The Gardener & The Tree: düster und von reizbarer Schönheit

The Gardener And The Tree - Intervention
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Coverbild, zVg

Ein Geheimtipp sind die fünf Jungs der Schaffhauser Band The Gardener And The Tree je länger je weniger. Live-Auftritte gab es in den letzten zwei Jahren pandemiebedingt zwar kaum, allerdings hatten die Ostschweizer viel Zeit, um neue Musik zu machen, daran zu feilen und nun ihr neues Album «Intervention» zu veröffentlichen.

 

Eine Düsterkeit macht sich erstmals auf dem Albumcover mittels dunkeln Erdfarbtönen bemerkbar. Ein bisschen abstrakt, ein bisschen kindlich aber wiederum naturnah; ein Vogel und eine Blume sind darin zu erkennen, ausserdem steht ein Fernrohr im Gras – ein Fernrohr, das uns auf eine Reise durch das Album zu einem unbestimmten Ziel blicken lässt.

 

Um sich auf einen einmaligen Roadtrip durch das Album mitnehmen zu lassen, dürfte es nicht allzu viel Kreativität benötigen. Augen zu, Musik an und schon düst man im Optimalfall mit offenem Fenster über verlassene Strassen in die endlose Weite. Der Wind weht einem durch die Haare und ein Arm hängt zum Fenster raus, während man sich von den Songs berieseln, berühren und mitreissen lässt.

 

The Gardener & The Tree am Wasser, was passend zum Roadtrip für Bewegung steht. (Foto: ©JenRies)

 

Wie das Albumcover präsentiert sich der erste Song «All Hell Broke Loose» als düsterer Anfang der Tracklist. Im Leben passiert nicht nur Gutes. Manchmal gibt es harte Schicksalsschläge, die unser Leben auf den Kopf stellen, obwohl Tage zuvor noch alles rosig ausgesehen hat. Von solch einer Kehrtwende erzählt das Stück und die Message darin ist mindestens so kräftig wie Manuel Felders Stimme. In die Lyrics lässt sich viel interpretieren, obwohl die Zeile «There’ll be a rip in my heart when you’re gone» deutlicher nicht sein könnte. Bei der musikalischen Begleitung der Stimme drängt vor allem das Schlagzeug in den Vordergrund und baut in der Melodie eine gewisse Spannung auf, einen Höhepunkt, klingt dann jedoch plötzlich ab und das Lied wird mit einem soften Ausklang beendet.

 

Nach diesem schweren, von Verzweiflung geprägtem Song, führt uns die Strasse der Sonne entgegen. Wir lassen unser Herz mit dem nächsten Stück «Red Sun» aufwärmen. Ein typischer TGATT-Indie-Folk Song, der zum Mitsingen einlädt und der den Stil der Jungs deutlich unterstreicht.

 

Feuer und Wasser, Trauer und Einsamkeit

 

Wer ein reger Nutzer von Spotify und anderen Streamingplattformen ist oder sich mittels Social Media-Kanälen von TGATT auf dem Laufenden hält, dem dürften eine knappe Hand voll Titel auf dem Album nicht unbekannt sein. Vier von den elf Stücken wurden nämlich bereits veröffentlicht. Ausserdem stellt man fest, dass in den Songtexten immer wieder Naturelemente auftauchen. So ist die fünfköpfige Band auf der Suche nach einem Feuer in «Forest Fire» oder erzählt in «Out To Sea» eine Geschichte, die sich am bzw. auf dem Wasser abspielt. So nahe sich Feuer und Wasser manchmal sein können, so unterschiedlich sind die im Song verarbeiteten Themen. «Forest Fire» dürfte beim Einen oder Anderen ein innerliches Feuer entfachen, während «Out To Sea» vor allem die Gefühle von Trauer und Einsamkeit hervorruft. Die Kombination aus starkem Gesang, tiefen Klängen, rhythmischen Melodien und Gelegenheiten zum Mitsingen, verleihen beiden Liedern eine eigene Harmonie.

 

The Gardener & The Tree - «Forest Fire»

 

Weiter lassen sich vermehrt dramatische Klänge oder sogar Melodien hören und es macht The Gardener And The Tree zu dem, was sie auszeichnet: authentische Songwriter und Musiker, die Mut haben, sich weiterzuentwickeln und gleichzeitig ihrem Stil absolut treu bleiben.

 

Gelegenheit, um bei sich selbst einzukehren

 

Wie viele Stundenkilometer der Tacho inzwischen anzeigt, spielt bei unserer Weiterreise durch «Intervention» keine Rolle. Es ist jedoch Zeit, das Tempo zu verlangsamen, nicht nur «irgendwo» anzukommen, sondern viel wichtiger: bei sich anzukommen. Der CD-Player spielt nun die letzten Klänge vom Schlusslichttrack «Overtime» und die Gardeners beweisen, dass sie auch die sanften Stücke beherrschen. Die letzten Zeilen «you never let me down for a minute, you never said a word at the limit, but sometimes you should» bilden einen geheimnisvoll dramatischen und zugleich krönenden Abschluss von knapp 50 Minuten Roadtripmusik.

 

Zeit, sich wieder der Realität zu widmen, die Fenster hochzukurbeln und sich auf die angekündigten Liveshows zu freuen.

 

Die Tracklist von Intervention ist vielversprechend, vor allem mit Hinblick auf die bevorstehenden Liveshows. Oft möchte man bei Liedern von TGATT den Rucksack packen und in die Welt aufbrechen. Mit Intervention haben die Jungs bewiesen, dass ihre Musik auch zu einem selber führen kann.

 

The Gardener & The Tree haben uns zusätzlich ein Interview gegeben, das demnächst publiziert wird. 

 

Rahel Inauen / Fr, 12. Nov 2021