Jake Isaac: Herzerwärmende Musik im Schneegestöber

Konzertkritik: Jake Isaac im Papiersaal
Bildquelle: 
Pressebild / © Mark Surridge

Eisiger Wind, Nieselregen und kalte Nasenspitzen standen auf dem Programm, wenn man sich am 10. Dezember 2017 in Zürich aus dem Haus wagte. Zum Glück war aber auch herzerwärmende Musik Teil des Sonntag-Programms, nämlich im Papiersaal. Trotz schlechtem Wetter füllte sich der Saal nach Türöffnung relativ zügig. Einige machten es sich bereits vor der Bühne bequem, andere blieben direkt beim Eingang an der Bar hängen. 

 

Die Magie von Nottingham

 

Als Opener hatte Jake Isaac zwei seiner Freunde dabei: das Singer-Songwriter Duo These Your Children aus Nottingham; Beka, klein mit einem strohblonden Afro, und Joe, gross, mit 3mm Haarschnitt und beide mit einer Wahnsinnsstimme. Bereits für den zweiten Song verliessen Beka und Joe die Bühne und stellten sich inmitten des Publikums. Das hat wohl so manchen überrascht und etliche Augen begannen vor Begeisterung zu leuchten. Eine Unplugged-Session trägt offensichtlich etwas Magisches mit sich. Leise stimmten sie – begleitet von Joe’s Gitarrenkünsten - Whitney Houston’s «Dance With Somebody» an. Berührt von ihren kräftigen und gefühlsvollen Stimmen schenkte das Publikum den beiden die volle Aufmerksamkeit und liess sich allmählich vom Gesang mitziehen bis der ganze Saal einstimmte und zum Schluss mit voller Euphorie mitsang. Beka und Joe performten einen weiteren Song, «David». Im Stück geht es um eine persönliche Erfahrung, als sie einmal beobachtet haben, wie ein Vater seinen Sohn schlägt. Sehr emotional, sehr gefühlsvoll, sehr gut. Das Set beendeten sie mit einem rassigen Song, der den Papiersaal zum Tanzen brachte. Unter tosendem Applaus und Pfiffen wurde das Duo von einer Menge strahlender Gesichter verabschiedet.

 

Mister Isaac und die grenzenlose Dankbarkeit

 

Gut eine halbe Stunde später wurde der Saal ins Dunkle getaucht. Blaues Laserlicht bewegte sich langsam hin und her, auf und ab und es erklang eine Musik, die im Raum allmählich Spannung aufbaute. Wie es bereits beim Auftritt im Mai der Fall war, sprühten Band und Sänger nur so vor Energie, als sie die Bühne betraten. Die Liebe zur Musik und zu dem, was sie tun, stand allen vier Musikern deutlich ins Gesicht geschrieben und die Freude an dem, was das Publikum zu Gesicht bekam, war jedem einzelnen anzusehen. Der Papiersaal war von der ersten Sekunde mit positiver Energie gefüllt.

 

«Meine Güte, es ist Sonntagabend und ihr seid extra hier her gekommen – der Wahnsinn. Vielen Dank», grinste Jake in die Menge und erklärte nach den ersten Minuten seine Konzertregeln: «Habt Spass, tanzt, auch wenn ihr nicht tanzen könnt, singt, auch wenn ihr den Text nicht kennt, und egal, was heute hier passiert: habt Spass.» Ein Lachen ging durch den Saal, es wurde geklatscht und während dem nächsten Song «One And Only» haben gleich alle bewiesen, dass sie die Regeln brav befolgen.

 

Blumen für Morgan

 

So «One And Only» wie der Song, war auch Jake’s Drummer, Morgan. Er war auf der Bühne kaum aufzuhalten, lachte pausenlos, schnitt lustige Grimassen und zeigte sich mit seinen Skills von der besten Seite. Mit seiner aufgestellten Art animierte er den Papiersaal mit zu klatschen, zu tanzen und lieferte mit seinen 19 Jahren eine beeindruckende Show ab. «Morgan ist der absolute Hammer, er ist so unglaublich talentiert», sagte Jake, als er ihn dem Publikum kurz vorstellte. Morgan hatte den darauffolgenden Applaus mehr als verdient.

 

Nach dem ganzen Jubel-Trubel folgte ein Lovesong, den Jake ohne seine Band performte. Das Lied handelte von Sehnsucht, Verzweiflung und Liebe. Danach nutzte der Brite die kurz eingelegte Pause, um das zweite Bandmitglied, den Bassisten Henry, vorzustellen. Weiter ging es mit einem Song, der nicht auf seinem Debütalbum «Our Lives» zu finden ist: «War Is Our Name».

 

 

«Das Beste zum Schluss» anstelle «Ladies First»

 

«Normalerweise heisst es ja «Ladies First», aber heute hebe ich das Beste bis zum Schluss auf. Das ist die Frau in meiner Band, Lydia. Bitte, bitte einen riesen Applaus für sie», bat Jake die Besucherinnen und Besucher. Die Pfiffe und Jubelschreie für die aufgeweckte junge Dame hinter dem Keyboard und an der E-Gitarre wollten nicht mehr aufzuhören. Jake lachte, verbog sich vor Lydia und die Stroboskop-Elemente blitzten auf. Lydia bedankte sich, stellte sich wieder an ihr Keyboard und machte sich für die letzten beiden Songs des Abends bereit: «I Got You» und «Long Road».

 

Das Publikum war definitiv nicht mehr zu halten, jeder einzelne wollte nach den gut 70 Minuten mehr sehen, mehr hören und die Briten noch ein bisschen länger geniessen. Doch Mister Isaac und seine Band liessen die Bühne und eine begeisterte und gleichzeitig berührte Menschenmenge im Papiersaal zurück. 

 

 

Zugabe mit Hingabe

 

Auch nach dem Verschwinden von Jake und der Band dachten die Leute noch nicht einmal daran, mit dem Klatschen und Jubeln aufzuhören. Die Hartnäckigkeit zahlte sich aus, denn kurze Zeit später erschien Jake wieder auf der Bühne. Er nahm seine Gitarre, hängte diese kurzerhand vom Verstärker ab und spielte die ersten Klänge. Das Mikrofon liess er ebenfalls beiseite und stand ruhig da, beleuchtet von einem schwachen Licht. Der Rest des Saals war ins Dunkle getaucht und mucksmäuschenstill. Mit viel Gefühl sang Jake ein tief berührendes Lied. Die Begleitung auf der Gitarre setzte er einige Male aus, sodass im Papiersaal seine kräftige und soulige Stimme richtig zur Geltung kam. Zwischendurch hielt er seine Augen geschlossen, was die Emotionen noch mehr unterstrich. Jake legte am Schluss die Gitarre neben seine Füsse, flüsterte ein «Cheers» in die Dunkelheit vor sich und verliess die Bühne, wie er sie zu Beginn des Abends betreten hat: mit einem breiten Grinsen und voller Dankbarkeit.

 

Jake Isaac ist zu 100% einen Konzertbesuch wert. Er weiss, wie er das Publikum für sich gewinnt und wer sich auf ihn einlässt, vergisst sogar das Drumherum. Mit seiner positiven Energie begeistert er Alt und Jung.

 

Rahel Inauen / Mi, 13. Dez 2017