Rita Roof: «Es war tricky, an die richtigen Leute zu kommen»

Interview mit Rita Roof
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Pressebild Universal Music, zVg

Rita Roof war lange eine der wichtigen Stimmen im Background auf Schweizer Bühnen. Ob bei Dodo, Phenomden oder anderen Schweizer Acts, sie hat als Profisängerin für gesangliche Tiefe im richtigen Moment gesorgt. Jetzt kann sie ihr eigenes Album in den Händen halten. «Stimm i mir» heisst es und ist seit kurzer Zeit im Handel erhältlich. Wir haben mit Rita über ihr Album, den Backgroundgesang, ihren Bezug zu Wasser oder den Anspruch an die Texte gesprochen. 

 

Wie fühlst du dich, jetzt wo das Soloalbum fertig ist?

Ich freue mich mega und bin sehr relaxed. Besonders freut mich, dass das Album endlich bei den Leuten ist.

 

Wieso ist für dich jetzt der richtige Zeitpunkt, als Künstlerin in den Vordergrund zu treten?

 

Das Album ist seit circa zwei Jahren fertig und wir hätten es gerne früher veröffentlicht, aber die Möglichkeit hat sich nicht ergeben.

 

Hat dabei Corona eine Rolle gespielt?

Es war eher tricky, an die richtigen Leute zu kommen. Eine Challenge war es, ein Team zu finden, das voll an das Album glaubt und sagt: «Das machet mer» und «Let’s go.

 

Vermutlich ist für dich als Künstlerin sehr wichtig, dass das Team voll hinter dir steht.

 

Ja, das ist mega sehr wichtig. Es ist wie wenn ich eine Firma hätte und Leute einstellen würde. Ich muss das Gefühl haben, mit allen im Team zu connecten. Natürlich sollte das Gefühl gegenseitig sein. Es sind schlussendlich sehr viele Leute involviert. Neben den Personen, die in den musikalischen Prozess involviert sind, sind einige Leute im Hintergrund aktiv. Vom Management über die Promo bis zur Plattenfirma. Am Ende ist es ein grosser Kuchen.

 

War es für dich eine Hilfe, dass du schon länger im Geschäft bist und man deinen Namen in der Musikszene kennt?

 

Absolut. Dadurch, dass ich viele involvierte Personen bereits kannte, mussten wir nicht bei null starten. Wir wussten schon, welche Punkte spannend sind und wo Schwierigkeiten auftauchen könnten.

 

 

Ich habe lange gesungen, ohne dass die Stimme geschult war. Aber durch das Unterrichten war das plötzlich ein Thema.

 

 

Und man weiss, was du als Sängerin kannst. Man hört schon, dass deine Stimme geschult ist.

 

Ich habe lange gesungen, ohne dass die Stimme geschult war. Aber durch das Unterrichten war das plötzlich ein Thema. Als mich Leute fragten, ob ich ihnen das Singen beibringen könnte, habe ich gemerkt, dass ich mich nie wirklich mit Gesangstechnik auseinandergesetzt habe und dass es nun an der Zeit ist, dass zu tun.

 

Mir ist aufgefallen, dass du sehr persönlich bist auf dem Album. War es dir wichtig, diese persönliche Ebene einzubringen?

 

Ja, das war mir wichtig. Ich habe schon viel erlebt und möchte diese Geschichten erzählen. Es sind auch Lyrics zu Themen dabei, die noch nie besungen worden sind. Zumindest nicht bei uns. Das ist der eine Aspekt. Dazu kommt, dass es für mich als Sängerin spannender ist und einfacher sein kann, wenn ich einen Bezug zum Text habe und ich weiss, dass es eine echte Geschichte ist. So kann ich meine ganzen Emotionen und meine Seele reingeben. Also habe ich diese Entscheidung bewusst getroffen, auch wenn sie nicht ganz einfach war.

 

Du scheinst ein Mensch mit Humor zu sein. Ich meine damit Songs wie «Telefon», der witzig ist.

 

Absolut. Ich habe eine silly side, als grossen Teil von mir. Ich würde in Zukunft gerne noch mehr Songs machen, die leicht und fröhlich sind. Aber ich wollte mit diesem Album wirklich diese Stories erzählen.

 

Rita Roof - «Telefon (alternate Video)»

 

 

 

Weiter ist mir aufgefallen, dass in vielen Texten Wasser eine Rolle spielt. Hast du einen besonderen Bezug zum Wasser?

 

Sehr stark sogar. Als wir in die Schweiz gekommen sind, wohnten wir direkt gegenüber vom See. Ich musste nur durch eine Unterführung laufen und schon war ich am Wasser. Megaschön. Dort wäre ich für immer geblieben, wenn es bezahlbar gewesen wäre. Später habe ich eigentlich immer in der Nähe der Limmat gewohnt. Schon seit längerer Zeit lebe ich so, dass ich dreimal «umgheie chönnt» und schon wäre ich am Fluss. Ich gehe hin, um zu schreiben, ich spaziere am Fluss, kann aber auch einfach nur hängen. Ich sage immer, es ist mein Garten.

 

Ebenfalls ist mir «Ich und mini Girls» aufgefallen. Du hebst den Backgroundgesang auf ein Podest, was ja häufig vergessen wird. Das finde ich schön.

 

Ich habe so lange im Background gesungen und in diesem Kreis bewegen sich so viele unglaublich talentierte Sängerinnen und Sänger. Ich wertschätze das sehr und weiss auch, was es braucht und was es bedeutet. Ob die Leute das wissen, kann ich nicht abschätzen, aber für mich sind sie ein Teil der Band. Wie eine Horn Section: sie müssen on point sein, sie müssen im richtigen Moment den perfekten Einsatz bringen, aber dann auch wieder weg sein. Ich habe so gerne im Background gesungen. Es ist kein Wunder, bin ich so lange hängen geblieben. (lacht)

 

Im Text singst du «… mir sind d’I-Threes vo de Schwiiz …» und ich habe beim besten Willen nicht verstanden, was du dort singst.

 

Das sind die I-Threes. Das sind die ursprünglichen Backgroundsängerinnen von Bob Marley, die drei legendären Girls an der Seite Marleys. Sie sind in der Reggae-Welt sehr bekannt, oder zumindest unter den Musikern. Wir haben darüber diskutiert, ob wir es diese Referenz drin lassen sollen oder nicht, weil viele eben nicht wissen, wer die I-Thress sind. Letzen Endes hat sich die Line aber durchgesetzt.

 

Ich finde auch mal gut, wenn nicht alles klar ist.

 

Gell, das finde ich schön.

 

 

Lange habe ich aus Spass gesungen und daneben noch im Büro gearbeitet. Aber Anfragen für Studio- oder Live-Sachen sind laufend bei mir angekommen und irgendwann war ich mittendrin.

 

 

Du hast vorhin von deiner Kindheit gesprochen. Du bist in Guatemala geboren, hast in den USA gelebt und in der Schweiz. Also in verschiedenen Kulturen. Hat das auf dich als Sängerin einen Einfluss gehabt?

 

Auf mich als Person hat es sicher einen grossen Einfluss gehabt. Ich war lange irgendwie heimatlos oder habe mich so gefühlt, wusste nicht so richtig, wo ich hingehört. Schwierig war oft, dass ich mich in alle drei Ländern als die Ausländerin fühlte. Wir Menschen benötigen aber das Gefühl, irgendwo dazu zu gehört. Dieses Gefühl hat mir die Musik gegeben. Irgendwann wusste ich «Da ghör ich ane». Insbesondere im Reggae-Bereich. Das hat mir den Halt gegeben.

 

Wann hast du erkannt, dass du voll auf die Musik setzen möchtest?

 

Es war nie eine extrem bewusste Entscheidung. Ich bin da eher hineingewachsen. Lange habe ich aus Spass gesungen und daneben noch im Büro gearbeitet. Aber Anfragen für Studio- oder Live-Sachen sind laufend bei mir angekommen und irgendwann war ich mittendrin. Da waren einige sehr erfolgreiche Sachen dabei, bei denen ich mitwirken durfte. Ich war selbst sehr überrascht davon. (lacht)

 

Als du das Album gemacht hast, musstest du wahrscheinlich irgendwann die Leute für den Background bestimmen. Warst du da strenger, weil du die Anforderungen gut kennst?

 

Ja. Ich wollte gerne alle Songs mit den beiden Frauen machen, mit denen ich bei Phenomden gesungen habe. Das sind Milena Buzzo und Brandy Butler. Mich hätte das sehr gefreut, weil ich mit diesen beiden Frauen so viele schöne Erlebnisse hatte und ich fand, dass es megaschön wäre, für die Platte mir ihnen zu arbeiten. Und natürlich mit Carla Fellinger, mit der ich lange bei Dodo gesungen habe und die inzwischen eine sehr gute Freundin und eine der besten Sängerinnen in der Schweiz ist. Sie habe ich alle angefragt und alle hatten Zeit – zu meiner Freude.

 

Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast. 

 

 

Bäckstage Redaktion / Di, 11. Mai 2021