Volle Kraft voraus

Konzertbericht: Eisbrecher im Z7
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Sony Music / © Holger Fichtner

Als das Publikum am letzten Freitag, dem 6. März, das Z7 in Pratteln verliess, konnten die meisten Besucher wahrscheinlich gar nicht glauben, dass es bereits nach 23 Uhr war – so unterhaltsam und kurzweilig war die Show von Eisbrecher.

 

Zu Beginn wärmte die Rockband Marzfeld das deutsch/schweizerische Publikum auf. Tatsächlich war dieses Verhältnis sehr ausgewogen, was sicher sowohl an der nahen Grenze als auch an den zwei deutschen Bands lag, die an jenem Abend in die Basler Landschaft lockten.

 

Als es im Saal zum zweiten Mal dunkel wurde, und alle gebannt auf die Bühne blickten, erklangen zuerst Schiffsfunkgeräusche. Dampf schoss aus dicken Rohren, orange Lichtsignale begannen sich zu drehen. Die Kulisse sollte an den Maschinenraum eines Schiffes – wohl eines Eisbrechers – erinnern, was auch gelang. Und als kurz darauf die Münchner die Bühne betraten, war Sänger Alexx stilecht in Kapitäns-Uniform gekleidet und legte gleich passend mit «Volle Kraft Voraus» los – der erste Song auf dem neuen Album «Schock». Sofort war das Publikum bei der Sache, jubelte und sang mit. Die Band zeigte sich sehr gesprächig und begrüsste ihre Fans freudig. Nicht ohne kleine Witze und Klischees über die Schweiz, was aber vollkommen normal und legitim war.

 

Prototyp zum perfekten Partner. 

 

Die Münchner blieben bei der neuen Platte und spielten «So Oder So», bevor sie mit «Antikörper» einen älteren Song anstimmten. Die Kapitänskluft hatte Alexx verständlicherweise bereits wieder abgelegt – im Club war es sowieso schon heiss, da waren Jacke und Mütze bestimmt nicht sehr angenehm. Ausserdem folgten im Rahmen der Show noch einige Kleiderwechsel beim Frontmann, und auch verbal hatten die fünf Musiker zu fast jedem Song etwas zu sagen. Als Alexx etwa das Publikum über ihren Beziehungsstatus befragte, und die «Anleitung zum perfekten Partner« ankündigte, war bereits klar, was folgen würde – «Prototyp» vom Album «Die Hölle muss warten». Ein weiteres Highlight folgte direkt. Wann sieht man schon hunderte Leute gemeinsam «Himmel, Arsch und Zwirn» rufen? Richtig, wahrscheinlich nur, wenn ein neuer Song von Eisbrecher so heisst.

 

Der einzige Wermutstropfen war die neue Single-Auskopplung «Zwischen Uns». Denn leider wurde die Stimme von Mia Aegerter (unser Schweizer Beitrag), die übrigens auch den Songtext schrieb, durch eine Roboter-Stimme ersetzt, die dem Lied eine komplett andere Note gab und ihm das Eindringliche nahm.

 

Eindringlich waren dafür die zwischen allen Witzen und Geplaudere sehr professionellen Show-Szenen. Etwa als Gitarrist Jürgen und Bassist Rupert in perfekter Synchronität und mit steinernem Poker-Face auf die grossen Fässer schlugen, auf denen das Wasser hochspritzte.

 

Statement zum Z7

 

Nachdem Alexx von Augusta Raurica geschwärmt hatte, welches sie an dem Tag wohl noch besuchten, bewies er seine Fähigkeiten am Jagdhorn, aus dem er tatsächlich so etwas wie eine Melodie brachte. «Die Jagd beginnt!», und los ging es mit «This is Deutsch», was das Publikum in völlige Ekstase versetzte. «Das ist ein grossartiger Club, der unbedingt bestehen bleiben sollte. Ich hoffe, Obi kommt nicht!», gab er dann unter Jubel sein Statement zum Baustreit Z7 vs. Obi ab, bevor die Band die Bühne verliess.

 

Natürlich war dies noch nicht das Ende, denn erstens fehlte die Zugabe im Allgemeinen, und gewisse Songs im Besonderen. Sie folgten in Form von «Eiszeit», «Verrückt» (mit wehender Schweizer Fahne) und «Miststück», bei dem Alexx seine Publikumsnähe noch mehr demonstrierte, indem er sich neben der Bar unter die Leute mischte und ihre «Miststück»-Schrei-Fähigkeiten austestete, die eher weniger als mehr gelangen, dafür aber für Lacher sorgten. «Sind Sie ein Sprengstoff-Attentäter? Sie haben einen Bart und lange Haare», war das Nächste, was man vom Sänger hörte, bevor er im schallenden Gelächter nicht mehr zu hören war. Die Antwort lautete «Nein, ich bin Rock’n’Roll», entlockte dem Publikum noch mehr Lachen und brachte jenen Abend wohl simpel und prägnant auf den Punkt.

 

Mit «Ohne Dich» verabschiedeten sich Eisbrecher schliesslich endgültig von der Bühne. Himmel, Arsch und Zwirn!

 

Eisbrecher ziehen ihre Show zwar professionell und einstudiert ab, trotzdem mangelt es nicht an Emotionen in alle Richtungen, die von der ersten Sekunde an auf das Publikum überspringen.

Seraina Schöpfer / Mo, 09. Mär 2015