Dios del Toro

Movie-Kritik: Sicario 2
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© Impuls Pictures AG

Ausgerechnet im Land der unbegrenzten Möglichkeiten haben Grenzen Hochkonjunktur. Für den steigenden Andrang aus dem Süden macht die Regierung Schlepperbanden verantwortlich, die ihrer Meinung nach von Drogenkartellen finanziert werden. CIA-Agent Matt Graver (Josh Brolin) schlägt dem US-Aussenminister vor, die Kartelle durch eine Entführung gegeneinander aufzubringen, um deren Einfluss zu schwächen. Einmal mehr wendet sich Graver dafür an seinen Weggefährten Alejandro Gillick (Benicio del Toro), einen beinahe untotbaren Auftragskiller. Und wie Graver erwartet hat, geht die Idee nach allen Seiten los – besonders nach hinten. 

 

Die Unschuld vom Ödland

 

Ausser Emily Blunt, dem eigentlichen Bösewicht des Originals, sind fast alle Mitspieler zurück. Del Toros Schauspiel ist eines Oscars als Hauptdarsteller würdig und Josh Brolin spielt 2018 nach «Cable» und «Thanos» zum dritten Mal einen knallharten Bösewicht mit Prinzipien. Isabela Moner mimt die Unschuld vom Ödland, während Matthew Modine wie die Karikatur eines US-Verteidigungsministers wirkt. Im Hinblick auf Mattis oder Rumsfeld ist das allerdings keine Fehlbesetzung. Noch immer haben die Macher Spass an Sprengstoff und bieten grosse Panoramen, auch wenn der Schnitt und die Seitenhandlungsstränge manchmal auf Seitenstrassen unterwegs sind.  

 

«Sicario 2» beschränkt sich nicht wie angepriesen auf den Drogenkrieg, sondern blutet stark in den Krieg gegen den Terror. Die Amerikaner verurteilen einen Anschlag auf ihre Zivilbevölkerung scharf, nur um in der nächsten Szene ähnlich feige zurückzuschlagen. Fast schon fürchtet man, in einem dieser unreflektierten War-On-Terror-Werbefilme zu sitzen, als klar wird: Der Film ist sich der Unstimmigkeiten dieses andauernden Feldzugs nicht nur bewusst – er thematisiert sie. In all ihren schmutzigen kleinen Details, ohne dabei moralische Überlegenheit zu heucheln. Wo die Linie zwischen Gut und Böse verläuft, wird meist nicht durch Sittlichkeit, Allianzen oder Gehaltslisten bestimmt. Terroristen sind immer diejenigen, die dem Establishment gerade am gefährlichsten werden, und das ändert je nach Tagesaktualität und Nachtaktivität.

 

Bei so einem Grossaufgebot an verrohtem Kanonenfutter ist man sich oft nicht abschliessend sicher, wer überhaupt noch Sympathien verdient hat. Gottlob artet der Film nicht zu einem Schlachthof unter freiem Himmel aus, denn dies wäre bei so viel Munition und Mordlust weiss Teufel ein leichtes gewesen. Im Gegenteil: Manchmal werden sogar leise Töne angeschlagen. Dann kann man Gevatter Tod heranschleichen hören. Er lacht leise und freut sich erneut auf eine Hauptrolle im dritten Teil.    

 

Finsteres Actionspektakel. Alle gegen alle. Düster, knallhart, schonungslos, aber weder übertrieben blutrünstig noch grundlos gewalttätig.

 

  • Sicario 2 (USA, Italien 2018) 
  • Regie: Stefano Sollima
  • Darsteller: Benicio del Toro, Josh Brolin, Isabel Moner, 
  • Drehbuch: Taylor Sheridan
  • Laufzeit: 122 Minuten
  • Kinostart: 19. Juli 2018

 

Mike Mateescu / Fr, 20. Jul 2018