Die brutale Wahrheit nach der Rache

Kritik: Oldboy
Bildquelle: 
© Universal Pictures

«Oldboy» ist das Remake des gleichnamigen koreanischen Originals von Regisseur Chan-wook Park. Diese Tatsache lassen wir aber aussen vor und besprechen den Film von Spike Lee als eigenständigen Film und messen ihn nicht am Original.

 

Der Film beginnt 1993. Wir schauen dem abgehalfterten Joe Ducett (Josh Brolin, «No Country For Old Men») zu, wie er sich die Lampe füllt und schliesslich im Rinnstein vor seiner Lieblingskneipe landet. Frau und Kind haben ihn längst verlassen und das versucht er mit Alkohol zu ertränken. So klopft er an die Tür der Kneipe, doch als sein Freund und Wirt Chucky (Michael Imperioli, «The Sopranos») die Türe öffnet, ist Joe verschwunden. Dieser findet sich in einem Hotelzimmer wieder und merkt nach und nach, dass er in einer Zelle gefangen ist. Anfangs sucht er nach einem Ausweg, irgendwann wird die Resignation jedoch stärker und er fügt sich. Durch eine Luke in der Gefängnistür bekommt er regelmässig chinesisches Essen und eine Flasche Vodka. Stürzt er sich anfangs noch gierig auf das Getränk, beschliesst er nach immer stärker werdender Einsamkeit und einem Selbstmordversuch, mit den Trinken aufzuhören. Dafür beginnt er mit Kampfsport, den er autodidaktisch durch eine TV-Sendung erlernt. 

 

Bild 1: Joe in seinem Gefängnis. Bild 2: Mary unterstützt ihn bei der Suche nach Antworten. (Mit Maus über Bild fahren)

 

Geschichtliche Ereignisse wie 9/11 oder die Wahl von Barrack Obama bekommt er nur durch einen kleinen Fernseher mit, die technischen Entwicklungen wie Laptop oder iPhone gehen direkt an ihm vorbei. Dann nach zwanzig Jahren in Gefangenschaft findet sich Joe in einer Kiste auf einer Wiese wieder. Er ist frei und stolpert beim Versuch damit zurechtzukommen direkt in die Arme der Ärztin Mary Sebastian (Elizabeth Olsen, «Godzilla»). Sie hilft ihm und erweist sich als wertvolle Unterstützung bei der Suche nach der Wahrheit. Denn noch immer weiss Joe nicht, wieso er gefangen gehalten wurde und wieso er jetzt frei ist. 

 

Kompromisslose Jagd nach der Wahrheit 

 

Josh Brolin spielt den Antihelden mit einer kompromisslosen Inbrunst und trägt damit den ganzen Film. Wenn er anfangs in seinem eigenen Erbrochenen liegt und orientierungslos durch Chinatown irrt, ist das genau so bedauernswert wie der nach Rache dürstende geläuterte Joe, der ebenfalls nicht so richtig als Held durchgehen will. Daneben macht Elizabeth Olsen einmal mehr eine sehr gute Figur. Sie interpretiert die Ärztin mit dunkler Vergangenheit in einer verletzlichen und gleichzeitig selbstsicheren Art und kann mit Brolin problemlos mithalten. Etwas weniger gelungen ist die Auflösung. Die wirkt ein bisschen gar konstruiert und auch wenn sie erstaunt und sie dem perfiden Spiel um Joe die Krone aufsetzt, so will sie nur mit einem zugekniffenen Auge glatt und sauber funktionieren. 

 

Bild 1: Joe ist auf Rachefeldzug. / Bild 2: Die Wahrheit über seine Freilassung steht Joe ins Gesicht geschrieben. 

 

Spike Lee und sein Team inszenieren den Film als schnellen und konsequenten Rache-Thriller. Menschliche Gefühle bleiben mehrheitlich auf der Strecke oder dienen nur als Mittel zum Zweck. Aber durch die schnörkellose Action und die schnell vorangetriebene Handlung wird «Oldboy» auch spannend und macht über die Laufzeit von etwas über 100 Minuten sehr viel Spass. Genauso taff wie sein (Anti-)Held, ist auch der Film. Wer Action-Rache-Kampfsport-Thriller mag, wird sicherlich seine Freude an «Oldboy» haben. Der Schluss-Twist dürfte allerdings nicht alle Filmfans überzeugen. 

 

  • Old Boy (USA 2013)
  • Regie: Spike Lee
  • Besetzung: Josh Brolin, Elizabeth Olsen, Samuel L. Jackson
  • Laufzeit: 104 Minuten
  • Verkaufsstart: Ab sofort im Handel erhältlich

 

Patrick Holenstein / So, 13. Apr 2014