Die Sphinx ohne Geheimnis

Movie-Kritik: Paper Towns - Margos Spuren
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© Twentieth Century Fox Film Corporation.

Männliche Filmcharaktere brauchen oft einen Tritt in den Hintern. Diesen erhalten sie häufig von mysteriösen jungen Damen, die scheinbar nichts Besseres zu tun haben,  als die jungen Herren auf den richtigen Weg zu führen. Legendär bleibt bis anhin Kirsten Dunsts Auftritt in Cameron Crowe’s «Elizabethtown». Filmkritiker Nathan Rabin gab Dunsts Figur schliesslich den prägenden Titel «Manic Pixie Dream Girl» (kurz: MPDG) und definierte sie wie folgt «that bubbly, shallow cinematic creature that exists solely in the fevered imaginations of sensitive writer-directors to teach broodingly soulful young men to embrace life and its infinite mysteries and adventures». Der Rest ist Geschichte.

 

 

Margo und der Nerd auf Racheaktion. 

 

Mit «Paper Towns – Margos Spuren» kommt nun ein Film in die Kinos, der die Idee der MPDG weiterentwickelt. Dies behauptet zumindest das Onlinemagazine Indiewire und nennt Margo  –  den weiblichen Lead in «Paper Towns» - eine Art Meta-MPDG.  Margo (Cara Delevingne, «Anna Karenina») ist die schier unerreichbare Nachbarstochter, in die Nerd Quentin (Nat Wolff, «The Fault in our Stars») seit der ersten Begegnung in Kindertagen verliebt ist. Im Abschlussjahr der High School passiert dann das Unmögliche: Margo schleicht sich eines Abends in Quentins Zimmer und rekrutiert ihn als Komplizen für ihren Rachefeldzug. (Ex)-Freund Jase betrog Margo mit Kollegin Becca und muss nun dafür büssen. Margo schreckt an der mitternächtlichen Aktion vor nichts zurück und verewigt sich bei ihren Feinden mit einem grossen M (Zorro lässt grüssen). Nach dieser aufregenden Nacht erlebt Quentin am nächsten Tag ein böses Erwachen: Margo ist weg. Und sie bleibt auch an den folgenden Tagen verschwunden. Margo – so schreibt Indiewire – entzieht sich quasi ihrem MPDG-Schicksal, indem sie einfach von der Bildfläche verschwindet. 

 

Die MDPG-Meister. 

 

«Paper Towns» basiert auf dem gleichnamigen Roman von John Green. Genauso wie auch schon bei der Filmadaption von «The Fault in our Stars» schrieben Scott Neustadter und Michael H. Weber die dazugehörige Drehbuchadaption. In der Sparte MDPG konnten die beiden Filmautoren mit dem Indiehit «500 Days of Summer» bereits sehr profane Erfahrungen sammeln. Denkt man an Zooey Deschanels Titelgebende Summer, kann sogar von MDPG-Meistern gesprochen werden. Und die beiden Schreiberlinge - oder zumindest Scott Neustadter, auf dessen eigenen Erfahrungen der Film basiert – kennen die Basis aller mysteriöser Geschöpfe: Oscar Wildes «Sphinx ohne Geheimnis». Dass sie mit dem Werk des irischen Schriftstellers bekannt sind, ist seit jener Szene klar, in der Summer Filmheld Tom (Joseph Gordon-Levitt) erklärt, sie habe ihren Mann kennengelernt als sie Wildes «The Picture of Dorian Gray» las. 

 

 

Happy End? Quentin und Margo kommen sich näher. 

 

Doch wie hängt jetzt Margos Verschwinden in «Paper Towns» mit einer 1887 erschienen Kurzgeschichte zusammen? Wie es der Zufall so will, besitzen die Titelgebende Sphinx und Margo ein und dasselbe Geheimnis. Um was es sich dabei handelt, kann nachgelesen oder nachgeschaut werden. Fakt ist, dass «Paper Towns» auf lustige Weise eine moderne Adaption der Wilde-Erzählung darstellt und zum genau gleichen Fazit kommt. Der Film ist eine originelle «Coming of Age»-Story, die dank den charismatischen Darstellern, einer sehr guten Musikmischung (Vampire Weekend bis Woody Guthrie) und schön eingefangenen Bildern, in vielen von uns die Nostalgie nach längst vergangenen Schultagen wachrüttelt. Und wer genau hinschaut erkennt auch den «Manic Pixie Dream Boy» in einem kleinen Cameoauftritt. 

 

«Paper Towns» schafft es, aus einer relativ simplen Story ein vielschichtiges Märchen über falsche Vorstellungen, irreführende Erwartungen und den ganz normalen Zauber der Jugend zu machen. 

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  • Paper Towns (USA 2015)
  • Regie:  Jake Schreier
  • Drehbuch: Scott Neustadter & Michael H. Weber
  • Buch: John Green
  • Besetzung:  Nat Wolff, Cara Delevingne, Austin Abrams, Justice Smith, Ansel Elgort
  • Dauer:  109 Minuten

 

Bildquelle: © Twentieth Century Fox Film Corporation. All Rights Reserved.

Tanja Lipak / Mi, 29. Jul 2015