Die Reise an einen Ort voller Geister

Movie-Kritik: The Water Diviner
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© Universal Pictures International Switzerland.

«Ich finde sie und bringe sie dir zurück.» Das verspricht der australische Farmer Joshua Connor (Russell Crowe, «Noah», «Gladiator») am Grab seiner Frau. Doch es ist kein leichtes Unterfangen, dieses Versprechen zu halten. Es ist das Jahr 1919. Der 1. Weltkrieg ist zu Ende und mit ihm das Leben von Millionen von Menschen. Auch Connors drei Söhne gelten seit der Schlacht von Gallipoli im Jahre 1915 als verschollen. Um sie zu finden, macht sich Connor auf die beschwerliche Reise nach Istanbul, um die dortigen Behörden um Unterstützung zu bitten. Allerdings sind diese nicht wirklich davon angetan, einem Angehörigen des Kriegsgegners zu helfen. So entschliesst er sich dazu, seine Söhne auf eigene Faust zu finden.

 

Ayshe (Olga Kurylenko, «Oblivion», «Quantum of Solace»), die Besitzerin des Hotels in dem Connor unterkommt, erklärt ihm nach anfänglichem Misstrauen, wie er Gallipoli auf dem Wasserweg erreichen und somit die Kontrollen umgehen kann. Denn der einstige Schlachtplatz ist immer noch militärisches Sperrgebiet und die ehemaligen Kriegsgegner gerade dabei, die Überreste der gefallenen Soldaten zu identifizieren. Connor allerdings lässt sich nicht abwimmeln und seine Fähigkeit, Wasser auch tief unter der Erde aufzuspüren, hilft ihm dabei, in kurzer Zeit die Gräber zweier seiner Söhne zu finden. Den dritten Sohn erkennt der türkische Major Hasan (Yılmaz Erdoğan, «Once Upon A Time In Anatolia») auf einer Fotografie wieder, als einen, der mit grosser Wahrscheinlichkeit die Kriegsgefangenschaft überlebt hat. Trotz der instabilen Lage in Anatolien, begibt sich Connor auf eine ungewisse Reise, die ihn geradezu ins Herz des Mystizismus führt.

 

Vater und Sohn geniessen die Ruhe.  

 

Die Schlacht von Gallipoli ist für die beteiligten Parteien immer noch von grosser Bedeutung. Jährlich gedenken Australien, Neuseeland, Grossbritannien und die Türkei den Opfern mit offiziellen Zeremonien. Russell Crowe wählte dieses Ereignis als Hin-tergrund für sein Regiedebüt, das eine Mischung aus Abenteuer-, Kriegsfilm und Familiendrama ist. Verfeinert mit Pathos, Mystizismus und Geschichten aus 1001 Nacht ist ein Film epischen Ausmasses entstanden, der die Zuschauer in seinen Bann zieht.

 

Zugegeben, die Kombination all dieser Genreelemente ist riskant, denn die Gefahr ist gross, dass es zu einem Ungleichgewicht der Elemente kommt und die Geschichte auseinanderfällt. Bei «The Water Diviner» muss allerdings gesagt werden, dass sich trotz einiger Schwächen eine Hauptthematik herauskristallisiert, die so packend und berührend ist, dass über die Schwachstellen getrost hinweggesehen werden kann.

 

 

Joshua auf der Suche nach seinen Söhnen. 

 

Der Fokus des Films liegt eindeutig auf der starken Bindung eines Vaters zu seinen Söhnen und der engen Beziehung zwischen den Brüdern. Während der Vater trotz aller Widerstände nach ihnen sucht, werden immer wieder Szenen aus der Schlacht hineingeschnitten, entweder als Erinnerungen der Soldaten oder als intuitive Bilder, die Connor vor seinem inneren Auge heraufbeschwört. Crowe ist die Darstellung des Kriegs überzeugend gelungen. Er verzichtet auf die üblichen Schuldzuweisungen und das Böse oder der Feind wird nicht als anonyme Einheit dargestellt. Was wir zu Gesicht bekommen sind Einzelschicksale, die gezeichnet sind von Angst und Todeskampf. Die Sinnlosigkeit und Brutalität des Kriegs werden so deutlich hervorgehoben. Genauso wie erschütternde Verzweiflungstaten, zu denen ein Mensch glaubt, nie fähig sein zu können. 

 

Weniger überzeugend ist hingegen die sich langsam anbahnende Liebesgeschichte zwischen Connor und der Hotelbesitzerin Ayshe. Sie wirkt zu konstruiert und ist der Geschichte kaum zuträglich. Die Tatsache, dass ein Mann, der seine Söhne sucht, auch noch heldenhaft die Ehre einer verwitweten Frau rettet, erscheint in diesem Fall als zu übertrieben und zu klischeebehaftet. Nichtsdestotrotz überzeugt «The Water Diviner», indem er die Brutalität des Krieges mit der Mystik und der Märchenhaftigkeit des Orients verbindet. 

 

Berührend und aufrüttelnd zugleich und in eindrücklichen Bildern entfaltet sich die Geschichte vor den Augen der Zuschauer und lässt sie in diese Welt eintauchen.

 

  • The Water Diviner (Australen / USA / Türkei 2014)
  • Regie: Russell Crowe
  • Drehbuch: Andrew Knight, Andrew Anastasios
  • Darsteller: Russell Crowe, Olga Kurylenko, Jai Courtney, Yılmaz Erdoğan
  • Laufzeit: 106 Minuten
  • Kinostart: 7. Mai 2015  

 

 

Bilder: © Universal Pictures International Switzerland. All Rights Reserved.

Sule Durmazkeser / Mi, 06. Mai 2015