«Lady Bird»

Movie-Kritik: Lady Bird
Bildquelle: 
© Universal Pictures International Switzerland.

Christine «Lady Bird» McPherson (Saoirse Ronan) ist siebzehn und lebt in der kalifornischen Stadt Sacramento. «Lady Bird» ist der Name, den sie sich selbst gegeben hat, sie besteht darauf, nur so genannt zu werden. Die Teenagerin besucht eine katholische High-School, deren Werte ihr genauso wenig wie ihre Heimatstadt oder die Verhältnisse, in denen sie lebt, gefallen. Ihr Bruder hat nach dem College keine Arbeit gefunden und lebt wieder zuhause, ihre Eltern haben Mühe, über die Runden zu kommen. Besonders an ihre Mutter Marion (Laurie Metcalf) gerät Christine wieder und wieder. Ihr grösster Traum ist es, in eine Grossstadt zu ziehen. Durch den Wechsel ans College verspricht sich «Lady Bird», ihre Heimatstadt hinter sich lassen zu können.

 

«Lady Bird» ist Greta Gerwigs erstes Soloprojekt als Regisseurin. Sie porträtiert ihre Hauptfigur in der Zwischenphase von Mädchen zu Frau. Entsprechend befindet sich Christine in vielen Hinsichten zwischen zwei Welten; nicht nur zwischen Jugendlichkeit und Erwachsensein, sondern auch zwischen Gefühlen der Abhängigkeit und der Freiheit, zwischen Individualismus und dem Wunsch nach Akzeptanz sowie Veränderungen des Körpers und zwischenmenschlicher Beziehungen. Der Zuschauer fühlt ambivalente Gefühle gegenüber der pubertierenden Christine. Mal leidet man mir ihr mit, mal versteht man sie nicht, mal geht sie einem gehörig auf die Nerven.

 

Gerwig versteht es also ausgezeichnet, eine pubertierende Jugendliche in ihrem Umfeld und die damit verbundenen Schwierigkeiten und Freuden darzustellen. Gerade dieses Umfeld, Christines Freunde und Familie, sind wie die Hauptfigur mit grosser Sorgfalt konzipiert; so versteht man die Mutter, zu der Christine kein einfaches Verhältnis hat, mit ihren Reaktionen auf das Verhalten der Tochter. Die Dynamik, welche in der Familie herrscht, wirkt vertraut und eingelebt. Der erhöhte Realitätsanspruch bewirkt, dass man sich in die Welt des Films hineingezogen fühlt.

 

Moral nicht zu offensichtlich 

 

Die schauspielerischen Leistungen sind einer der Hauptgründe, weshalb man sich den Film ansehen sollte. Während Darsteller wie Lucas Hedges, Tracy Letts und Beanie Feldstein besonders durch realistisch wirkende Darbietungen überzeugen, ist es die Dynamik zwischen Christine (Saoirse Ronan) und ihrer Mutter (Laurie Metcalf), welche mitreisst. In jeder Szene, die sich die beiden Schauspielerinnen teilen, schenkt man ihnen die ganzheitliche Aufmerksamkeit. Kein Wunder also, dass beide für einen Oscar nominiert waren.

 

Eine behandelte Problematik des Films, Glaube, welche von Christine den ganzen Film hindurch abgelehnt wird, wird zum Schluss unterschwellig akzeptiert. Dies stört den natürlichen Verlauf der Geschichte, da dieser Aspekt nicht zur Hauptfigur passt. Die Macher achten aber gut darauf, dass diese Moral nicht zu offensichtlich ist.

 

Ein einnehmender, wenn auch etwas formelhafter Film über die Schwierigkeiten und Freuden des Erwachsenwerdens.

 

  • Lady Bird (USA 2017)   
  • Regie: Greta Gerwig 
  • Darsteller:Saoirse Ronan, Laurie Metcalf, Tracy Letts, Lucas Hedges, Timothée Chalamet, Beanie Feldstein, Lois Smith, Stephen Henderson, Odeya Rush, Jordan Rodrigues 
  • Laufzeit: ca. 94 Minuten
  • Kinostart: 19. April 2018 

 

Jonas Stetter / Do, 19. Apr 2018