Ein magisches Geigenspiel

Moviekritik: Shana - The Wolf's Music
Bildquelle: 
Filmcoopi

Man nehme eine Geige, einen Wolf und ein Indianermädchen und erhalte Nino Jacussos «Shana - The Wolf’s Music». Während den Dreharbeiten zum Dokumentarfilm «Frederica de Cesco, mein Leben, meine Welten» kam dem Italo-Schweizer die Idee, einen «echten» Indianerfilm zu machen. Dabei liess er sich vom Lieblingsroman «Shana, das Wolfsmädchen» der erfolgreichen Kinder- und Jugendautorin Federica de Cescos inspirieren. (Übrigens ist damit die erste Verfilmung von einem de Cesco Roman im Kasten.)

 

Ein Teenager zwischen Spiritualität und Selbstfindung

 

Shana (Sunshine O’Donovan) ist eigentlich ein ganz normaler Teenager. Nur hat sie leider ihre geliebte Mutter (Alana Aspinall) verloren und ihr Vater (Marcel Shackelly) lungert besoffen in der verwahrlosten Wohnung herum. Um der Mutter näher zu kommen, spielt sie auf der hinterlassenen Wolfsgeige unter ihrem Ahnenbaum. Die Äste sind voll mit bunten Briefen an ihre Mummy und Shana wartet verzweifelt auf ein Zeichen aus dem Jenseits. Dabei bemerkt nicht, wie nah sie durch die Musik der betrauerten Mutter kommt. Denn ein weiss-grauer Wolf (Filmwolf Britain spielte auch schon bei «Into the Wild» oder bei «Twilight Saga: New Moon» mit) wird magisch von ihren Melodien angezogen. Laut der Kultur der Scw’exmx können Ahnen die Gestalt von Tieren annehmen und so mit den Hinterbliebenen Kontakt aufnehmen.

 

Bild 1: Shana hat ihr Wolfsgeige, ein Erbstück der verstorbenen Mutter, immer dabei. / Bild 2: Im Wald hofft das Indianermädchen auf ein Zeichen aus dem Jenseits. (Mit Maus über Bild fahren)

 

Auch die neue Lehrerin, Frau Woodland (Delilah Dick), bemerkt ihr unglaubliches musikalisches Talent und meldet sie an der Musikschule von Vancouver an. Shana ist jedoch eigenwillig, will nicht mehr in die Schule gehen und provoziert jeden, der ihr über den Weg läuft. Eben ein Teenager. Zudem verkauft ihr Vater die geliebte Wolfsgeige. Shana will diese um jeden Preis zurück und ihre Suche führt sie in den Wald. (Und jetzt kommen endlich die versprochenen schön fotografierten Bilder und der Film wird besser.) Die emotionale Kraft dieses berührenden Werdegangs eines Indianermädchens wird voll aufgeladen. Auf der Identitätssuche im Wald erscheint ihr die Urmutter (Marty Aspinall), die sich über das verärgerte und verängstigte Mädchen lustig macht. Auch das ist ein Element aus der einheimischen Kultur: Die Urmütter sollen die Nachkommen stärken, sie quasi unter dem Rockzipfel der Mutter hervorlocken. Ein Weg der nötig ist. Danach ist sie für den neuen Lebensabschnitt gewappnet. Das Finale des Films endet mit einer musikalischen Explosion, die Gänsehaut hervorruft. Hierfür ein grosses Kompliment an den jungen Filmkomponist Roman Lerch.

 

Ein Spiel zwischen Fiktion und Realität

 

Jacusso war vor allem die Authentizität wichtig. Deshalb drehte er fast ausschliesslich an Originalschauplätzen im Lower Nicola Reservat in British Colombia. Dazu kamen die Laiendarsteller, die alle aus dem dort lebenden Volk Scw’exmx stammen. Dadurch flossen zwar die Dialoge nicht so richtig, dafür wirkte das Äusserliche. Zudem arbeiteten die Einheimischen selbst mit am Drehbuch. Somit wurden alle Grundpfeiler für einen «echten» Indianerfilm gesetzt. Jacusso wollte keinen Dokumentarfilm drehen, deshalb ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Coming-Of-Age-Dramas die Vermischung zwischen Traum und Wirklichkeit. Bereits am Anfang wird das Thema durch den Perspektivenwechsel zwischen dem Mädchen und dem Wolf eingeführt. Herausgekommen ist schlussendlich ein spirituell aufgeladener Film, der einen eher langatmigen Anfang hat, am Schluss jedoch die ganze Familie zu berühren vermag.

 

  • Shana – The Wolf’s Music (USA, 2013)
  • Regie: Nino Jacusso
  • Drehbuch: Nino Jacusso, inspiriert durch Federica de Cescos Roman «Shana, das Wolfsmädchen»
  • Produktion: RECK Filmproduktion
  • Darsteller: Sunshine O’Donovan, Delilah Dick, Alana Spinall, Marcel Shackelly, Marty Aspinall, Vonnet Hall
  • Laufzeit: 95 Minuten
  • Kinostart: 20. März 2014

 

Tamara Lipp / Do, 13. Mär 2014