«I’m going to be judged by 208 seconds.»

Movie-Kritik: Sully
Bildquelle: 
© Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.

Wer hat nicht von diesem unglaublichen Ereignis gehört? Pilot Chesley «Sully» Sullenberger landete am 15. Januar 2009 eine Passagiermaschine auf dem eisigen Hudson River in New York City nachdem das Flugzeug auf einen Schwarm Vögel prallte und beide Triebwerke ausfielen. Diese Geschichte wurde nun von Clint Eastwood («AMERICAN SNIPER», «MILLION DOLLAR BABY») verfilmt. «SULLY» erzählt von einem Mann der zum Helden wurde und der gleichzeitig für seine Heldentat angeklagt wird. Die NTSB (eine Verkehrsbehörde) zeigt mit dem Finger auf ihn und er wird wegen Fahrlässigkeit beschuldigt. Er habe das Flugzeug auf dem Fluss notgelandet, obwohl er es zurück zu einem Flughafen hätte fliegen können und somit einen Totalschaden verhindern hätte können. Dass Sully (gespielt von Tom Hanks) 155 leben gerettet hat, spielt in diesem Moment keine Rolle. Das Leben eines Helden soll ruiniert werden.

 

Der begnadete Flieger Sully

 

Der Film beginnt nach der Landung auf dem Hudson River und wird via Flashbacks erzählt. In diesen Flashbacks werden ebenfalls Klein-Sully während einer seiner ersten Flugstunden und Sully etwas später als junger Mann in einem Militärflugzeug gezeigt. Diese Szenen aus der Vergangenheit untermauern, was für ein begnadigter Flieger Sully ist. Leider scheint es so, dass diese Bilder mehr als Zeitstrecker, als zur Information dienen. Denn der Film dürfte mit seinen 90 Minuten nicht länger sein. «SULLY» wird niemals langweilig, doch der Film wird gespickt mit Hollywoodkitsch und lückenfüllenden Liebeserklärungen, die jeweils mit herzzerreissender Musik unterlegt werden. 

Die Musik ist allerdings gut gewählt, denn auch mir schiessen ab und zu die Tränen in die Augen. 

 

Die Schattenseite der Heldentat. Sully muss sich vor der Flugaufsichtsbehörde verantworten. (© Warner Bros. Ent. All Rights Reserved.)

 

Ich war berührt von der Freude und der Erleichterung des Captains, als er erfährt, dass alle 155 Passagiere überlebt haben. Gleichzeitig war ich schockiert von der NTSB; Captain und Co-Captain überleben einen Flugzeugabsturz – oder wie von ihnen immer wieder betont wird: eine Wasserlandung –, sie werden geplagt von schlaflosen Nächten und Alpträumen. Und trotzdem werden sie gleich nach einem Gesundheitscheck in einen Verhörraum geführt, um sich für die Wasserlandung rechtfertigen zu müssen. 

 

Der Zuschauer sieht, wie Sully immer mehr von Zweifeln geplagt wird und er unsicher wird, was wirklich im Flugzeug passiert ist. Die Unmenschlichkeit, die in diesem Film zum Tragen kommt, ist erschütternd. 

 

Und genau hier liegt die Qualität im Film: die Thematik. Und Tom Hanks natürlich. 

 

Nächster Film von Clint Eastwood: packend, aber kein Meisterwerk. 

  • Sully USA 2016 
  • Regie: Clint Eastwood 
  • Darsteller: Tom Hanks, Laura Linney, Autumn Reeser, Aaron Eckhart, Jerry Ferrara 
  • Laufzeit: ca. 96 Minuten
  • Kinostart: 1. Dezember 2016

 

Lena Imboden / Do, 01. Dez 2016