch zwar fassbar,  allerdings entstehen auch einige Längen, die man durch den Einsatz von Schockelementen auszugleichen versucht. Der Film ist denn auch mit seinen 134 Minuten deutlich länger geraten als die üblichen Genreklassiker. Während «The Conjuring» die Spannung subtiler aufbaut und mit wohldosierten Jump-Scares Akzente setzt, verliert der zweite Teil durch den Versuch den Hintergrund der Familie auszuloten, viel an Spannung und entlädt sich sozusagen als Ausgleich dazu in einem finalen Akt, was zugegebenermassen nicht minder unterhaltsam ist, den Film allerding etwas aus dem Gleichgewicht bringt.

 

Regisseur James Wan ist mit «The Conjuring 2» ein solider und sehenswerter Vertreter des Genres gelungen. Der Film punktet mit guten Darstellern, einem Produktionsdesign, das die späten 1970er Jahre überzeugend zum Leben erweckt und wirksamen Schockeffekten, die lange nachwirken.

 

  • The Conjuring 2 (USA 2016)
  • Regie: James Wan
  • Besetzung: Vera Farmiga, Patrick Wilson, David Thewlis, Frances O’Connor, Franka Potente
  • Laufzeit: ca. 134 Minuten
  • Kinostart: 16. Juni 2016

 

Sule Durmazkeser / Do, 16. Jun 2016