«Es geht darum, trojanische Pferde zu schaffen»

Interview mit Florian David Fitz
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Szenenbild ©Praesens Film

Bäckstage traf David Florian Fitz anlässlich der Premiere zu «das perfekte Geheimnis» in Zürich. Der deutsche Tausendsasa sprach mit uns darüber, wie viel Nähe eine Beziehung verträgt, in welchen Situationen er schon zum Lügen gezwungen wurde, wie er seinen Social Media-Umgang pflegt und was ihn am Drehbuchschreiben herausfordert.

 

So mein Natel liegt auf dem Tisch für die Tonaufnahme. Alle einkommende SMS und Anrufe würden wir sehen. Kannst du dir vorstellen deins auch hinzulegen?

 

Wie sagst du? Natel?

 

Ja, Natel, so nennen wir es in der Schweiz. Kommt von Nationales Autotelefon.

 

Das ist ja lustig. Es gibt so viele lustige Namen. Und warum nennen wir es Handy? Handy nennt es sonst niemand, nicht mal die Amerikaner. Handy gibt es gar nicht.

 

Doch schon als Adjektiv für handlich. Aber ja selbst bei den Amis ist es Cell Phone.

 

Ja, Handy für praktisch. Natel … gut, da habe ich wieder etwas gelernt. Ich habe es tatsächlich nicht dabei. Es liegt in meinem Zimmer.

 

Absichtlich?

 

Ja, weil es sonst reinfunkt und stört und ich mich so besser auf Interviews konzentrieren kann (lacht).

 

Wie gehst du privat mit deiner Handy-Privatsphäre um? Gibt es Personen in deinem Umkreis, die deinen Pin kennen?

 

Ich weiss gar nicht, wie Menschen darauf kommen, anderen ihren Pin zu geben oder andere nach deren Pin zu fragen. Wozu? Also natürlich, wenn jemand Auto fährt und man den Weg beschreiben muss, nimmt man das Handy des anderen entgegen, aber Pin brauchst du nicht. Mittlerweile läuft alles eh über den Fingerprint, somit gibt es die Pinverlockung gar nicht mehr. Ich habe einen Kumpel, der gibt sein Handy nicht aus der Hand, wenn er ein Bild zeigt. Das finde ich immer sehr lustig und bin immer getriggert, dass ich es ihm abnehme, um dann nach links oder rechts zu swippen. Aber eben, das ist nur eine Person im Freundeskreis und es ist dann auch immer sehr lustig.

 

Oh ja, das kenne ich, ich bin auch eine die es so wegnimmt und davonrennt.

 

Ja? Gehen die Leute nicht sowieso davon aus, dass alles irgendwo in Amerika auf einen Server landet?

 

 

Geheimnis bedingt ja, dass man etwas wirklich zurückhält. Wir werden oft auch gefragt, ob es in Beziehungen wichtig ist, Geheimnisse zu haben. Ich weiss nicht, ob es Geheimnisse sein müssen, aber es braucht die richtige Mischung aus Distanz und Nähe.

 

 

Das denke ich auch. Entweder du machst dir Gedanken, was du fotografierst und welche Bilder du suchst, oder nicht.

 

Oder du sagst, bei den Leuten in Amerika ist es mir Wurst, aber bei meinen Kollegen im Freundeskreis nichtt.

 

Was sagt das dann über dich und deine Freunde aus?

 

Das ist doch ganz klar, du gehst nicht gerne mit deiner Mutter in die Sauna, weil sie dir so nahesteht, aber mit Freunden in die Sauna ist ja okay. Es hat mit der Nähe zu tun. Je näher dir die Leute sind, desto eher möchtest du witzigerweise, dass sie gewisse Dinge nicht wissen.

 

Als ist es sinnvoll gewisse Geheimnisse zu pflegen?

 

Ich weiss nicht, ob Geheimnis das richtige Wort ist, aber es ist natürlich unser Filmtitel. Geheimnis bedingt ja, dass man etwas wirklich zurückhält. Wir werden oft auch gefragt, ob es in Beziehungen wichtig ist, Geheimnisse zu haben. Ich weiss nicht, ob es Geheimnisse sein müssen, aber es braucht die richtige Mischung aus Distanz und Nähe. Wenn du so eins geworden bist, dass der eine auf dem Klo sitzt und der andere putzt sich die Zähne parallel, dann ist vielleicht auch nicht mehr wirklich eine richtige Spannung da. Das ist aber auch völlig okay, es gibt ja Beziehungen in unterschiedlichen Stadien. In der Freundschaft entscheidet es sich immer von selber, mit wem du welches Level von Vertraulichkeit hast. Es gibt so ein instinktives Gefühl dafür, wem du was erzählst. Ich bin im Freundeskreis tendenziell der, der sich sehr viel Rat holt. Ich bespreche alles in der Runde. Und dann merke ich, dass es anderen Personen vielleicht nicht angenehm ist, wenn ich ihre Probleme auch im Freundeskreis bespreche. Dann werde ich gebrieft, dass man dieses eine Thema lieber nicht in der gossen Runde besprochen haben möchte.

 

Und kennst du auch die Situation, wie im Film, wo fast erwartet wird, dass man das Geheimnis einer Person bricht, damit die Intimität mit einer anderen bewahrt wird? So im Sinne von: Warum hast du mir das nicht erzählt?

 

Der Klassier ist, wenn jemand schwanger ist. Das wird unterschiedlichen Leuten zu unterschiedlichen Zeiten erzählt. Aus guten Gründen. Dann musst du ein Geheimnis wahren und andere haben dann so eine Spürrnase dafür, meistens die Frauen, und dann sagen sie so Sachen wie «die ist doch schwanger» und dann musst du richtiggehend lügen. Das ist ein komisches Gefühl. So richtig bewusst zu lügen, ist man sich gar nicht so gewohnt, obwohl man sicher unbewusst übt (lacht).

 

Was braucht es neben einem Handyspiel, dass ein Abendessen wie im Film explodiert?

 

Naja, wichtig ist, dass es eine Vergangenheit gibt. Die meisten Paare im Film sind ja nicht erst zwei Jahre zusammen. Es muss sich etwas aufbauen können, Dinge müssen über eine lange Zeit ungesagt geblieben sein. Es muss sich Spannung in den Beziehungen aufbauen, die sich noch nicht entladen hat. So ein Dampfkochtopf.

 

Im Film geht es um unsere Handysucht und darum, wie wir uns in der digitalen Welt präsentieren. Ihr seid im Moment alle fleissig daran den Film zu bewerben. Wie wichtig ist die Filmvermarktung über Social Media?

 

Die Vermarktung eines Filmes ist immer wichtig, denn es ist entscheidend, ob die Leute wissen, dass der Film läuft oder nicht. Es gibt nichts Unangenehmeres als wenn dich die Leute fragen, ob der Film schon gelaufen ist. Das willst du verhindern, du möchtest alles tun, damit die Leute wissen, dass du einem Film hast und der gut ist. Und dann nutze ich persönlich alles, was ich habe. Deshalb sitzen wir beide hier und deswegen benutze ich die Social-Media-Kanäle. Ich persönlich habe kein privates Profil. Ich weiss nicht, wie das ist, mich privat mit meinen Freunden über Instagram auszutauschen. Ich versuche mit meinem Insta-Account etwas von meiner Weltsicht zu zeigen, ohne mein Wohnzimmer zu filmen. Für mich ist das aber ganz klar ein Teil meiner Arbeit.

 

Deine Figur hat ein komisches Frosch-Quaken als Handyklingelton. Wie stehst du dazu?

 

Ich habe immer die neutralsten Klingeltöne. Fertig. Ich finde witzige Klingeltöne sind wie witzige Tattoos. Es sind Fehler.

 

Du warst das letzte Mal in Zürich für die Premiere von «Der Vorname». Dort gibt es ein ähnliches Kammerspiel rund um ein Abendessen, das langsam aus dem Ruder läuft.

 

Witziger Weise habe ich komplett gedacht es sei ähnlich, aber es war sehr unterschiedlich. Von der Chemie her war es anders. «Der Vorname» ist von der Thematik her etwas intellektueller, bei «Das perfekte Geheimnis» ging es vor allem um die verschiedenen Emotionen. Die Dreharbeiten waren völlig anders. «Der Vorname» haben wir innerhalb von 25 Drehtagen abgedreht, bei, «perfekten Geheimnis» waren es 55 Tage. Es war eine andere Art zu arbeiten. Die beiden Regisseure sind unterschiedliche Typen und dies kam dann zur Geltung.

 

 

Die Vermarktung eines Filmes ist immer wichtig, denn es ist entscheidend, ob die Leute wissen, dass der Film läuft oder nicht. Es gibt nichts Unangenehmeres als wenn dich die Leute fragen, ob der Film schon gelaufen ist. Das willst du verhindern, du möchtest alles tun, damit die Leute wissen, dass du einem Film hast und der gut ist.

 

 

Du selbst hast auch schon Regie geführt und Drehbücher geschrieben. Inwiefern möchte man da beim Dreh mitreden und Tipps geben?

 

Also erstens ist es ein riesen Haufen Arbeit Regie zu führen, so dass sich nicht jeder darum reisst. Ich habe Bora, unseren Regisseur, sehr gerne beobachtet, um zu sehen wie er das ein oder andere löst. Es ist schon sehr spannend, wenn du eben auch die andere Seite, die des Regisseurs, mal selbst eingenommen hast. Aber Tipps gebe ich keine (lacht).

 

Und inwiefern hat dich das Drehbuchschrieben und Regieführen bereichert?

 

Ich finde es fürs Leben sehr angenehm. Jeder Beruf hat Vor- und Nachteile. Und beim Schauspielern bist du abhängig davon, ob es grad gute Drehbücher gibt oder nicht. Oder ob du passt oder nicht. Wenn du selber schreibst hast du dies nicht. Schreiben ist was komplett Anderes als Schauspielern, weil du viel weniger kommunizierst und interagierst. Und bei der Regie musst du wohl am meisten kommunizieren über alles und mit allen möglichen Leuten. Dies eine grosse Herausforderung, weil es komplett andere Teile des Gehirns herausfordert. Das empfinde ich als sehr wohltuend.

 

Was fiel dir einfacher, was schwerer?

 

Witziger Weise ist das Drehbuchschreiben das Schmerzhafterste. Weil es gar nicht so leicht ist, aus dem Nichts irgendwohin zu kommen. Und du musst die Leute dazu bringen, sich für die Geschichte zu interessieren. Du musst dich damit auseinandersetzen, wofür sich die Leute interessieren und ich möchte etwas machen, das weder meine Intelligenz noch die des Publikums beleidigt. Irgendetwas über die Welt erzählen, worüber man noch nicht nachgedacht hat. Und das ist dann schon ein Schichtkuchen, der eine Herausforderung darstellt. Es geht darum, trojanische Pferde zu schaffen. Weniger freie Kunst und so.

 

Kritik zu «Das perfekte Geheimnis»

 

 

Tanja Lipak / Mo, 04. Nov 2019