«Your Film is lovely, Robert»

Filmkritik: The old man and the gun
Bildquelle: 
DCM Films

Robert Redford. Ein Name eine Marke. Ob als politischer Aktivist, genialer Filmfestivalgründer, preisgekrönter Regisseur oder unvergesslicher Darsteller. Er steht für Filme und Kultur wie kaum ein anderer. Vom anfänglichen Hollywood Darling, mauserte er sich zum ernsthaften Filmmacher und -Förderer, der dafür sorgt, dass es heute noch Filme gibt, die kein reines Unterhaltungsprodukt sind, sondern Filme mit Substanz, Herz und Hirn punkten. Wenn solch eine Ikone nun zum scheinbar letzten Mal vor die Filmkamera tritt, dann ist dies eine spezielle Gelegenheit, dem Charismatiker zu huldigen. Mehr dazu im Interview mit Regisseur David Lowery hier.

 

Robert Redford verkörpert in «The old man and the gun» den charismatischen Bank-Ganoven Forrest Tucker. Wo andere rohe Gewalt und Angst nutzen, um an ihr Ziel zu gelangen, besticht Tucker mit Charme. Lächelnd und fürsorglich kümmert er sich um das Wohlergehen der Bankangestellten, die just seinen Raubüberfall miterleben. Gekonnt locker hilft er einer Dame in Not – liegt wohl am Namen Jewel (Sissy Spacek) – obwohl er mitten auf der Flucht vor der Polizei ist. Ja man könnte sagen, die Routine hat sich bei ihm eingeschlichen. Und wo Routine ist, dort ist auch die Gefahr von Fahrlässigkeit. Und Fahrlässigkeit könnte Detective John Hunt (Casey Affleck) gut gebrauchen, schliesslich ist er nicht der erste Gesetzeshüter auf der Jagd nach Forrest Tucker.

 

Das Klischée vom Gentleman-Outlaw haftet an Robert Redford seit seiner Rolle als Sundance im Westernklassiker «Butch Cassidy and the Sundance Kid». Eine Rolle, an die er sich gerne erinnert, betitelte er sein 1986 gegründetes Indie-Film Festival «Sundance». Deshalb erstaunt es auch nicht, dass Robert Redford sich ausgerechnet mit der Idee der Forrest Tucker Verfilmung an Regisseur und Autor David Lowery wendete. Ein Part fast schon geschrieben für Redford. Die einzig schwierige Entscheidung für Lowery bestand darin, den Gegenpart - Detective John Hunt - zu besetzten. Lowery blieb seinem alten Kumpel Casey Affleck («Ain’t them bodies saints», «a ghost story») treu. Redford und Newman è ja! Redford und Affleck? Oh ja es funktioniert und wie! Im dezenten 70er Jahre-Charme spielen die beiden ein freudiges Katz- und Maus Spiel, welches keiner von beiden wirklich ernsthaft zu beenden mag. Apropos: mittlerweile ist nicht mehr so klar, wie ernsthaft Robert Redfords Leinwandabschied gemeint war. Den ähnlich schelmisch und charmant wie Tucker zeigt sich Redford mittlerweile auf die Frage nach dem Ruhestand. Vielleicht brennt auch bei ihm die Leidenschaft nochmals durch. Überraschen würde es uns nicht. Und auch wenn dies nicht der letzte filmische Akt des charismatischen Redfords sein sollte, lohnt sich der Film allemal. Die Chemie zwischen Redford und Spacek, zwischen Redford und Affleck, zwischen Redford und Tom Waits & Danny Glover, funkt nur so im Film und gemeint sind dabei nicht die Funken der Schusswaffen. Wo früher Pistolen feuerten, schiessen heute Sprüche und Lacher. «The old man and the gun» ist ein old-fashioned Film, der wie Redfords Trenchcoat, nie aus der Mode und nie aus unserem Herzen kommt.

 

Das filmische Au-Revoir eines Grossen mit herzhaften Anspielungen auf all seine grossen und kleinen Momente. Ein Film der entzückt. 

 

  • The old man and the gun (2019)
  • Regie & Buch: David Lowery
  • New Yorker Artikel: David Grinn
  • Darsteller: Robert Redford, Casey Affleck, Sissy Spacek, Tom Waits, Danny Glover
  • Dauer: 93 Minuten
  • Kinostart: 7. März 2019

 

 

Tanja Lipak / So, 10. Mär 2019