Schreiben um leben zu können oder umgekehrt?

Bäckstage: Was verdient ein Autor pro Buch
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Pressebild / © Gaby Gerster

Text von Birgit Steinger- Sörensen

 

Mit dem Schreiben den Lebensunterhalt bestreiten zu können, das ist der Wunsch vieler begabter und kreativer Schreiber. Doch die Wirklichkeit sieht meist anders aus. Wer denkt, mit seinem Roman einen durchschlagenden Erfolg zu erzielen, der wird rasch auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Die Schweizer Autoren Peter Stamm und Lukas Hartmann haben ihren Platz gefunden in der Literaturszene und haben uns Rede und Antwort gestanden bei der Frage, wie viel wirklich mit dem Bücherschreiben zu verdienen ist.

 

Durchhaltevermögen, Fantasie und Können, das sind die Eigenschaften, die ein Autor besitzen muss, um einen Roman zu Papier zu bringen. Genau so wichtig sind aber auch Hartnäckigkeit und viel Geduld, denn ein fertiges Werk an den Verlag zu bringen ist sehr schwierig. 

Der Schweizer Schriftsteller Lukas Hartmann benötigte dafür über 10 Jahre: „Meine ersten beiden Romane habe ich jahrelang herumgeschickt. Sie wurden gar nie gedruckt.“ Sein Kollege Peter Stamm sieht das rückblickend nicht nur negativ: „Ich habe erst ein paar sehr schlechte Romane geschrieben, die glücklicherweise kein Verlag drucken wollte. Mit „Agnes“ habe ich dann relativ bald einen Verlag gefunden, allerdings mit Hilfe einer Agentur.“

 

In der Realität sieht es so aus, dass die wenigsten Schweizer Autoren vom Verkauf ihrer Bücher leben können. Peter Stamm: „Für fast alle sind neben den Tantiemen die Lesungshonorare, allfällige Werkbeiträge und Preise ein wichtiger Teil des Einkommens.“ Denn die Autoren bekommen pro Buch, welches über die Ladentheke geht, um die 10% vom Verkaufspreis. Beim Zytglogge Verlag zum Beispiel steigt es ab 6000 verkaufte Exemplare auf 12,5 %. Andere Verlage erhöhen den Schritt erst bei 20`000 verkauften Büchern auf bis zu 15 %. Den grössten Erlös erzielt man mit Hardcovern, den kleinsten mit Taschenbüchern und Übersetzungen.

 

Der Autor Peter Stamm (Foto von Gaby Gerster)

 

Für unsere kleine Schweiz sind diese Verkaufszahlen relativ hoch. Dass ein Schweizer Schriftsteller den Weg mit seinem Werk in den ausländischen Buchhandel findet, ist eher gering. Lukas Hartmann: „Am schwierigsten ist es für den englischsprachigen Raum. Das ist übersetzungsmässig eine Einbahnstrasse. Das Interesse an Schweizer Literatur mit schweizerischen Themen ist gering. International gesehen gilt die Schweiz - zu Unrecht, finde ich - als langweilig. Meine Kinderbücher mit phantastischen Elementen sind häufiger übersetzt worden als die Romane für Erwachsene mit historisch-schweizerischem Hintergrund.“ Peter Stamm sieht es etwas anders: „Ich denke, das ist eine Frage der Qualität. Und natürlich braucht man Verbindungen, eine Agentur oder einen grossen Verlag mit einer eigenen Abteilung für Auslandsrechte. Für kleine Verlage ist es wohl schwierig.“

 

Entmutigen lassen sollte man sich durch diese Fakten jedoch nicht. Es wird nach wie vor gerne gelesen. Bei uns erscheinen jährlich, seit einigen Jahren unverändert, über 10`000 neue Bücher. Eines der ältesten Medien ist also noch lange nicht am Ende. 

 

Lukas Hartmann, der übrigens der Ehemann unserer Bundesrätin Simonetta Sommaruga ist, hat 14 Bücher für Erwachsene und neun für Kinder geschrieben. Jährlich gibt er siebzig bis achtzig Lesungen. Peter Stamm hat einen etwas anderen Weg eingeschlagen; er schrieb bereits mehr als ein Dutzend Hörspiele und Theaterstücke, veröffentlichte Erzählsammlungen und fünf Romane. Stamm verfasst jedoch auch Reportagen und hat früher regelmässig für den „Nebelspalter“ geschrieben.

 

Es ist es also möglich, seinen Lebensunterhalt schreibend zu bestreiten. Doch ein langer Atem ist dabei von Nutzen. Auch muss es, wenigstens am Anfang, eher als ein Hobby gesehen werden. Denn Ideen überfallen einen nicht über Nacht, gut lesbare Geschichten müssen durchdacht und nachvollziehbar sein. Das Lesen eines Buches entführt in Welten fernab des Alltags und soll somit den Leser unterhalten. Wem das gelingt, der wird, früher oder später, vielleicht seine Nische, beim zu ihm und seinem Werk passenden Verlag, finden.

 

Die moderne elektronische Welt bedeutet nämlich nicht das Aus für den Buchhandel, vielmehr ist es eine Erweiterung. Auf den heute angebotenen „Readern“ kann man immer mehr spannende und lesenswerte Werke lesen und das ohne dass man die Bücher mit sich trägt. Außerdem ist es viel einfacher, per Knopfdruck eine ganze Welt der Buchstaben zu kaufen als extra in den Handel zu gehen. Nicht zu vergessen sind außerdem Hörbücher, die sich immer größerer Beliebtheit erfreuen. Für den Autor in Spe bedeutet dies also eine größere Bandbreite, seine Kreativität an den Mann zu bringen.

Patrick Holenstein / Mo, 20. Feb 2012