Ein Cowboy für gewisse Stunden

Movie-Kritik: Solo: A Star Wars Story
Bildquelle: 
© Lucasfilm

Befassen wir uns gleich zu Beginn mit dem Rancor im Raum: Han Solo ist ein Film, um den niemand gebeten hat, über eine heiss geliebte Figur, deren Reiz gerade darin liegt, dass man ihre Vergangenheit nicht kennt. Entsprechend unterwältigt reagierte die Fangemeinde, als Disney das Projekt ankündigte. Hätte man einen Schauspieler wie Anthony Ingruber verpflichtet, der Harrison Ford bestechend imitieren kann, wäre der Kurs zum Klassiker gesetzt gewesen. Immerhin wurde das Drehbuch von Lawrence Kasdan und dessen Sohn geschrieben. Der Mann verfasste bereits das Script für «Empire», den wohl beliebtesten Film der Reihe. Doch engagiert wurde der relativ unbekannte Alden Ehrenreich, der eher wie ein verschupfter Jack Nicholson wirkt. 

 

Han Yolo

 

Und das war erst der Beginn der Probleme. Zunächst führten die Lego-Movie-Macher Lord und Miller Regie, die viel auf Witz und Improvisation gaben. Gerade letzteres ist nicht Ehrenreichs Forte. Wohl auch ein Grund, warum Lucasfilm-Chefin Kathleen Kennedy die beiden kurz vor Fertigstellung des Films feuerte. Ersetzt wurden sie durch Ron Howard, der sich, ähnlich wie Ridley Scott, für so ziemlich jeden Kommerz hergibt. «A gun for hire», oder ein Cowboy für gewisse Stunden. Und das Ergebnis ist, wie bei Scott, mal Hit und mal Mist. Howard drehte sage und schreibe dreiviertel des Films nach, was die Produktionskosten fast verdoppelte. Aber hey: Han Yolo! 

 

Bei Han Solo und Best Buddy Chewbacca läuft immer etwas. (© Lucasfilm)

 

Die grösste Sorge galt Ehrenreichs Schauspiel. Schon in den Trailern wurde klar, dass er mit dem legendär wölfischen Grinsen … nun ja … überFORDert war. Dennoch weiss er zu verblüffen. Vielleicht lag’s an der heftigen Kritik im Vorfeld, denn Ehrenreich versucht gar nicht erst, seinen Vorgänger nachzuäffen. Stattdessen präsentiert er uns einen fast liebevoll zerbrechlichen Kleinstganoven, für den man Partei ergreifen mag. Er erzählt uns eine rasante Geschichte mit mancher Wendung, die uns plausibel erklärt, wie aus Han Solo möglicherweise der schnoddrige Schurke mit einem Herz aus Gold wurde. 

 

Kein Hüftschuss

 

Für weitere Stabilität sorgt der stets knuffige Woody Harrelson. Enttäuschend dagegen die Darbietungen von Donald Glover als pathologischer Lügner Calrissian und Emilia Clarke als Räuberbraut Qi’ra, die sich einbildeten, fast ohne Unterbruch dumm grinsen zu müssen, nur weil sie in einem Han Solo-Film spielen. Aber Howard hielt die Fäden geschickt zusammen. Es gelang ihm sogar, Kennedys Empowerment-Agenda so zu verpacken, dass die unübersehbare Botschaft humorvoll statt verbissen rüberkommt. Was jedoch am meisten irritiert, ist die Diskrepanz zwischen den «A Star Wars Story»-Filmen und jenen der neuen Trilogie. Während sich «Rogue One» und «Solo» ganze Gliedmassen ausrissen, um ihren Nachfolgern zu schmeicheln, taten «The Force Awakens» und insbesondere «The Last Jedi» ihr Unmöglichstes, das Andenken an George Lucas’ Vision in Grund und Boden zu rammen. Vorbehalte gegenüber «Solo» sind da mehr als begründet, jedoch nicht zwingend berechtigt.   

 

 

«Solo» ist zumindest inhaltlich nicht das schwarze Loch, das Kennedys Star Wars Universum – speziell nach «The Last Jedi» – verdient gehabt hätte. «Solo» ist unterhaltsam, stellenweise spassig und ein bisschen ergreifend. Aber eben «nur» das. Eine verpasste Chance, die sich so anfühlt, als hätte man Modern Talking damit beauftragt, ein Depeche Mode-Musical zu schreiben.  

  • Solo: A Star Wars Story (USA, 2018)
  • Regie: Ron Howard
  • Darsteller: Alden Ehrenreich, Emilia Clarke, Donald Glover, Woody Harrelson
  • Laufzeit: 135 Minuten
  • Kinostart: 24. Mai 2018
  • Post-Credit-Szene: Nein

 

Mike Mateescu / Do, 24. Mai 2018