Nada Surf: «Ich dachte, dass das eine schreckliche Idee ist»

Interview mit Matthew Caws (Nada Surf)
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Im April werden die Indie-Rocker von Nada Surf in Zürich das neue Album «Never Not Together» vorstellen. Im Vorfeld hat Matthew Caws, Sänger und Songwriter der Band, einige Fragen beantwortet. Caws erzählt, wie sich das Gefühl auf der Bühne zu stehen verändert hat. Wieso er heute einfacher Songs verwerfen kann. Wie ein Tag auf Tour mit Nada Surf aussieht und wie sich das Touren heute von den Anfangstagen unterscheidet. Wieso er sich in in der französischsprachigen Schweiz besonders wohl fühlt, hat er ebenfalls verraten.

 

Du hast selbst eine Zeitlang Interviews geführt, kennst also beide Seiten. Macht es das für dich einfacher oder schwieriger, ein Interview zu geben?

 

(Lacht) Ich denke, das macht es tatsächlich etwas schwerer, weil ich mir an Tagen, an denen ich müde bin, schon Sorgen mache, dass es dem Interviewer schwerfallen könnte, etwas Interessantes aus dem Gespräch zu ziehen. Ich weiss ja, wie das ist (lacht). Wenn wir Interviews als Band geben, fällt mir sofort auf, dass wir die Antworten untereinander wiederholen.

 

Was wurdest du nie gefragt, was du in einem Interview über dich spannend finden würdest? Wie wäre die Antwort?

 

Ganz normale Fähigkeiten? Ich bin sehr gut im Falten von Kleidern, obwohl ich nie im Detailhandel gearbeitet habe!

 

Nada Surf ist seit 28 Jahren aktiv. Wie beurteilst du die Bandgeschichte heute rückblickend? Was hätte besser laufen können? Wo wart ihr genau im richtigen Moment an der richtigen Stelle?

 

Da sind schon ein paar geschäftliche Entscheidungen, die wir bereits früher hätten besser machen können. Aber alles in allem gesehen konnten wir uns treu bleiben und sind unseren musikalischen Instinkten gefolgt und sind so langsam besser geworden, in dem was wir tun. Das klingt jetzt vielleicht wie eine sehr simple Zeile in einem Meditationskurs, aber ich habe das Gefühl, dass wir immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Es ist einfacher, so auf das Leben zu schauen. Das lässt Dinge etwas möglicher erscheinen.

 

Das neue Album «Never Not Together» klingt sehr entspannt. Mir sind zwei Songs aufgefallen. Vielleicht kannst du mehr dazu sagen. Der erste Song ist «Come Get Me».

 

Danke vielmals. «Come Get Me» handelt vom selbstgewählten Alleinsein für eine lange Zeit und für das eigene Wohlbefinden, aber trotzdem das Verlangen zu haben, mit jemandem zusammen zu sein, für einander zu sorgen, sich gemeinsam etwas aufzubauen und so der selbstgebauten Festung zu entkommen.

 

 

Meine Demos sind heute besser, sodass es einfacher ist, sich vorzustellen, wie ein Song klingen könnte.

 

 

Der zweite Song ist «Something I Should Do».

 

Jemand bei Twitter schlug vor, dass wir ein Update von «Popular» über Social Media und Memes machen könnten. Ich dachte, dass das eine schreckliche Idee ist, aber der Samen der Idee, wieder einmal in einem Song zu sprechen, war da schon gepflanzt. Wir hatten die Musik zu «Something I Should Do» bereits, hörten die Instrumentalversion und dachten darüber nach. Was ich am Ende wirklich wollte, war darüber zu sprechen, wieso ich nicht über Social Media sprechen will, was mich dazu brachte, über alle die Dinge nachzudenken, die aktuell so passieren. Es hat sich sehr gut angefühlt, zu sagen, was ich denke, ohne mich auf nur wenige Zeilen zu beschränken, wie in den meisten Songs.

 

Schaust du beim Songwriting Track für Track an und stellst dann das Album zusammen oder schreibst du gezielt mit einem Entwurf des Albums im Kopf?

 

Es ist ein wenig von Beidem. Wir beginnen mit einigen favorisierten Stücken, ohne bestimmte Richtung. Aber je mehr Songs wir haben, desto mehr bekommt das Album eine Identität und desto mehr werden unsere späteren Entscheidungen davon beeinflusst. Da ist definitiv ein Schneeballeffekt.

 

Hat sich die Arbeit an Songs oder einem neuen Album nach fast drei Dekaden verändert?

 

Meine Demos sind heute besser, sodass es einfacher ist, sich vorzustellen, wie ein Song klingen könnte. Ich glaube, ich bin mittlerweile objektiver beim Songwriting. Auch erachte ich nicht alles als wertvoll. Es ist einfacher für mich, eine Zeile weg zu werfen, was eine ultimativ gute Sache ist.

 

Du bist mit verschiedenen Bands, Nada Surf oder Minor Alps als Beispiel, unterwegs. Was bedeutet es dir, auf der Bühne zu stehen?

 

Die Bühne war ein wirklich fremder und wilder Ort für mich. Aber etwas Grossartiges ist in den letzten 25 Jahren langsam passiert. Ich hatte viele verschiedene Wohnungen, Beziehungen und eine Menge verschiedener Jobs und jetzt, Monat für Monat und Jahr für Jahr, hat sich dieser befremdliche Ort langsam in einen vertrauten Platz verwandelt. Auf der Bühne zu stehen hat angefangen, sich ein Bisschen wie zuhause anzufühlen.

 

 

Der Hauptunterschied zwischen heute und damals ist, dass ich nicht mehr annährend so viel trinke. Das bedeutet, dass ich besser schlafe, mich besser fühle und mehr von den Städten sehe, in denen wir spielen.

 

 

Wie sieht ein Tag auf Tour mit Nada Surf aus? Wie hat sich der Tour-Alltag seit den Anfängen verändert?

 

Ein typischer und perfekter Tag wäre, wenn ich so gegen zehn Uhr aufstehe (es ist oft nicht einfach, vor drei oder vier Uhr morgens einzuschlafen, wenn wir einen Auftritt hatten), joggen gehe, dann frühstücke und dusche. Später entdecke ich die Stadt für ein paar Stunden, bis es Zeit für den Soundcheck ist, oder arbeite etwas, wenn Arbeit zu erledigen ist. Ein weniger perfekter Tag hätte einen volleren Terminkalender. Der Hauptunterschied zwischen heute und damals ist, dass ich nicht mehr annährend so viel trinke. Das bedeutet, dass ich besser schlafe, mich besser fühle und mehr von den Städten sehe, in denen wir spielen.

 

Du hast oft in der Schweiz gespielt. Mit Nada Surf oder Minor Alps. Hast du irgendwelche speziellen Verbindungen zur Schweiz?

 

Unser Booking Agent in der Schweiz ist eine der Personen, mit denen wir am längsten zusammenarbeiten. Heute vertritt er uns für ganz Europa. Daniel (Anm. d. Red.: Daniel Lorca, Bassist von Nada Surf) und ich sprechen beide Französisch, das half, damit wir uns in französischsprachigen Regionen wie zuhause fühlen können. Das hat aber auch dabei geholfen, dass wir mehr nichtfranzösischsprachige Regionen besucht haben.

 

Am 8. April bist du mit Nada Surf in Zürich. Was darf man erwarten?

 

Wir sind glücklich mit dem neuen Album, also darf man eine Band erwarten, die in einer guten Stimmung ist und sich freut, für das Publikum zu spielen. Wenn du uns noch nicht live gesehen hast: Wir sind ein wenig schneller und lauter als auf den Platten, aber es wird durchaus friedliche und ruhige Momente geben, damit schön die Balance eingehalten wird.

 

(Das Interview wurde schriftlich geführt.)

 

* Das Album «Never Not Together» ist im Handel erhältlich.
* Nada Surf spielen am 8. April im Dynamo. Wir verlosen Tickets.

 

Nada Surf - «Something I Should Do»

 

 

Bäckstage Redaktion / Mo, 02. Mär 2020