Mit Iron Maiden dem Regen trotzen

Konzertkritik: Iron Maiden am Sonisphere
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Promobild

Zehntausende Zuschauer standen am Freitag, dem 3. Juni, auf der Luzerner Allmend. Es stand kein Zirkus auf dem Platz und es gab keine Sportveranstaltung. Dafür spielte eine der grössten Heavy Metal Bands aller Zeiten auf – Iron Maiden.

 

Es war das Sonisphere Festival 2016, präsentiert von «Allmend Rockt», und es war wetterbedingt kein schöner Tag. Den Rockern und Metalheads war das herzlich egal. Viele hüllten sich in eine Pellerine und trotzten dem schier endlosen Regen.

 

An jenem Tag spielten bereits The Wild Lies, The Raven Age, Gojira, Tremonti und Sabaton auf der grossen Bühne, und zu Beginn schien sogar noch die Sonne. Beim ersten grossen Regenguss versuchten sich viele noch in Sicherheit zu bringen. Aber aneinander gequetscht unter den spärlichen Unterstell-Möglichkeiten merkten die meisten bald, dass es so schnell eh nicht aufhören würde, und es besser ist, den Regen so gut es geht zu ignorieren. Glücklich war, wer Gummistiefel trug, denn die Allmend war den Wassermassen trotz ausgelegter Platten und Planen nicht gewachsen – Schlammschlacht ahoi!

 

Nass bis auf die Knochen standen also die Zuschauer um 21 Uhr erwartungsvoll vor der Bühne und warteten auf den Headliner des Abends. Und als diese schliesslich kamen, war der Regen endgültig vergessen.

 

Bruce Dickinson, Dave Murray, Adrian Smith, Janick Gers, Steve Harris und Nicko McBrain strotzten von Beginn weg vor Energie und Dickinson sprang herum als ob er nicht schon auf die 60 zuginge und gerade den Krebs besiegt hätte.

 

Der Auftritt gehörte noch zur «Book of Souls»-Tour, und bei einer Band, die über 40 Jahre hinweg 16 Studioalben veröffentlichte, stellen sich zu Beginn einige Fragen.

Wie viel Raum würde das aktuelle Album erhalten, welches immerhin der Anlass der Tour ist? Und wie viele alte Hits werden deshalb auf der Strecke bleiben müssen? Schliesslich waren vor der Bühne mehrere Generationen vertreten; vom Ur-Fan, der jeden Schritt der Band mitverfolgen konnte, bis zu den ganz jungen, die Iron Maiden erst gerade für sich entdeckt haben, vielleicht sogar durch «Book of Souls».

 

Mit sechs Songs stammte dann auch tatsächlich fast die Hälfte der Setlist von der neusten Platte. Etwa mit «The Trooper», «Fear Of The Dark» und «The Number Of The Beast» konnten aber auch altbekannte Songs mitgegrölt werden.

 

Die Quaität war dabei erstaunlich gut für ein Openair-Festival. Abgesehen davon punkteten die Briten vor allem mit ihrer gewohnt bildstarken, energiegeladenen Show. Die Bühnenbilder veränderten sich von Song zu Song, zeigten malerische Kulissen, Maskottchen Eddie in diversen Formen oder Album-Covers. Eddie blieb nicht nur auf den Bildern, sondern erschien auch selbst als überlebensgrosse Figur auf der Bühne, mit der die Musiker ihren Schabernack trieben. Zum Ende erschien Eddie in «Book of Souls»-Form als riesiger aufblasbarer Kopf hinter der Band, und zwei Totem-Pfähle erschienen, die eindeutig die Gesicher der Bandmitglieder trugen.

 

Die Herren spielten sich aber nicht nur in die Herzen des Publikums, sondern überzeugten auch mit Humor und Charme. Auch wenn Bruce Dickinson kurz über die Schweiz herzog - den Grund verstanden wahrscheinlich fast alle: Der Sänger regte sich über das schweizerischen Dezibel-Gesetz auf. Und liess den erlaubten Pegel mit dem darauf folgenden, zustimmenden Gejubel wahrscheinlich gleich übersteigen.

 

Iron Maiden bewiesen am Sonisphere Festival in Luzern gleich ein paar Dinge: 1. Die Band ist auch nach mehreren Jahrzehnten noch topfit. 2. Auch ein neues Album kommt live an, und verdrängt die alten Hits nicht vollständig (einzig «Run To The Hills» wurde vermisst). 3. Ein richtig gutes Konzert lässt auch strömenden Regen vergessen. Wenn vielleicht auch nicht die Erkältung danach.

 

Als Heavy Metal-Fan muss man Iron Maiden auf jeden Fall einmal gesehen haben. Das Sonisphere bot den richtigen Rahmen dafür, im Regen, aber mit sehr guter Qualität.

Seraina Schöpfer / Do, 09. Jun 2016