Cool. Kühler. Kunst.

Kunst-Kritik: Jungkunst 2017
Bildquelle: 
© Mike Mateescu

Es ist ein grauer, nasskalter Sonntagnachmittag in der alten Industrie-Ecke beim Winterthurer Bahnhof. Zugang zur Kunst erhält man nicht einfach so. Merke ich schon an der Kasse. Man will mich zunächst nicht gratis in die Halle 51 lassen. Die neue Ausstellungsfläche wirkt kleiner als jene, die ich 2013 besuchte. Der Eingang ist von schauriger Musik und das Hallenende von Fettgeruch erfüllt. Herabhängende Tücher dienen als Projektionsfläche und Begrenzungen. 

 

Ich weiss nicht wohin mit den Augen, denn die Abstände zwischen den Schöpfungen von gut zwei Dutzend Künstler*innen sind gross. Es gibt Gemälde, Skulpturen, Basteleien und sogar eine Gartenabteilung. Doch dazu später. Erst besuche ich den Containerpark der ZHdK. Dort kann man mit Joypads abstrakte Videospiele auf iMacs testen. Videospiele. iMacs. Die ZHdK mag es gerne elitär. 

 

Etwas ausgefallener ist da der Echtzeit-Flipperkasten. Mit Mikrofonen, Instrumenten und Schildern wie «Game Over» kommentiert ein Künstlerteam den Verlauf auf einem mechanischen Automaten, der per Video auf eine Leinwand in einer nebenstehenden abgedunkelten Spielstation übertagen wird. Von dort wird der Kasten von Besuchern gesteuert. Es ist gleichzeitig der Ursprung der schaurigen Musik. 

 

Fotos: © Mike Mateescu

 

 

Schief herabhängende Holzpaletten laden zum Schaukeln ein und dahinter passiere ich mehrere Theken mit Buntstiften. Personal schleicht umher. Es ist der Verkaufsstand einer Papeterie. So sieht Native Advertising in der realen Welt aus.

 

Ich wende mich der Gebildkunst zu, treffe auf Gartenzwerge fürs dreiundzwanzigste Jahrhundert und Vogelhäuschen vom Raumschiff Enterprise. Skelettierte Himmelskörper prangen einzeln vor sternenlosem Weltraum. Dabei handelt es sich jedoch um Irdisches. «Salami auf Holz». Ein Drucker spuckt endlose Kassenbelege mit maschinell erzeugten Kinderzeichnungen aus. Bildschirme spielen japanisch anmutende Videowerbung ab. Angehängte Kopfhörer bleiben stumm. 

 

Fortgeschrittene können sich für zweieinhalb Tausend Porträts von kritisch blickenden Damen und wenigen Herren sichern. Das Sujet zieht sich durch die Ausstellung. Und wird man nicht säuerlich angestarrt, handelt es sich um eine Rückenansicht – von denen erstaunlich viele herumstehen. 

 

Eins der Herzstücke ist das mit Plastik ausgekleidete Holzhäuschen. Im Inneren hängt eine Apparatur und gibt Seifenblasen ab – streng nach Stundenplan. Mein heimlicher Favorit ist jedoch der geschundene Boden der Fabrikhalle. In Punkto Spannung und Ansehnlichkeit macht er so manchen Ausstellungsstücken was vor.  

 

Der Super-Hotdog im Bistro hat mir zu wenig Salami. Kaffee ohne Milch oder Rahm kann ich nicht. Und für Gin Tonic ist es gewiss zu früh. Selbst wenn er nur sieben Stutz kostet. Zeit zu gehen. Einige gelungene Eindrücke werde ich mit mir nehmen.

 

Kunst ist es dann, wenn ich nicht verstehe, wie es gemacht wurde, wenn es zu mir spricht oder mich lassen lässt. Draussen ist das Wetter kalt, distanziert und macht eine Annäherung schwierig. Das traf schon auf drinnen zu. Ich glaube für Kunstausstellungen gehört sich das so. Alles andere wäre profan und Unterhaltung. 

Mike Mateescu / Di, 31. Okt 2017