Westschweizer Abend im Kaufleuten

Winter Sounds '13: Aloan / Carrousel
Bildquelle: 
Pressebilder

Text von Thomas Hügli

 

An vierten Abend der Winter Sounds kommt das verwöhnte Publikum in den Genuss von zwei hochkarätigen Konzerten. «Dass das Welschland nicht nur ausgezeichneten Käse zu bieten habe, sondern auch hervorragende Musiker beherbergt», verspricht der Veranstalter vollmundig in seiner Ansage. Er sollte recht behalte! Was auf dieser Bühne im Anschluss geboten wird, ist leidenschaftliche, professionelle Musik, einzigartig im Stil und ein Konzertvergnügen vom Feinsten.

 

Carrousel

 

Es ist wirklich ein grosses Glück dass sich die Französin Sophie Burande 31 und der Schweizer Léonard Gogniat 29 damals mit Gitarre und Akkordeon unter dem Arm in Südfrankreich getroffen haben und ein Paar wurden. Ansonsten gäbe es Carrousel wohl nicht. Die beiden Protagonisten und ihre beiden Bandmitglieder Thierry Cattin (Drums) und Christian Bron (Bass) beleben die Bühne und starten mit einem frischen und jugendlichen französischen Chanson. Schon mit den ersten angeschlagenen Tönen, lassen sie keine Zweifel an ihrer Kunst, diesen Musikstil zu zelebrieren. Das Besondere an der Bühnenperformance von Carrousel ist ihre Nähe zum Publikum. Thierry bearbeitet seine Drums und Bongos quasi in der ersten Reihe der Zuschauer und zaubert mit seinem Charme und seinen Percussionskünsten jedem ein Lächeln ins Gesicht. Christian am Bass hält sich dezent zurück, ist aber in entscheidenden Momenten an vorderster Front, während Sophie und Léonard die Bühnenmitte zum Publikum hin beherrschen und wunderbare Energie versprühen. 

 

Léonard schafft es die Menge zum Mitklatschen zu bewegen. Überhaupt wird das Publikum an diesem Auftritt von Carrousel noch öfters zum Mitmusizieren aufgefordert, sei es mit Pfeifen, Singen oder Tanzen. Die Stücke von Carrousel sind, obwohl sie alle demselben Genre entsprechen, sehr abwechslungsreich. So gibt es Abfolgen von Gipsy-Stilen bis zu Türkisch angehauchten Titeln. Sehr innovativ setzen Carrousel aussergewöhnliche Instrumente ein. Beim Song «Eleonore» kommt eine Maultrommel zum Einsatz, Sophie Burande spielt sie virtuos und die Zuhörer singen lautstark. «Je me souviens», ein aufregender Song, wird begleitet vom Abrollgeräusch der Wählscheibe eines alten Telefons, dass Sophie im Rhythmus bewegt. Überhaupt liebt es die Band ein «Grand Bordel» zu veranstalten und den Saal zum Kochen zu bringen. Was sie auch locker schaffen an diesem Abend mit ihren geheimnisvollen, coolen und traditionellen Stücken. Ihr Konzert beendet die Band mit ihrem aktuellen Hit «J‘avais rendez-vous»

 

Aloan

 

Man ist geneigt festzustellen, dass es ein Glück ist nochmals eine Stunde zu warten bis das Konzert von Aloan beginnt. So bleibt genügend Zeit das Konzert von Carrousel nachklingen zu lassen und die Pause im Sitzen zu verbringen. Endlich ist es soweit, die Show beginnt, die Erwartungen sind gross. Nach ihrem letztjährigen, fulminanten Auftritt im Kaufleuten und dem Konzert das eben Carrousel vorgelegt hat, ist es nicht einfach für die Band das alles zu toppen.

 

Um es gleich vorwegzunehmen, Aloan sind absolute Spitzenklasse, eine andere Liga und sie können locker eine grosse Bühne vor tausenden von Zuschauern bespielen. Es ist als reisse einen die Band in andere Sphären und bestehe aus lauter Stars. Die Sängerin Lynn M. ist wie gemacht für den Elektrosound. Sie hat eine intensive, rauchige, aber derart klare Stimme, die Gänsehaut aufkommen und die Haare aufstellen lässt. Sie begeistert mit ihrer Bühnenpräsenz, ihrem starken Outfit, bezieht Drummer und Keyboarder gekonnt in die Show mit ein und wird immer wieder kräftig von Rapper MC Granit mit coolem Sprechgesang unterstützt. Dieser unterlässt es nicht das Publikum darauf hinzuweisen, dass er heute zum 2.Mal Vater wurde und stimmt auch gleich noch im Publikum ein «Happy Birthday» für seine Schwester an.

 

«Ihre Angst gibt ihr die Kraft, um vorwärts zu gehen» philosophiert Lynn M. und bearbeitet das Thema Angst im Song «no fear, no bravery», eine Hit-Ballade die man sich mehrmals hintereinander anhören könnte. Im Laufe des Konzertes wird klar wie viele Hits Aloan bereits vorweisen kann und wieso die Band mit ihrem 60er-Jahre Hip-Hop-Sound, Bluesrhythmen, Soulstimme und Sprechgesang so viel Erfolg hat. Streckenweise fühlt man sich versetzt in die Filmmusik von «Drive» oder hört plötzlich Janis Joplin in der Stimme von Lynn M, bei «Flying Machine» fühlt man sich dann wieder in die Zeit von «Miami Vice» zurückversetzt. Die Musiker von Aloan stehen erst am Anfang ihrer Karriere, haben aber bereits den Durchbruch geschafft. Ein Geheimtipp sind sie schon lange nicht mehr und es ist spannend, in Zukunft noch mehr von dieser aussergewöhnlichen Band, mit ihrer so individuellen Musik und der hervorragenden, sexy Sängerin zu hören.

Bäckstage Redaktion / Sa, 23. Feb 2013