Finnen rockten den Keller

Konzertkritik: Reckless Love im Werk 21
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Das brechend volle Werk 21 - wobei es jetzt auch nicht so viel braucht, damit das Werk 21 voll ist - leerte sich um 22.45 plötzlich. Nicht etwa, weil Reckless Love so schlecht gespielt hätten, sondern weil die Finnen tatsächlich schon fertig sind. Kurze Zugabe, danke, tschüss. Dabei wurde am vorangegangenen Freitag gerade das vierte Album «InVader» veröffentlicht. Man sollte meinen, es gäbe genug Material. 

 

Wahrscheinlich hatten die Musiker einfach genug, oder aber zu heiss. Und das konnte an diesem Abend wahrscheinlich jeder verstehen. Im Kellerraum des Zürcher Dynamos wird es jeweils dermassen heiss, dass es niemand viel länger als nötig darin aushält. Leider ist dabei auch die Bar keine optimale Alternative, weil diese erstens im Foyer und somit nicht in Sichtweite der Bühne liegt, und zweitens die Rohre im Foyer einen penetranten Gestank absondern, der einem ebenfalls einen baldigen Ortswechsel nahelegt.

 

Frontmann oder «Scandinavian Girl»?

 

Nun kann natürlich die Band nichts für die Wahl der Location. Wobei man sagen muss, dass das Dynamo beispielsweise für Punk-, Hardcore- oder Grindcore-Konzerte, wo das Publikum sowieso umhermosht bis Schweiss und Blut fliesst, eine gute Wahl ist. Nur halt nicht für die feinen Näschen und glänzenden Mähnen der Glamrock-Fans. 

 

Trotzdem - die meisten Zuschauer hatten Spass. Zwei Stagediver stiessen fast an der Decke an, und die Musiker konnten dank der niedrigen Bühne schamlos betatscht werden, während sie eine gut durchmischte Auswahl an alten und neuen Songs darboten. «InVader» bekam mit fünf Songs die grösste Aufmerksamkeit, was einerseits verständlich, und andererseits schade ist, da das neue Werk leider sehr poppig ausgefallen ist. Live konnte der Überschuss an Weichspüler aber zum Glück etwas kaschiert werden. 

 

Besonders die Frauen dürften sich zudem über den optischen Leckerbissen gefreut haben. Sänger Olli zieht an seinen Konzerten nämlich standardmässig sein Shirt aus. Und was darunter ist, darf sich ruhig sehen lassen. Die Männer waren indes eher der Meinung, dass Olli selbst wie eines der «Scandinavian Girls» aussieht, welche er auf «InVader» und auch live besingt. Besonders mit der zum dritten Song «Monster» montierten Kapitänsmütze und den roten Leder-Handschuhen.

 

Bei der guten Stimmung geholfen hat sicher die Support-Band Santa Cruz. Die Finnen haben das Publikum schon von Beginn weg miteinbezogen, waren sehr sympathisch, und vor allem musikalisch mindestens so gut wie Reckless Love.

 

Angesichts der Hitze und der schwierigen Sichtmöglichkeit waren die Meinungen darüber, dass das Konzert eher früh fertig war, gespalten. Schlussendlich bleibt der Abend aber sicher vielen positiv in Erinnerung.

 

Reckless Love haben trotz der schwierigen logistischen Situation ordentlich Stimmung gemacht. Jedoch nicht zuletzt auch dank Santa Cruz.

Seraina Schöpfer / Do, 17. Mär 2016