Es knarrt, scheppert und wabert: Rusconi auf der Bühne

Konzertkritik: Rusconi im Kaufleuten
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Promobild / © Diana Scheunemann

Ein sanfter Luftzug lässt die Flammen der Kerzen in den trübglasigen Dekorschälchen auf den Salontischen im Kaufleuten munter tanzen. Fast so als ob sie zum gefühlvollen Klavierintro von Stefan Rusconi wippen würden. Das Spiel des Feuers wird aber schnell uninteressant, denn auf der Bühne steht das Zürcher Jazztrio Rusconi und steigert sich von Beginn weg. Zwar langsam, aber bestimmt. 

 

«Revolution» heisst die Platte, die mit dem Konzert getauft wird, und das Konzert besteht auch hauptsächlich aus den Songs der Platte. Wie beiläufig erklärt Stefan, dass sie mit der CD neue Wege gehen würden und ihre Musik ab sofort verschenken. Der Band ist die persönliche Freiheit beziehungsweise die vollständige Entscheidungsmacht wichtig. Ob sich diese neu gewonnene Freiheit im Konzert manifestiert, ist schwer zu sagen. Rusconi scheinen allerdings sehr locker und gelöst. 

 

Auffällig ist, dass alle Songs harmonisch wirken, aber die Harmonie bei Rusconi auf verschiedene Wege erreicht wird. Bei «Berlin Blues» beispielsweise spielen die Musiker zwar gemeinsam, also gleichzeig, und doch irgendwie alleine. Jeder hat sein Solo. Daneben wirkt der Song aus der Feder von Stefan, der in Berlin lebt, aber sperrig und rau und gerade dadurch spannend. So entsteht eine eigene Rhythmik, die sich aus dem gegensätzlichen Songkonstrukt, ergibt. Rusconi können aber auch in klaren Strukturen musizieren, fast poppig klingen. Dann harmonieren sie ohne Abschweifungen und pinseln mit ihren Klangfarben leicht zugängliche Gemälde auf die imaginäre Musikleinwand. Abwechslung ist das Credo.

 

Ein Höhepunkt des Abends ist «Alice In the Sky». Die blaue Beleuchtung, die dezent den schwebenden Aufbau des circa zehnminütigen Epos unterstützt, passt wunderbar, trägt Fabian am Bass, Claudio am Schlagzeug und Stefan am Klavier förmlich. Hier sind Rusconi in ihrem Element. Es röhrt, wabert, knarzt, scheppert und vibriert im Festsaal des Kaufleutens und Stefans Klavierspiel nimmt die Rolle des roten Fadens im Klangkosmos ein. Stoisch erklingen die Töne. Langsam steigert sich die Intensität, der Bass kotzt sich aus, das Schlagzeuger treibt munter voran, bis sich schliesslich alle musikalischen Stränge in den Armen liegen und den Song versöhnlich beenden. 

 

Rusconi stehen im Kaufleuten für Musik, der man zuhören muss und die oft erst mit der Zeit zu einem Gemälde verschmilzt. Die Stimmung im Saal ist dieser Vorraussetzung angepasst und es herrscht Ruhe, man hört zu und zollt der Band so Tribut. Rusconi ihrerseits zollen einer Band Tribut: Sonic Youth. Die Amerikanischen Alternativerocker sind ein grosser Einfluss für die drei Zürcher und so wirkt die Verneigung vor den eigenen Helden mit «Hits Of Sunshine» wie gemacht als Abschluss für ein gemütliches und faszinierendes Konzert.

 

Rusconi sind am Karfreitag noch zweimal live zu sehen. Im Le Bourg in Lausanne spielen sie um 18:30 Uhr und um 21:00 Uhr. Tickets gibt es direkt beim Le Bourg.

 

Patrick Holenstein / So, 08. Apr 2012