Yello begeistern auf vielen Niveaus

Konzertkritik: Yello live im Hallenstadion
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Fast 40 Jahre musste man warten, um eine offizielle Live-Show der Schweizer Elektro Pioniere zu bestaunen können. Laut Gründungsmitglied Boris Blank lag das vor allem daran, dass er es nicht mit sich hätte vereinbaren können, die Musik nur per Knopfdruck zu aktivieren. Gestern Abend kam der lebende Beweis, dass das Warten sich definitiv gelohnt hatte.

 

Kurz nach acht gehen im gut besuchten Hallenstadion die Lichter aus und ein einsamer Musiker betritt im Scheinwerferlicht die Mitte der Bühne. Ein zweiter kommt hinzu, man «duelliert» sich gegenseitig zu sanften elektronischen Klängen von Boris Blank, der seinen Synthesizer-Thron unter lautem Applaus der Zuhörerschaft erobert. 

 

Weitere Instrumentalisten werden sichtbar auf der schlicht drapierten Bühne, welche durch einen grossen Videoscreen hinter der Band umrahmt wird. Schliesslich kündigt Blanks Stimme auf Schweizerdeutsch Dieter Meier an: «Danke vielmal. Mini Dame und Herre: Dieter Meier». Dieser geht behutsam Richtung Mikrofonständer in die Bühnenmitte und begrüsst das Publikum zusätzlich mit ein paar Worten. Man denkt sich, wie viel Meier wohl noch reden wird, oder ob er die Musik sprechen lässt. Bereits nach erwähntem Intro wird man des Besseren belehrt: Meier lässt es sich nicht nehmen, seinem fast jugendlichen Überschwang den Vorrang zu lassen und redet frisch und munter auf das Publikum ein. Floskeln wie «grossartig, hier zu sein» oder typische Liedansagen werden fast nach jedem Song gebracht.

 

Fotos: ©Bäckstage

 

Sogleich folgt mit «Do It» der erste Höhepunkt des Abends. Gut angesetzt als Einstieg und mit markanten Perkussionselementen und Bläsersätzen wird schnell klar, dass Blank sehr darauf bedacht ist, ein vollumfängliches Sounderlebnis abzuliefern: Neben den gewohnten Lautsprechern links und rechts der Bühne hängt in der Mitte der Halle eine zusätzliche Installation, welche einzelne Sounds, Gesänge und Rhythmen von sich gibt, was einem Surrounderlebnis gleichkommt. Sehr geschickt eingesetzt und ein Wohl für die abgestandenen Konzertohren des Konzertbesuchers. Man könnte sogar diskutieren, ob der Ton jemals so klar und definiert geklungen hat im Hallenstadion wie an diesem Abend. Nur die Stimme von Dieter Meier ertönt an einzelnen Stellen fast unangenehm laut, im Gegensatz zur restlichen Musik. Zwei Perkussionisten, die erwähnte Bläsergruppe und zwei Background-Sängerinnen geben dem elektronischen Grundgerüst einen lebendigen Boden, welcher vielschichtig und kraftvoll aus den Boxen erklingt.

 

Mit dem zweiten Song «The Evening’s Young» findet Meier auch seine bekannte Stimmfarbe: ein dunkel tönendes Organ, das die Sitzreihen von oben bis unten erzittern lässt. Der Rhythmus von «Limbo» geht in die Hüfte und lädt zum Tanzen ein, wobei wenige Gäste dieser Einladung folgen. 

 

«The Race» zum Schluss 

 

Ab und an erhält Dieter Meier eine Auszeit, die Bühne wird den Gast-Sängerinnen «Malia» und später «Fifi Rong» überlassen, die den Liedern eine angenehme zusätzliche Klangfarbe einhauchen. «Bostich» wird von Meier angesagt, der eine Anekdote zum Lied erzählt. Der afro-amerikanischen Gemeinschaft habe es dazumal das Lied angetan und diesem somit zum eigentlichen Erfolg verholfen. Den Grossteil der Setlist bestreiten Yello aber mit Werken aus ihrem aktuellen Studioalbum «Toy», die älteren Hits wurden soundtechnisch modernisiert, um sie genau so kraftvoll klingen zu lassen. 

 

Weitere Höhepunkte des Abends sind «Oh Yeah» (Meier schliesst sich Blank auf seinem erhöhten kleinem Studio an) und «Si Senor The Harry Grill» (willkommene Abwechslung, da sehr punkig vorgetragen), das den letzten Track des regulären Sets markiert. 

 

Nach Bühnenabgang der Band betreten Meier und Blank wenige Minuten später dieselbe zu zweit, bewaffnet mit einem Smartphone und der App «Yellofier». Boris spricht ein paar Töne in seine selbst entwickelte Applikation, Dieter spricht die Strophe «Bostich» darüber, ein sehr eindrücklicher und sympathischer Moment, da das Ganze ziemlich uneinstudiert wirkt. «Vicious Games» und natürlich «The Race» runden den Konzertabend perfekt ab und lassen die Zuschauer in der Halle laut klatschen. 

 

Man mag nun verstehen, warum Yello 39 Jahre auf eine (Live-) Uraufführung ihrer bahnbrechenden Werke gewartet haben. Die Zeit war endlich reif, um die Songs von Boris Blank und Dieter Meier technisch einwandfrei und in einem zeitgemäßen Gewand zu präsentieren. 

 

 

David Schaufelberger / Fr, 01. Dez 2017