Panda Lux tanzen durch’s Schloss von Versailles

CD-Kritik: Panda Lux - «Versailles»
Bildquelle: 
Plattencover

Zehn Jahre haben Panda Lux ihr Album im Brutkasten brüten lassen, zehn Jahre. Ziemlich lang. Vielleicht hat sich die Band aber auch einfach Zeit gelassen oder Perfektionismus hat eine Rolle gespielt, eventuell war aber einfach der «richtige Moment» nie da. Doch plötzlich war da ein Instagram-Post, auf dem die Band mit dem frisch gepressten «Versailles» in Reih und Glied posiert hat. Jetzt ist das knallblaue Album also da und es heisst nun Farbe bekennen. Was haben Panda Lux im letzten Jahrzehnt erarbeitet und wieso lohnt es sich, die Rollschuhe zu montieren und auf musikalische Weltreise zu gehen?

 

Im Smog von Hong Kong 

 

Wo sich die vier Jungs befinden, als die ersten Klänge des Openers erklingen, fragt man sich, denn auch sie fragen sich in den ersten Sekunden «Wo zum Teufel bin ich hier?». Bei gut einer Minute zwanzig dann die Auflösung: wir sind im Smog von Hong Kong. Klingt nach einem dreckigen Durcheinander. Das Durcheinander kommt im Text ganz schön zur Geltung, denn es tauchen Ausdrücke wie «Gedächtnisschwund», «habe gestern einen drauf gemacht», «verwirrt oben ohne aufgewacht» auf und erinnern sofort an die «Hangover»-Trilogie. Die Melodie während den jeweiligen Strophen macht es möglich, sich  auf den Text zu konzentrieren: sich wiederholende Tonabfolgen nach dem Motto «weniger ist mehr». Dafür geben die Ostschweizer bei Minute 2:24 umso mehr Gas. Gekonnt ist dort ein Umbruch eingebaut: der Text ist jetzt zweitrangig, dafür gewinnt die intensive instrumentale Begleitung – hauptsächlich durchs Schlagzeug – an Bedeutung, die einen rebellischen und rauen Touch mit sich bringt. Dann erneut ein Umbruch und die vertrauten Beats vom Anfang setzen wieder ein.

 

Wieder mehr Licht in den Smog bringt das Stück «Glanz». Es handelt von – sorry – echt «geilen» Vorstellungen im Leben: für einmal auf Standby zu sein, durchs Schloss von Versailles zu tanzen, jemand, der einem die Füsse mit Sonnenöl eincremt, Eis am Stiel, weg von der Arbeit zu sein und das Beste: anstelle Drecksluft Karamellduft. Einmal für uns alle, bitte. Nicht nur der Text bleibt hängen; der Sound schleicht sich in die Beine, Hüfte, Arme und lädt zum Tanzen ein. 

 

Panda Lux - «Oben»

 

 

Ein bisschen nachdenklich stimmen einen Panda Lux bei den  Songs «Jung 1» und «Jung 2». Zum einen, weil ich mich Frage, warum man ein Lied so benennt und zum anderen, weil «Jung 1» echt zum Nachdenken anregt und zwar nicht nur über dessen Titel. Wer hat sich noch nie gewünscht, sich «auf und davon» machen zu können, auszureissen, neu anzufangen und sich aus den Träumen ein eigenes Land bauen zu können? Die vier Mitglieder von Panda Lux machen es einem nicht gerade einfach, dazu die passenden Worte zu finden. Es könnte gut sein, dass man ein kleines bisschen sentimental wird, wenn man sich die gut vier Minuten bis zum Ende angehört hat. 

 

«Jung 2» beginnt dann mit den Klängen, mit denen «Jung 1» soeben aufgehört hat. Das Stück dauert doppelt so lange als das vorherige und verfügt über deutlich mehr Instrumenten-Solos. Die total angenehme Stimme von Sänger Silvan Kuntz kommt uns hier nämlich nur während gut einer Minute zu Ohren. Es scheint, als ob die Jungs gerne experimentieren. Dies stellt man ebenfalls fest, wenn man sich «Rollschuhe» anhört und den Videoclip dazu einschaltet. Entgegen aller Erwartungen hat der Clip eine unheimliche Handlung, wo hingegen der Text von etwas ganz anderem erzählt. Die vier Luxe nehmen nämlich mit auf eine kleine Rollschuh-Reise. Sie singen von Samba, Caipirinha am Strand, der Copacabana und Sonnenbaden bei tausend Grad. Es klingt nach Urlaub, Grenzenlosigkeit, die Welt entdecken, jung sein, frei sein, das Leben geniessen. 

 

Von sich selbst wegfliegen 

 

Von den elf Songs, die «Versailles» komplett machen, hebt sich der älteste von allen ab. Die musikalische Begleitung ist nicht ganz so schlagzeug-gewichtet wie die meisten anderen Titeln auf dem Album. Die Melodie ist eher ruhig, man kann also mal aufdrehen, ohne, dass man beim Refrain zusammen zuckt, weil’s plötzlich laut wird. Die Rede ist von «Oben». «In «Oben» geht es darum, dass man von sich selbst wegfliegt und trotzdem auf der Seite bleibt, du dir aber sagst: du schaffst das, du schaffst das», so Silvan und Samuel. Ich persönlich kann mir gut vorstellen, dass der Song für einige Zuhörer ein Mutmacher ist. Man muss lächeln, fühlt sich nicht alleine und mit simplen Textpassagen wie zum Beispiel «Es gibt mehr Wünsche als Wolken am Horizont» oder «Mal die Ruinen an» bewegt sich der Launenparameter ein Stückchen weiter nach «oben». 

 

Etwas anderes, was nach gut 55 Minuten «Versailles» nach oben geht, ist mein rechter Daumen. Und der linke ebenfalls.

 

«Versailles» ist ganz klar ein abwechslungsreiches Album. Es ist für jeden Geschmack etwas dabei; für Jung und Alt, für Träumer und Realisten, und vor allem für Musikliebhaber. Die Jungs vom Bodensee regen mit ihrer Musik zum Nachdenken an und überzeugen mit ihrer Ehrlichkeit in den Texten.

 

  • Band: Panda Lux
  • Album: Versailles
  • Im Handel: ab sofort
  • Infos zur Band: Website von Panda Lux

 

 

Rahel Inauen / Mo, 13. Feb 2017