Innovierende Hardcore-GoPro-Action

Movie-Kritik: Hardcore
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© Impuls Pictures AG

«Hardcore» ist ein Action-Film, der ganz aus der Perspektive der Hauptperson im Stil eines First-Person-Shooter-Games gefilmt ist. Zu Beginn der Geschichte wacht der Protagonist ohne Erinnerungen an sein bisheriges Leben in einem Labor auf. Man erfährt, dass seine Ehefrau (Haley Bennett) ihn zu einer übermenschlichen Kampfmaschine gemacht hat. Um sie zu retten und den Bösewicht Akan (Danila Kozlovsky) zu stoppen, muss Henry lernen, seinen Körper richtig einzusetzen, wobei ihm ein gewisser Jimmy (Sharlto Copley) immer wieder ein Wegweiser ist.

 

Leitfigur Jimmy

 

Man hat es hier mit einem ungewöhnlichen Film zu tun. Die schon erwähnte Machart lässt und alles sehen, was die Hauptfigur sieht. Während das schon in mehreren Filmen für kleinere Sequenzen umgesetzt wurde, ist «Hardcore» der erste Film, in dem wir konsequent nur diese mit GoPro-Kameras gefilmte und ermöglichte Perspektive sehen. Das führt dazu, dass das Filmerlebnis immersiver wird. Der Zuschauer fühlt sich – gameähnlich – mehr als Teil der Handlung. Ein weiterer Nebeneffekt ist, dass die Hauptfigur nicht der Hauptdarsteller ist. Hauptdarsteller ist hier Leitfigur Jimmy (Sharlto Copley, «District 9», «Elysium»), der eine Varietät von unterhaltsamen Figuren porträtiert.

 

Ehefrau Estelle scheint verzweifelt. (© Impuls Pictures AG)

 

Der beste Aspekt des Films ist die Action. Sie ist – wie der Titel suggeriert – Hardcore, sowohl was Gewalt angeht als auch das Tempo. Tatsächlich gibt es wenige adrenalinfreie Minuten in den eineinhalb Stunden Laufzeit. Gleichzeitig ist es auch eine Schwäche des Films, dass er sich fast ausschliesslich auf die Actionszenen konzentriert. Während er in diesen aufregenderen Szenen brilliert und fast bis zum Schluss zu überraschen vermag, ist der Rest lediglich darauf ausgerichtet, Henry von einer Actionszene zur nächsten zu führen, was immer wieder ungeschickt gemacht wird. Man muss den Hardcore-Aspekt des Films stark betonen: Mehrere Kritiker verliessen bei der Pressevisionierung den Kinosaal, der seinen Ton bereits vom vielleicht ästhetischsten Intro des bisherigen Jahres klar zeigt, in dem man rötlich eingefärbt Waffen sieht, die in Zeitlupe menschliches Gewebe zerstören. Untersetzt ist die Action mit einem grossartigen Soundtrack, der vor allem aus Rock der 70er und 80er besteht.

 

Die Welt durch die Augen der Hauptfigur

 

Leider funktionieren die emotionaleren Szenen nicht, da sie sehr einfach gehalten und fantasielos geschrieben sind: Der Film zeigt in der Geschichte fast kein Element, das man nicht schon von anderen kennt, der präsentierte Twist ist absehbar. Ausserdem zeigt die Handlung keine Entwicklung auf, zu Beginn wird die Situation erklärt, und erst in den letzten Minuten geht die Geschichte voran, indem sie sich auflöst. Es ist zwar klar, dass das nicht die Ambition des Films ist, leider führt das aber dazu, dass man nach und nach immer weniger in die Action und die Figuren investiert ist. Weil wir die Welt durch die Augen der Hauptfigur sehen, welche eigentlich unaufhörlich laufende Kameras sind, ist es schwierig, Schnitte gut zu setzen. Das gelingt den Editoren meist, wenn es aber nicht klappt, fällt es umso mehr aus dem Rahmen. 

 

Ein Muss für Action-Fans und Film-Interessierte. Es wird aber nicht empfohlen, den Film auf leeren Magen zu geniessen.

 

  • Hardcore (Russland / USA 2015)
  • Regie: Ilya Naishuller
  • Drehbuch: Ilya Naishuller, Will Stewart
  • Darsteller: Tim Roth, Haley Bennett, Sharlto Copley
  • Laufzeit: ca. 90 Minuten
  • Kinostart: 14. April 2016

 

 

Jonas Stetter / Sa, 16. Apr 2016