Marina Abramović: The spirit in any condition does not burn

Ausstellung zu Marina Abramović in London
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© Elisabeth Sun

Pünktlich zum 250. Jubiläum, widmet die Royal Academy of Arts in London der Performance Päpstin eine Soloausstellung – zum ersten Mal einer Frau. Werke aus ihrer über 50 Jahre langen Karriere gibt es von der 1946 in Belgrad geborenen Künstlerin zu sehen. 

 

Erst im Mai ist sie dem Tod von der Schippe gesprungen. Obwohl Abramovic für ihre extremen Experimente am eigenen Körper bekannt ist, wo sie ihr Limit, körperlich und auch mental, testet, war es dieses Mal ganz anders. Ihre Gesundheit rächte sich und Marina lag mit einer Lungenembolie auf der Intensivstation eines New Yorker Spitals, hatte neun Bluttransfusionen und weigerte sich, die ständigen Schmerzmittel einzunehmen. Durch ihre starke Willenskraft und ihr ganzes Wissen über ihren Körper, das sie sich über die Jahre angeeignet hat, ist sie wieder auf die Beine gekommen.

 

Sie durfte sieben Monate lang nicht fliegen und musste mit dem Schiff, der Queen Mary, zur Vorbereitung der Soloausstellung in London anreisen. Unerschrockenheit, Mut, Ausdauer – nur einige Merkmale der berühmtesten Performance Künstlerin weltweit.

 

In den verschiedenen Räumen kommt man mit ihren Videoinstallationen, Kunstwerken, Fotografien und Live-Performances in Berührung. Die Besucher werden von einer zweiseitigen Videoinstallation begrüsst. Dort sieht man Abramovics Gesichtsausdrücke von ihrer Performance 2010: «The artist ist present» im New Yorker MOMA, wo sie sechs Stunden regungslos an einem Tisch sass und man ihr als Besucher in ihre dunklen Augen blicken durfte.

 

«Balkan Baroque» zeigt die Künstlerin in einem weißen Kittel, wie sie die Jugoslawien Kriege verarbeitet. In der Mitte: Ein aufgetürmter Berg sauber geschrubbter Rinderknochen.  

 

Zu den vier Live-Performances, die sie lieber ihren Schülerinnen und Schülern der MAI (Marina Abramovic Institute) überlässt, zählen unter anderem:

 

«Imponderabilia», wo sie 1977 mit ihrem Geliebten Ulay nackt einen Türeingang imitieren und man sich durch die Beiden quetschen muss, um in die Ausstellung zu gelangen.

 

Fotos: © Elisabeth Sun

 

Eine weitere Live-Performance heißt: «Self portrait» aus dem Jahre 2003, wo sie nackt auf dem Rücken liegt mit einem Skelett auf ihr drauf. Eine Reflektion über Leben und Tod. Hier sieht man das Video von ihr und auf dem Tisch darüber liegt eine lebendige Frau, ebenfalls mit einem Skelett bedeckt, die langsam atmet. Durch die makellose Haut hatte ich zuerst den Eindruck, dass es sich um eine Puppe handelt.

 

Ein weiterer Raum bietet Interaktion an: Ein Bett aus Marmor mit einem Marmorkissen zum Ausprobieren. Hinlegen, Augen schliessen und so tun, als ob man tot wäre. Gespürt habe ich leider nichts. Zwei ausgehöhlte Kristallsteine, die als Schuhe dienen und man barfuss Energie spüren soll …

 

In einer Hommage (Video von aneinander gereihten privaten Fotos) an ihren langjährigen Lebensgefährten Ulay gewährt uns die Künstlerin einen intimen Einblick in ihr gemeinsames Leben mit Ulay: Reisen unter anderem nach Australien und Indien, wie sie sich ein Salamibrot teilen, umhüllt von Goldblatt …

 

Ein beeindruckender Einblick in ein halbes Jahrhundert der provokativen Künstlerin Marina Abramovic. Bis zum Neujahr 2024 ist die größte Soloausstellung in England zu bestaunen.

 

Marina Abramovic sagte: «Kunst entsteht nicht, wenn man fröhlich ist.» Da sie aber nur knapp dem Tod entkommen ist, ist sie zu einer fröhlichen Person geworden. Mit dieser neuen Situation muss sie erst klarkommen. 

 

Und wer nicht genug bekommt: Vom 3.-11. November ist sie im Opernprojekt «7 deaths of Maria Callas» in der English National Opera zu sehen.

Und zu lesen gibt es: «Visual Biography».

 

 

Elisabeth Sun / So, 24. Sep 2023