Gloria finden zu alter Stärke

CD-Kritik: Gloria mit DA
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© Grönland Records

«Es lebe die Stille, wir bleiben ohne Worte hier. Es lebe die Stille, Ruhe soll regieren», heisst es in «Stille», dem letzten Song der neuen Platte von Gloria. Ein kleiner Appell, sich von Zwängen und Ketten zu befreien und sich selbst treu zu bleiben. Quasi den Lärm rundherum einfach mal ausblenden. Gloria verstecken den berührendsten Song auf ihrer dritten Platte «DA» ganz am Schluss. Es lohnt sich also, bis ans Ende der neun Songs zu hören. Aber Mark Tavassol und Klaas Heufer-Umlauf, die gemeinsam das Duo bilden, machen es einem nicht schwer bis dorthin. 

 

Eleganter Indie-Rock mit nachdenklichen Texten 

 

Mit geschickter Mischung aus Gesang und instrumentaler Untermalung gelingt den beiden wieder ein durchwegs gelungenes Album, das nahe an das Debüt «Gloria» heranreicht. Wieder ist da die sanfte Grossstadt-Melancholie, die von Sehnsucht getriebenen Beobachtungen in der Betonwüste, die das erste Album so packend gemacht hat. Mit «Der Sturm» wird man beim neuen Album empfangen. Eleganter Indie-Rock mit gewohnt nachdenklichen Texten. Auch wenn man Klaas eher als Radikal-TV-Clown kennt, kann er mit Gloria seine tiefgründige Seite ausleben. «Wenn es für ein Jahr ist, macht es uns reicher, auch wenn es Narben sind, die bleiben, wenn es für ein Leben nicht ganz reicht.» singt Klaas in «Narben» über Beziehungen und den Mut, sich zu trauen. Damit trifft er ein Thema, das in der Zeit, in der das Leben zunehmend online verläuft, wichtig ist. Wunden verheilen, Narben erzählen Geschichten eines Lebens, Menschen gehören dazu. «Narben» zählt zu den ganz frühen Highlights der Platte. 

 

Gloria - «Immer noch da»

 

Es ist nicht so, dass Klaas und Mark, der früher bei Wir sind Helden spielte, nicht auf allen drei bisherigen Platten strikt ihren Weg gegangen wären. Wo das Debüt als unverkrampftes Polaroid des hektischen Lebens von jungen, urbanen Menschen hervorragend funktioniert hat, wirkte beim zweiten Album das Songwriting etwas gar verkopft. Vielleicht war der berühmte Druck, mit dem zweiten Album den erfolgreichen Erstling künstlerisch zu toppen, doch gar gross. Dafür ist jetzt diese unverkrampfte und lebensbejahende Melancholie wieder im Zentrum und der Eindruck entsteht, dass die beiden Freunde auch der Musik noch mehr Raum gegeben haben, die Melodien mal aufbrechen lassen und instrumentale Passagen grosszügiger einbauen. 

 

Bei «DA» greifen die Elemente auf der vollen Länge

 

«DA» lebt aber auch von den sanften Gegensätzen. Da sind die mal schwelgerischen, traurigen und mal rationalen Themen in den geschliffenen und doch nie aalglatten Texten gegenüber der wohl oft bewusst leicht wirkenden Melodien, die aber mehr im Zentrum stehen als bei früheren Gloria-Songs. Diese Elemente greifen über die ganze Platte hinweg. Gloria möchten Indie-Pop mit Verstand machen – wollten sie immer - und musikalisch geht diesen Anspruch auf dem dritten Album ideal auf. Immer wieder kann man in Interviews lesen, dass das Projekt für sie ein grosser Spass sei. Das glaubt man Mark und Klaas mit jedem Wort und jedem Akkord und jeder Note auf «DA». «Alles, was ich mache, hat Priorität. Es ist sicher gut für irgendwen», singt Klaas in «Süchtig», als wollte er diesen Eindruck unterstreichen. 

 

Gloria gelingt mit der dritten Platte eine starke Mischung aus dem entspannten Debüt und dem etwas schwerfälligeren Nachfolger. Auf «DA» haben Mark und Klaas wieder sämtliche Zwänge abgelegt und machen Musik mit Herz und Seele.

 

  • Band: Gloria
  • Album: DA
  • Im Handel: ab 13. Oktober 2017

 

Patrick Holenstein / Di, 17. Okt 2017