Des FBI bester Freund

Movie-Kritik: Black Mass
Bildquelle: 
Warner Brothers

Johnny schlüpft 6 Jahre nach «Public Enemies» erneut in die Rolle eines Mafioso. In die von James «Whitey» Bulger, um genau zu sein. Bulger machte in den 70er-Jahren von sich reden, als er nicht nur Südboston, sondern auch das FBI regierte. Letzteres natürlich inoffiziell. John Connolly (Joel Edgerton, «Exodus: Gods and Kings») - Bulgers Freund aus Kindertagen - handelte einen heiklen Deal aus: Bulger liefert der Sicherheitsbehörde Informationen über die italienische Mafia und im Gegenzug legt das FBI zwischenzeitlich ihre Ermittlungen gegen Bulger auf Eis. Ein Glücksfall! Bulgers Machenschaften erleben ihren Höhenflug.

 

 

Johnny Depp ist bekannt für exzentrische Charaktere.  Vor Make-Up, Perücken und ausgefallenen Kostümen schreckt der Mime nicht zurück. Trotz dieser Offenheit und Diversität haftet Depp ein gewisses Typecasting an, nämlich die des Paradiesvogels (Edward mit den Scherenhänden, Jack Sparrow, Der Uhrenmacher). Die ersten Bilder von «Black Mass» gaben deshalb Grund zur Sorge, der Darsteller ist mit stahlblauen Augen, streng zurückgekämmten blonden Haaren und der dazugehörigen Halbglatze nicht wiederzuerkennen. Physisch jedenfalls, doch fällt er aufgrund übertriebener Gestik erneut in alte Muster? Nein, dies tut er nicht. «Black Mass» gibt Depp die Möglichkeit, sein Repertoire weiter auszuschöpfen. Er ist ruhig, gerissen und bösartig, wie nie zuvor. Ein Triumph für den Schauspieler, der in letzter Zeit nicht mit Box-Office-Erfolgen punkten konnte.

 

 

 

Wie viel Erfolg der Film schlussendlich bekommen wird, hängt  -  wie häufig - weniger von der bravourösen Leistung der Filmschaffenden ab, als von der Reaktion des Publikums. Ein Vergleich mit Grössen des Genres wie Scorsese oder Coppola ist nicht fair, da Regisseur Scott Cooper («Out oft he Furnace») im Gegensatz zu den Kultregisseuren keine fiktionale Geschichte erzählt. Und auch nicht primär eine über die Mafia. «Black Mass» umfasst das ganze gesellschaftliche Spektrum. Die Mafia, die Nachbarschaft und Verwandtschaft, das FBI und die Regierung. Eine der delikatesten Fakten des Bulger-Falls ist jene, dass sein Bruder Billy Bulger (ebenfalls fast unverkennbar: Benedict Cumberbatch, «Sherlock Holmes») im Senat sass und von den Machenschaften seines Bruders wusste. Wer nun von einer zerstrittenen oder sich gegenseitig «aushelfenden» Bruderschaft ausgeht, wird eines besseren belehrt. Wie gesagt «Black Mass» spiegelt weniger ein klares Schwarz-Weiss, als vielmehr die unheilige Verbindung zwischen Rechtsstaat und Mafiasystem wieder. Deshalb ist es zugleich auch ein starkes Charakterstück mit vielen berührenden weiblichen Nebenrollen (Dakota Johnson, Juno Temple), die die Auswirkungen des kaputten Systems aufzeigen und weniger ein Mafiaepos.

 

Regisseur Scott Cooper erschuf ein packendes Gangster- und Gesellschaftsepos, wie man es nicht alle Tage sieht. Kein Mafiafilm per se, aber Cooper ist auf besten Weg zum Kultstatus eines Coppola oder Scorsese.

 

Black Mass (USA 2015)

Regie: Scott Cooper

Besetzung: Johnny Depp, Joel Elgerton, Juno Temple, Dakota Johnson, Benedict Cumberbatch, Kevin Bacon

Dauer: 122 Minuten

Jetzt im Kino

 

Tanja Lipak / So, 25. Okt 2015