Keith Murray: Nach diesem Interview gehe ich networken

Interview mit We Are Scientists
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Pressebild © Dan Monick

Lange Zeit war es ruhig um die New Yorker Band We Are Scientists. Für das m4music-Festival in Zürich schauten sie nach längerer Abwesenheit wieder einmal in der Schweiz vorbei und präsentierten das neue Album „TV en Français“. Wir haben uns mit dem Sänger Keith Murray auf eine Bank auf dem Turbinenplatz gesetzt und mit ihm über das neue Album, Horrorfilme und The Lonely Island gesprochen. 

 

Habt ihr euch das TV Programm im Hotel bereits angeschaut? Ein Teil der Schweiz ist auch französisch sprechend, weshalb wir hier auch «TV en Français» haben.

 

(Lacht) Ich habe den TV im Hotel noch nicht eingeschaltet bis jetzt. Ich werde wohl etwas französisches Fernsehen geniessen können. Ich werde das gleich machen, wenn ich zurück ins Hotel komme!

 

Sprichst du eigentlich französisch?

 

 

Un petit peu. Eigentlich überhaupt nicht. Während zwei Jahren habe ich an der Universität französisch studiert. Das war jedoch Lehrbuch-Französisch und nicht wirklich gesprochen. Deshalb ist mein Konversations-Französisch sehr armselig.

 

 

Dann werden wir das Interview wohl besser auf Englisch weiterführen! Wie seid ihr eigentlich auf den Albumtitel «TV en Français» gekommen?

 

Wir waren in Miami und haben Fotos für das Album gemacht. Miami hat eine grosse Franco-Kanadische Touristenpopulation. Wir sahen also dieses Hotel, das Reklame für die Franco-Kanadier gemacht hat, und dass sie Fernsehen auf Französisch haben. Wir mochten das Foto sehr und fanden es sehr cool! Es schien aber auch eine Metapher für die Beziehungskommunikation, wie Fehler, die in den Texten des Albums diskutiert werden. Manchmal scheint der Inhalt einer Konversation mit dem Partner, wie wenn man TV in einer anderen Sprache schaut. Man versteht zwar den Basisinhalt, der gesagt wird, jedoch vieles dazwischen nicht. Vielleicht verpasst man die wichtigsten Aspekte.

 

 

Vor vier Jahren habt ihr das letzte Studio Album herausgebracht. Weshalb brauchtet ihr so lange für das neue Album?

 

Das hat verschiedene Gründe. Wir haben versucht ein Album aufzunehmen, das wie ein 90er-College-Rock-Album klingen sollte, etwa wie The Lemonheads oder Buffalo Tom. Wir haben etwa sieben oder acht solcher Songs geschrieben und wir mochten sie. Es hat sich aber nicht wirklich nach uns angehört. Es war vielmehr so, dass es klang als würden wir für jemand anderes ein Album aufnehmen. Deshalb haben wir abgebrochen und nochmals von vorne angefangen. Wir haben dann das Album alleine und ohne Label aufgenommen und wurden vor über einem Jahr fertig damit. Danach mussten wir es an potentielle Plattenfirmen senden und mit ihnen verhandeln. Das hat sehr lange gedauert. Das Label wollte mehr Zeit, um das Album aufzusetzen, was dann länger und länger gedauert hat. Wir haben also im letzten Sommer eine 7-Inch-Platte herausgebracht und im Herbst eine EP, damit die Wartezeit etwas überbrückt wird. 

 

Wir sind sehr schlecht im Networken und behandeln das Musikgeschäft wohl auch nicht so wichtig, wie wir es sollten. Wir sehen das mehr als Spass, was es eigentlich nicht ist, denn dies ist auch unser Job! Wir sollten es aber eigentlich seriöser nehmen.

 

 

Mit «Hoppipolla» habt ihr einen isländischen Song gecovert und mit «Sie hat was vermisst“ von Bela B. auch einen deutschen Song. Habt ihr auch Coversongs von französischen Liedern?

 

Ich bin mir gar nicht sicher, aber ich glaube nicht, dass wir da mal was gemacht haben. Chris kann ziemlich gut Französisch sprechen. Es wäre also ziemlich einfach für ihn, das zu machen. Wir sollten das irgendwann mal machen und danach in Frankreich und der Westschweiz gross herauskommen!

 

 

Ihr habt viele lustige Videos auf Youtube. Ist Humor wichtig für eure Musik?

 

Ich denke nicht, dass Humor wichtig für unsere Musik ist. Es ist vielmehr manchmal so, dass er unsere Musik etwas kaputt macht. Wir versuchen nie, unsere Musik humorvoll zu begleiten. Jedoch mögen Chris und ich Comedy sehr. Es ist also eher wichtig für unsere persönliche Psychologie, aber ich denke nicht, dass wir es wirklich mit unserer Musik assoziieren. Ich weiss, dass viele Leute die Comedy bei uns mögen, weil sie auch unsere Musik mögen. Aber andererseits denken wir nie darüber nach, dass es ein Teil der gleichen Kunst sein soll – falls diese Aussage irgendwie Sinn ergibt.

 

 

Manche Videos sind Hommagen an Horrorfilme.

 

Oh ja, das ist wahr!

 

Schaut ihr viele Horrorfilme auf Tour und seid ihr mehr amüsiert darüber als schockiert?

 

Ich bin sehr selten schockiert bei Horrorfilmen. Wir lieben Horrorfilme und schauen sie fast die ganze Zeit, ob wir auf Tour sind oder nicht. Ich glaube aber, dass wir im Moment keine Horrorfilme im Bus haben. Momentan schauen wir viele Action-Filme. Hast du je «The Raid» gesehen? Das ist ein indonesischer Martial-Arts-Film. Der ist echt gut! Aber ja, wir lieben Horrorfilme – eigentlich mögen wir alles Mögliche an Filmen, aber besonders den Fakt, dass Horrorfilme oftmals so doof sind und sie eigentlich nur ein Ziel haben: solange sie entweder blutig oder gruselig sind, dann haben sie ihren Job gemacht. Die Schauspielleistung kann schlecht sein, wie auch die Regie. Aber wenn sie dich erschrecken – dann ist es ein guter Horrorfilm!

 

Henry Rollins von Black Flag spielte bei «Wrong Turn 2» mit. Wäre ein Auftritt als Schauspieler auch was für dich?

 

Was?! Das wusste ich nicht – verblüffend! Er spielt auch bei «Bad Boys 2» mit. Er ist in jeder Fortsetzung! Wenn mich aber jemand als Schauspieler möchte, dann würde ich das sicher machen! Ich bin kein wirklich guter Schauspieler – jedenfalls kein ausgebildeter Schauspieler, wie Henry Rollins (lacht). Das ist nicht wirklich etwas, was wir aktiv versucht versuchen, wenn mich jedoch ein Regisseur fragen würde, dann würde ich dies auf jeden Fall tun – speziell bei Horrorfilmen!

 

Welcher ist denn dein liebster Horrorfilm?

 

Ich weiss nicht genau. Der gruseligste Horrorfilm, den ich seit langem gesehen habe, ist «28 Days Later» mit all den Zombies. Im Allgemeinen mag ich Zombie-Filme sowieso ganz gerne. Ich habe gerade letzte Nacht den originalen «Dawn of the Dead» auf meinem Laptop geschaut. Das ist eigentlich ein sehr schlechter Film, aber ich mochte ihn sehr! Die Special-Effects sind sehr altmodisch und sehen wirklich schlecht aus! Aber es macht Spass, den zu schauen und er ist auch sehr lange – fast drei Stunden, denke ich. Und durch diese drei Stunden durchzieht sich eine gruselige Stimmung – das macht echt Spass.

 

 

Ich glaube, es wird kein Schweizer Festival geben, bei dem wir spielen. Wir versuchen aber noch ein paar Festivaldaten aufzusetzen.

 

 

Bei vier der früheren Musikvideos führte Akiva Schaffer Regie. Mittlerweile ist er sehr erfolgreich mit The Lonely Island. Seid ihr noch in Kontakt mit ihm?

 

Ja, aber in letzter Zeit haben wir nicht allzu viel mit ihm gesprochen. Er ist nach Los Angeles gezogen, nachdem er Saturday Night Live verlassen hat und wir leben in New York, zudem hat er jetzt auch ein Kind. Wir sehen uns also nicht allzu oft, da er auf der anderen Seite des Landes lebt. Aber wir schreiben uns manchmal. Ich weiss nicht, ob du alle von Lonely Island kennst, wie zum Beispiel Jorma. Jorma lebt noch in New York und ihn sehe ich ziemlich oft. Mit dabei ist noch Andy, aber ihn sehe ich fast nie. Ich denke, der ist die ganze Zeit sehr beschäftigt!

 

Durch diese Jungs könntest du aber zu einer Rolle in einem Horrorfilm kommen!

 

Ja, das stimmt, aber ich will keinen Gefallen von Freunden erzwingen.

 

War es nie eine Möglichkeit, dass er wieder bei einem Video Regie führt?

 

Wir haben mit ihnen darüber gesprochen, aber die sind halt alle sehr beschäftigt und ich denke keiner von denen macht noch Musikvideos. Ich glaube, die schreiben halt mehr fürs Fernsehen und es ist irgendwie schwierig, damit es terminlich klappt. All unsere Terminpläne sind so verrückt und es wäre schwierig Zeit zu finden, um etwas zusammen zu machen.

  

Das m4music Festival ist auch ein Networking-Festival der Schweizer Musikindustrie. Wie wichtig sind solche Networking-Anlässe für euch als Band?              

Networking ist grundsätzlich enorm wichtig! Jedoch glaube ich, dass wir darin sehr schlecht sind. Wir haben noch mit ziemlich niemandem gesprochen, seit wir hier in Zürich sind. Meine Freundin ist mit mir hier. Deshalb sind sie und ich ins Hotel gegangen, danach zum Mittagessen und dann haben wir Rotwein getrunken. Unglücklicherweise habe ich also nicht allzu viel Networking betrieben. Aber in Amerika hat es auf eine Art ähnliche Networking-Festivals, wie das South by Southwest und den CMJ Music Marathon. Diese waren sehr wichtig für uns, als wir noch eine viel unbekanntere Band waren. Aber, wie gesagt, sind wir sehr schlecht im Networken und behandeln das Musikgeschäft wohl auch nicht so wichtig, wie wir es sollten. Wir sehen das mehr als Spass, was es eigentlich nicht ist, denn dies ist auch unser Job! Wir sollten es aber eigentlich seriöser nehmen. Nach diesem Interview gehe ich networken (lacht)!

 

Im Sommer spielt ihr an mehreren europäischen Festivals. Werdet ihr auch zurück in die Schweiz kommen?

 

Ich glaube, es wird kein Schweizer Festival geben, bei dem wir spielen. Wir versuchen aber noch ein paar Festivaldaten aufzusetzen. Momentan haben wir meines Wissens eine eigene Show von uns in Zürich zwischen einem Festival in Bologna und Rock am Ring. Ich würde aber sehr gerne an einem Schweizer Festival spielen. Am Openair Gampel haben wir mal gespielt und das war wirklich ein grossartiges Festival und machte viel Spass. In dem Jahr, als wir dort waren, waren Limp Bizkit Headliner und eigentlich mag ich die überhaupt nicht, aber trotzdem machte es enormen Spass und ich hatte eine grossartige Zeit dort! Das Umfeld an diesem Festival sorgte dafür, dass es so einen Spass machte – ich würde gerne wieder dorthin gehen! Ich weiss gar nicht, ob wir noch an anderen Schweizer Festivals gespielt haben.

 

Das Gurtenfestival in Bern wäre ja vielleicht mal was für euch – das würde euch sicherlich auch gefallen!

 

Ich denke nicht, dass wir dort bereits gespielt haben. Aber ich werde es mir anschauen.

 

Nach dem Interview haben wir herausgefunden, dass We Are Scientists im Jahr 2006 am Gurtenfestival gespielt haben. Dieses Festival jedoch schien sich nicht so stark im Gedächtnis verankert zu haben, wie der Auftritt am Gampel 2010. Ein weiterer Grund, weshalb das Openair Gampel eine ganz besondere Erinnerung ist, könnte aber auch daran liegen, dass nach dieser Show ein Bandmitglied am Festival vergessen wurde (siehe Link: http://www.virus.ch/Artikel/We-Are-Scientists-Musiker-am-Gampel-vergessen). Ob es sich hierbei um Keith handelte, bleibt jedoch offen.

 

 

We Are Scientists - «Dumb Luck»

 

Hansjürg Stämpfli / Di, 08. Apr 2014