Das Debüt von Pale Male: Wunderbare Fusion von Pop und Folk

CD-Kritik: Pale Male - Season Finale
Bildquelle: 
Plattencover

Schon mit dem zweiten Song «Ghost Villages» erreicht «Season Finale», das Debüt von Pale Male aus Genf, seinen Höhepunkt. Es ist vielleicht der stärkste Song der Platte. Mit Bläsern als Unterstützung für die butterweiche und warme Stimme. Dazu kommen ein stylisch kurzes Gitarrenintro und ein sowohl knackig wie auch schlau aufgebauter Rhythmus, der dem Song als Fundament dient. Das Geheimnis des Songs ist aber seine Komplexität, das sauber abgestimmt Zusammenspiel alles Ingredienzien und die immer wieder überraschenden Intermezzos, selbst wenn es nur mal zwei, drei gezielte Paukenschläge sind oder ein Ausbrechen der Stimme in hohe Bereiche. Man hat den Eindruck, dass Pale Male sehr penibel an seinen Songs arbeitet, nichts zufällig passiert und trotzdem klingt keine Sekunde gewollt oder – noch schlimmer – verkopft. Dieser Balanceakt ist nicht so einfach. Pale Male hält das Gleichgewicht mühelos.

 

Dass «Ghost Villages» so heraussticht, schmälert aber den Gesamteindruck der Platte nicht weiter. Spannend ist die breite Palette an Emotionen, die Fantin Moreno alias Pale Male auf der Platte zeigt. «Hunting Season» pendelt zwischen hauchzarten Momenten und kräftigen Explosionen, um sich zur Mitte hin in einen Rausch der Musik zu ergeben und kurz danach scheinbar gereinigt den Song ausklingen zu lassen. Mitreissend und ziemlich clever, wie es dem Songwriter gelingt, einen mit den Arrangements abzuholen und wie viel Wert er auf instrumentale Parts legt. «Copy/Paste» hat das Zeug zum sommerlichen Folk-Radiohit - inklusive Gitarrensolo und Melodie, die schnell im Ohr bleibt. Bei «Elevator» verliert sich Pale Male völlig in der Musik und schwelgt genüsslich, um dann wie aus dem Nichts einen Schlusspunkt zu setzen. So spielt Pale Male herrlich mit den Erwartungen und schafft es, nie vorhersehbar zu sein.

 

Pale Male - «Ghost Villages»



Die Texte sind teils in Englisch und Französisch gesungen. Bei einem Musiker aus Genf ist das nachvollziehbar, nicht zuletzt, wegen der Nähe zu Frankreich. Interessanter ist aber sowieso, dass der junge Songwriter fast alle Instrumente selbst eingespielt. So hat er mehr Freiheit bei der Arbeit, muss auf niemanden Rücksicht nehmen, kann schreiben, tüfteln und aufnehmen, wann immer es ihm passt. Final aufgenommen und gemischt hat er die elf Songs zusammen mit Yvan Bing im Kitchen Studio Genf, gemastert hat sie John Davis im Metropolis Studio London. Moreno beweist beachtlich viel Fingerspitzengefühl im Aufbau seiner Songs.

 

Emotional und vielseitig

 

Man könnte es sich einfach machen und Pale Male in die Folk/Americana-Kiste packen, teilweise lässt sich das sogar nicht von der Hand weisen. Man würde aber dem Künstler nicht ganz gerecht, wildert Pale Male doch viel breiter, denkt grösser und arrangiert, wie es ihm sein Herz sagt. Stellenweise erinnert er durchaus an den Alternative Folk/Country von Namen wie Wilco. Er fühlt sich aber bei Pop und Elektroklängen sehr wohl. Fabin Moreno öffnet auf seinem Debüt als Pale Male sein Herz, zeigt brutal viel Emotionen, pendelt schnell mal zwischen Freude und Wut, Sehnsucht und Schmerz, Angst und Hoffnung. Dieser offene Ansatz wirkt im Zusammenspielt mit Selfmade-Attitüde äusserst authentisch.

 

Zum Schluss funktioniert «Terminus» mit seinen poppigen Klavierparts und dem markanten, bewusst reduzierten Schlagzeug und französischen Sprachparts, von einer Frau gesungen, als Rausschmeisser nach einer emotionalen, vielseitigen und bemerkenswerten Platte auf ideale Weise beruhigend und versöhnlich.

 

Pale Male gelingt mit dem Debüt «Season Finale» ein beachtenswertes Album zwischen gradlinigem Pop und dichtem Folk. Sein Trumpf: Die charismatische Stimme und das Gefühl für emotionale Songs.

 

  • Künstler: Pale Male
  • Album: Season Finale
  • Genre: Folk, Pop, Americana, Elektro
  • Im Handel ab 1. Oktober 2021
  • Infos zu Pale Male

 

Bäckstage Redaktion / Mo, 04. Okt 2021