Lizz Wright – ausdrucksstark und ehrlich

Konzertkritik: Lizz Wright am jazznojazz
Lizz Wright
Bildquelle: 
www.jazznojazz.ch

Die Atmosphäre im ausverkauften Konzertsaal ist entspannt. Wie sanfte Wellen folgen leise, rieselnde Töne auf kraftvolle Klänge. Der erste Song ist ein Cover und scheint trotzdem ganz und gar ein Lied von Lizz Wright zu sein. Ihre tiefe, klare und nuancenreiche Stimme, die Slide-Gitarre, der Besen auf dem Snare und der akustische Bass geben diesem ersten Stück eine besondere Note. Es ist Neil Youngs «Old Man» – wunderbar interpretiert mit der unverkennbaren Handschrift von Lizz Wright.

 

Musikalisch auf höchstem Niveau bilden die fünf Musiker auf der Bühne eine Einheit, die beeindruckt. Jeder einzelne ist Meister an seinem Instrument. Robin Macatangay an der akustischen und Martin Sewell an der E-Gitarre spielen zu «Hit the Ground» ein Duett. Sie harmonieren zusammen und doch spielt jeder sein eigenes Solo. Die feinen Klänge der Instrumente verschmelzen mit dem sanften, berührenden Gesang, der vor allem bei «I’m Confessin’ (That I Love You)» im ganzen Körper zu spüren ist.

 

Das Publikum, bunt durchmischt, ist begeistert und so scheint es angetan von der Musik, die sich nicht nur gut anhört sondern auch gut anfühlt. Lizz Wright schliesst hin und wieder ihre Augen und lächelt zufrieden, während sie ihre Stimme anreichert mit ehrlichen Worten über Liebe und Leidenschaft.

 

Lizz Wright 

Lizz Wright greift selbst zum Djembe (Bildquelle: www.jazznojazz.ch)

 

Nebst ihren eigenen Songs, die an diesem Konzertabend hauptsächlich von ihren Alben «Dreaming Wide Awake» und «The Orchard» sind, bezaubert die US-Amerikanerin mit zwei weiteren Covers.

 

Die Konzertbesucher hören ein Stück, das die Jazzsängerin erst wenige Male live vorgetragen und noch nicht aufgezeichnet hat. Wieder grossartig interpretiert, ist Lucinda Williams «Right in Time» ein Highlight. Lizz Wright schafft es mit ihrer beweglichen Stimme und Hingabe, allseits bekannte Gefühle zu beschreiben, die intensiv und für jeden sehr persönlich, kaum nur in Worte zu fassen sind. Mit diesem Song hätte sie nicht treffender ausdrücken können, wie wunderschön es ist, einem Menschen zu begegnen, der einem den Atem raubt.

 

Nicht nur mit ruhigen und sanften Tönen überzeugen die fünf Musiker in der Gessneralle. Nebst «My Heart» wird auch Gladys Knights «I’ve Got to Use My Imagination» zu einem funkigen Lizz-Wright-Song, bei dem sowohl die Gitarristen als auch der Bassist und der Drummer beeindrucken mit ihrem breit gefächerten Können.

 

Neunzig Minuten vergehen wie im Flug. Das ganze Konzert hört sich an wie ein einziges langes Musikstück, bei dem sich eine grandiose Stimme über einen Mix aus Soul, Blues, Jazz, Funk und Country legt.

 

Wer Lizz Wrights Musik mag und sie noch nie live gehört hat, sollte dies bei Gelegenheit nachholen – eine grossartige Künstlerin mit begnadeten Musikern an ihrer Seite.

Damaris Trüb / Mo, 05. Nov 2012