Der feinfühlige Pop von Brainchild

CD-Kritik: Brainchild - Heartbreak Horizon
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Pressebild/Albumcover

Wenn sich das euphorisch singende Klavier am Ende von «Proud» langsam beruhigt und mit sanften Klängen den Longplayer «Heartbreak Horizon» geschmeidig ausklingen lässt, liegt die Gewissheit in der Luft, gerade ein überaus gelungenes Debüt gehört zu haben. So simpel dieser Eindruck entstehen kann, so schwierig ist es, diesen zu begründen.

 

Bereits nach wenigen Songs ist jedoch klar, dass sich die Basler Band Brainchild in kein Korsett zwängen, sich selbst keine künstlichen Genregrenzen stecken will, sondern viel lieber zelebrieren möchte, was ihr musikalischer Horizont so hergibt. Und der ist gross. Antonin Queloz (Vocals, Guitar, Piano), J.J. Love (Drums), David Blum (Bass, Backing Vocals) und Daniel Messina (Guitar, Backing Vocals) verstehen ihr Handwerk und harmonieren. Darüber hinaus – und das ist vielleicht nicht unwichtig – pressen sie ihre Ideen nicht wie Zitronen aus, bis sie nur noch fade Kopien sind, bauen nicht aus einem kreativen Input fünf kaum zu unterscheidende Songs, sondern wiederholen sich praktisch nicht. Abwechslung scheint das schlüssige Credo. Brainchild kreieren mühelos eine Stimmung, die einen in eine imaginäre Hängematte bittet, um zu entspannen. Jeder Saitenschlag, jeder Akkord, jeder Tastendruck, jeder Gesangspart strickt daran weiter. Das mag etwas kitschig klingen, ist aber als Zeichen für die hohe Qualität der Songs gedacht.

 

Brainchild - «Heart Of Mine» (Live Session)

 

«Heart Of Mine» flirtet schüchtern mit dem eingängigen Pop von Kodaline, wenn gleich instrumental deutlich mehr Spielfreude zu hören ist. Tipp: auf das clever Akzente setzende Schlagzeug achten. «Just A Man» wird im Bossanova-Gewand mit gefühlvollen Gitarren schnell zum Anwärter für den besten Song auf der Platte. Aber die Konkurrenz ist doch beachtlich. «Shadow Of A Dancer» plätschert gewollt entspannt vor sich hin, während «Free» ein Beispiel für die gesangliche Breite ist, die Antonin Queloz auszupacken versteht. «Joanna» spielt mit repetitiven Elementen wie sie die frühen Coldplay gerne nutzten, mischt aber einen Hauch Folk bzw. etwas Songwriter-Flair dazu. «Proud» zeigt Songwriter-Qualitäten und stellt sich mit dem lässigen Klavier direkt in den Fokus.

 

Songs, die für sich sprechen

 

Antonin Queloz, Sänger von Brainchild, fasst die zehn Songs auf «Heartbreak Horizon» kurz und knapp mit «Emotional» zusammen. Damit liegt er wohl goldrichtig. Die zehn Songs auf dem Debüt bräuchten keine Worte, sie sprechen für sich, sie leben, verführen durch smarte Melodien, geschickte Arrangement und eine unverkennbare Stimme. Nach jedem Song glaubt man erkannt zu haben, wo der Kern von Brainchilds Klangsprache liegt und bei jedem neuen Songs ziehen sich wieder ungeahnte Soundfäden für die imaginäre Hängematte, die Brainchild einem auslegen, um entspannt in ihren Kosmos einzutauchen.

 

Am Schluss glaubt man dann doch die Formel für Brainchild gefunden zu haben. Die vier fest in der Basler Musikszene etablierten Musiker gehen in jedem Song zwar von klassischem (Indie-)Pop aus, nutzen dann aber ihr Können, um die Genregrenzen regelrecht aufzubrechen und mit den Erwartungen zu spielen. Das funktioniert hervorragend und hinterlässt den einen oder anderen Ohrwurm. Müsste man unbedingt einen Kritikpunkt festhalten, könnte es vielleicht sein, dass der charismatische Gesang mit der beachtlichen Range nicht allen gefallen könnte. Bei Stimmfarben, die so markant sind und dadurch auffallen, finden sich nunmal schnell auch Menschen, die ihren Geschmack nicht getroffen sehen. Aber im Umkehrschluss ist letzlich genau diese nicht alltägliche Stimme ein grosses Plus für Brainchild.

 

Das Debüt von Brainchild ist eine Wundertüte. Nicht, weil gnadenlos experimentiert wird, sondern weil die Basler Band mit viel Geschick ihr Verständnis von (Indie-)Pop findet.

 

 

Bäckstage Redaktion / Do, 04. Feb 2021