Was passiert, wenn die RomCom endet

DVD-Kritik: Celeste & Jesse
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Im Verleih von Ascot Elite

«Lass uns Freunde bleiben». Eine schöne Floskel, um jemanden zu sagen, dass er dauerhaft nicht als Partner geeignet ist. Doch was tun, wenn der Spruch wirklich ernst gemeint ist? In dieser Situation befinden sich Celeste (Rashida Jones, «I Love You, Man», «Our Idiot Brother») und Jesse (Andy Samberg, «I Love You, Man», «Friends with Benefits»). Die beiden gibt es schon seit einer Ewigkeit im Doppelpack. Warum also zerstören, was so gut funktioniert hat? Das Pärchen verbringt trotz der Trennung jeden Tag miteinander. Die Chemie zwischen den beiden stimmt nach wie vor, doch ihre Lebenswege sind es, die langsam auseinanderdriften. Das impulsive, rechthaberische und ungeduldige Alphaweibchen Celeste macht Karriere, während der ruhige, loyale und unsichere Jesse seinen Platz in der Welt sucht. Statt diese Unterschiede weiter auszubauen und die Trennung dadurch zu legitimieren, entschieden sich die Drehbuchautoren Jones und Will McGormick («Must Love Dogs», «Syriana») für den harten aber aufrichtigen Weg. Jesse hängt nämlich noch immer an seiner Celeste und hofft insgeheim auf eine Versöhnung. Und das Publikum mit ihm mit. Denn selten gab es solch eine Chemie auf der Leinwand zu bestaunen wie diese zwischen Jones und Samberg.

 Bild 1: Celeste und Jesse sind ein gutes Team. Bild 2: Celeste trifft auf einen neuen Mann. Kann sie mit ihm Jesse vergessen?

 

Durch diverse romantische Komödien vorbelastet, glauben die Zuschauer deshalb zu wissen wohin die Reise führt. Celeste gibt unterdessen auch zu, dass sie Jesse nicht aus Mangel an Gefühlen, sondern aus materialistischen Gründen verlassen hat. Wie lächerlich diese Motive sind, beginnt auch Celeste zu erahnen, als ihr Leben unverhofft einen Wendepunkt erreicht. Plötzlich ist es Celeste, die ohne Jesse nicht mehr leben kann. Dadurch manövriert sie sich in die abstrusesten Situationen. Sie ist manipulativ und intelligent, fühlt sich allen um sich herum überlegen, bis sie über sich selbst stolpert. Was als romantische Komödie beginnt wird immer mehr zur kleinen sowohl tragischen als auch humorvollen Charakterstudie.

 

Nicht nur Celestes und Jesses Freunde machen sich Sorgen (Bild 1), sondern auch Celestes Arbeitskollegen (Bild 2).

 

«Celeste & Jesse» fängt dort an, wo die romantischen Komödien enden und der Alltag beginnt. Die RomCom-Formel, wie sie beispielsweise von Nora Ephron zelebriert wurde, wird heute nur noch müde belächelt. Mit «500 Days of Summer» kam eine neue Reihe an Filme in die Kinos, die es sich zur Aufgabe machen, keine verklärten Liebesgeschichten zu erzählen. Oder dies zumindest behaupteten. Während nämlich Scott Neustadlers Summer für Tom spürbar nicht die richtige war, resp. Neustadtler das finale Zerwürfnis in seinem Drehbuch an mehreren Stellen herbeibeschwört, wählte Rashida Jones den steinigen Weg. Nie ist es klar, wann wir endgültig von Celeste & Jesse loslassen müssen, wann die Hoffnung der Realität weichen muss. Zwar thematisiert der Film eine Scheidung, aber eingestehen will man sich das als Zuschauer lange nicht.

 

Das hippe Umfeld der beiden (Celeste ist eine Trendforscherin), der gut ausgewählte Soundtrack und die sympathischen Hauptdarsteller lassen einem die Tatsache vergessen, dass «Celeste & Jesse“ ein trauriges Kapitel einer Beziehung thematisiert. Aber wie heisst es doch so schön: Wo ein Ende ist, ist auch ein Anfang. Der Filme wurde letztes Jahr in Anwesenheit des Regisseurs Tee Toland Krieger am Zurich Film Festival gezeigt. Der Filmemacher stellte sich im Anschluss den Fragen der Zuschauer. Diese baten an einigen Stellen nach Erklärungen und Rechtfertigungen, mussten dann aber einsehen, dass der Film - dem Leben ähnlich - häufig keine bereithält. Denn leben muss man das Leben vorwärts, verstehen tut man es rückwärts. Gleiches gilt für diesen Film.

 

  • Celeste & Jesse (USA 2012)
  • Regie: Tee Toland Krieger
  • Drehbuch: Rashida Jones & Will McCormack
  • Besetzung: Rashida Jones, Andy Samberg, Ari Graynor, Elijah Wood,  Chris Messina
  • Dauer: 92 Minuten

 

 

Bilder: Im Verleih von Ascot Elite

Tanja Lipak / Di, 24. Sep 2013