Perfektes Wetter und ein buntes Line-up am Snowpenair

Festivalkritik: Snowpenair 2022
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Bäckstage / ©Lisa Gosteli

Der Himmel über Grindelwald zeigte sein klarstes Stahlblau und die Sonne präsentierte sich von der Schokoladenseite, während sich auf dem Boden so langsam das Festivalgelände am Snowpenair füllte. Selbst die Finnen von Sunrise Avenue, die am Samstag als Hauptact im Line-up standen, schwärmten über die Social Media-Kanäle von der perfekten Idylle im Berner Oberland. Frontmann Samu Haber reiste bereits Anfang der Woche an und verband die Vorbereitungen auf das Festival mit Ausflügen, auf die umliegenden Pisten und das Jungfraujoch.

 

Von «Liebefeld» bis «Teddybär»

 

Das Festival eröffnen durfte die lokale Band Crazy Mofos, die nicht nur auf dem «Bödeli» ansässig ist, sondern mit einer gut gewählten Setlist aus Klassikern wie «Teddybär» von Rumpelstilz oder «Liebefeld» von Span, viele Menschen im Publikum abholte und zum Singen brachte. Es war also gut aufgewärmt für Stefanie Heinzmann.

 

Die immer fröhliche Walliserin hat ein Set gespielt, das ihre Karriere breit abdeckte. Von «Roots To Grow» über «Diggin’ in the Dirt» bis «Mother’s Heart», bei dem Sie berührende Worte dafür fand, dass man immer für sich und die eigenen Wünsche und Träume einstehen soll. Sie bedankte sich auch bei ihren anwesenden Eltern für die wertvolle Unterstützung. Weiter ging es unter anderem mit «Best Life» vom aktuellen Album «Labyrinth». Stefanie setzte mit ihrem powergeladenen Auftritt die Messlatte für den weiteren Verlauf des Nachmittags hoch. Sie übergab die Bühne an Büne Huber und seine Patent Ochsner.

 

Fotos: Bäckstage / ©Lisa Gosteli

 

Eben haben diese mit dem MTV Unplugged-Konzert begeistert und in Grindelwald zogen sie diesen Eindruck konsequent weiter. Im 12 Songs umfassenden Set steckten viele zeitlose Mundart-Klassiker. «Scharlachrot», «Bälpmoos», «W.Nuss vo Bümpliz» oder «Fischer» sind klar zu nennen. Patent Ochsner verstehen es aber immer, auch Songs in ihre Sets einzubauen, die nicht ganz so breit bekannt sind. In Grindelwald etwa «Guet Nacht, Elisabeth» und «Houdini», beide vom «Johnny - The Rimini Flash Down, Part II»-Album von 2012.

 

Ein Finger in Richtung Osten

 

Büne Huber ist bekannt dafür, hin und wieder politisch seine Klappe aufzureissen. Daher war bei ihm der Krieg in der Ukraine ein Thema und er forderte das Publikum auf stilgerecht einen Finger in Richtung Osten zu schicken. Was für etwas Gesprächsstoff unter den Medienleuten sorgte, wieviel Politik auf die Bühne gehört. Aber auch bei den anderen Bands wurde die aktuelle Weltlage nicht totgeschwiegen, sie zeigten Flagge und oder betonten, dass es wichtigeres geben würde als diese Auftritte. Allen voran Helene Fischer, die ein emotionales Statement abgab, wie schrecklich der Gedanke für sie sei, dass Familien getrennt würden und nicht wissen, wann und ob die Frauen und Kinder ihre Männer/Väter wieder sehen werden. Als junge Mutter berühre sie das stark, meinte sie. Aber sie alle waren froh, wieder auftreten zu können nach dieser langen durch die Pandemie bedingten Auszeit.

 

Nach der Kultband Patent Ochsner war auch schon Zeit für Sunrise Avenue. Die 11‘000 Menschen auf dem Gelände warteten schon sehnsüchtig auf den Gig der Finnen, die ab Mai auf Abschiedstour sind. Frontmann Samu Haber führte die Band durch ein Set ohne grosse Überraschungen. Von rockig bis hin zur emotionalen Ballade war jedoch alles vertreten, was es brauchte, um die Zuschauer abzuholen. Eines der Highlights war eine neue Version des altbekannten Songs «Welcome to my life». Dem blonden Finnen sah man auch an, dass er es vermisst hatte, auf der Bühne zu stehen. Er schaffte es sofort, die Zuschauer mit seiner Begeisterung anzustecken und diese auch über die 90 Minuten zu halten. Der Ausblick von der Bühne auf die volle Zuschauerarena und den Blick auf den Eiger im Hintergrund, war für alle Bandmitglieder ein einmaliger Anblick, den sie sichtlich genossen. Die Finnen zeigten sich als perfekte Band für den finalen Slot an diesem herrlichen Wintertag.

 

Der Sonntag stand dem Vortag wettertechnisch in Nichts nach. Musikalisch lag der Fokus klar auf dem Schlager. Den Anfang machten die Bermudas aus Wilderswil. Sie bauten ihre Setlist um Gassenhauer wie «Marmor, Stein und Eisen bricht» und «Alperose» auf und heizten die Bühne kräftig auf. Danach sollte Francine Jordi übernehmen, sie musste aber wegen einer Corona-Infektion absagen. Für sie sprang die Kärntnerin Melissa Naschenweng ein und zeigte - bis hin zur Harmonika ganz in pink gestylt -, dass Schlager das staubige Image endgültig abgelegt hat. Innert weniger Jahre hat sich Melissa einen Namen im Geschäft gemacht und mit Songs wie «I steh auf Bergbauernbuam» eine beachtliche Fanbase ersungen. Ob sie Francine Jordi, die doch zu den bekannten Namen im deutschsprachigen Schlager gehört, ersetzen konnte, sei mal einfach so in den Raum gestellt, die Kärntnerin schaffte es jedoch ohne Probleme, die Feierlaune des Publikums beizubehalten. Mit der pinken Handorgel hat sie aber zumindest ein Markenzeichen. Zudem hatte sie nur einen relativ kurzen Slot vor der Queen des Schlagers.

 

Die Queen des Schlagers enttäuschte nicht

 

Helene Fischer hat nämlich mit vollen 22 Songs mächtig geliefert. Dabei stand für viele Medien mehr im Zentrum, wie denn die Rückkehr, nach der Geburt des ersten Kindes sein würde. Sie selbst sieht das etwas anders, wie sie erzählte. Ein Comeback sei es nicht, da sie durch die Pandemie gar keine Möglichkeit gehabt habe, um aufzutreten. Musikalisch gesehen hat sie nichts verlernt und versteht es noch immer, ihre Stimme geschickt durch Höhen und Tiefen zu lotsen. Wünsche liess die Setlist auch keine offen und die 9‘500 Menschen feierten mit Helene zu einer breiten Palette an Hits. Von «Flieger» über «Fieber» bis zu «Herzbeben», «Achterbahn» und natürlich «Atemlos». Dazwischen reihte sie in einem Medley LMFAO, The White Stripes, Westernhagen, Kings of Leon und Tina Turner aneinander und zeigte vielleicht einen Teil ihres persönlichen Musikgeschmacks. Helene Fischer beendete den Tag sowie das Festival und unterstrich, dass sie auch nach längerer – teilweise unfreiwilliger – Pause, das Mass aller Dinge im Schlagerpop ist.

 

Danach leerte sich das Gelände in Grindelwald langsam und Eindrücke aus zwei Tagen Musik schwebten in der Luft. Gänsehaut, ausgelöst von einem Stimmschlenzer von Stefanie Heinzmann. Herzbeben vom Auftritt Helene Fischers. Ein ehrliches Lachen durch einen Spruch von Büne Huber. Oder die Phrase «… tell them the Fairytale gone bad» von Sunrise Avenue. Egal, wo die subjektiven Vorlieben lagen, sie haben sich zu einem zweitägigen Fest verbunden und auch Petrus hat es gut gemeint mit Grindelwald. Die Bühne am neuen Standort beim Grindelwald Terminal hat sich nach kurzen Problemen mit dem Einlass, was zu Wartezeiten führte, durchaus bewährt.

 

Wenn man sich mental vom alten Ort auf der kleinen Scheidegg löst, stellt der neue Standort beim Terminal viele Vorteile. Schön war es, Sunrise Avenue endlich wieder auf der Bühne zu sehen, auch wenn ich mir die eine oder andere Überraschung in der Setlist gewünscht hätte. Die Frauenpower-Auftritte von Stefanie Heinzmann und Helene Fischer stachen für mich aber definitiv raus.

 

 

Lisa Gosteli / Di, 05. Apr 2022