Wir hatten durchs Band einen super Sommer.

Interview mit Dabu Fantastic
Bildquelle: 
Bäckstage / © Patrick Holenstein

Selbst im Backstage-Zelt war es an diesem Tag nicht erfrischend kühl. Die Sonne brannte, aber das machte Dabu und DJ Arts überhaupt nichts aus. Beim sehr angenehmen Gespräch sprachen sie über die Bedeutung von Mundart, «Dabu-Songs» waren ein Thema und die Ästhetik in ihren Clips. 

 

Ich stand vor eine Stunde im Bühnengraben, um euch zu fotografieren. Plötzlich war ein Schlachtruf zu hören. Das wart sicher ihr. Habt ihr ein Ritual, das ihr pflegt, bevor ihr auf die Bühne geht?

 

DJ Arts: Das, was du gehört hast, machen wir eigentlich immer. Wie beschwören uns nochmal, die ganze Band kommt nahe zusammen und gibt sich gegenseitig Energie. Das funktioniert meistens ziemlich gut.

 

Dabu: Oft ist das recht lustig, weil es ein paar Teile drin hat, die man ändern und so quasi improvisieren kann. So lacht man zusammen und gemeinsam lachen ist eine gute Voraussetzung, um auf die Bühne zu gehen. 

 

Ihr seid schon den ganzen Sommer unterwegs und habt auf Facebook eure Festival-Saison ausführlich dokumentiert. An welches Festival erinnert ihr euch am liebsten?

 

Dabu: Es war insgesamt ein wundervoller Sommer, das kann man sagen. Natürlich ist es ein Highlight, auf der Hauptbühne am Openair St. Gallen vor so vielen Menschen spielen zu dürfen. Oder das Pfadifest, bei dem wir letztes Wochenende in Menzingen waren, ist uns in guter Erinnerung geblieben. Dort waren die Leute in einer extrem guten Stimmung und es hatte sehr viele Menschen. Aber auch Konzert im Seebad Enge, das sehr klein ist, war sehr geil. Wir hatten durchs Band einen super Sommer. 

 

Ich bin kürzlich beim Zappen am Clip zu «Morn wieder» hängen geblieben. Der Clip spielt wunderbar mit der Ästhetik und nutzt die Bildsprache auf verspielte Weise. Wie entstand die Idee zum Clip?

 

Dabu: Ich schreibe im Song ja «ich schwieg der morn wieder», also nicht schreiben, sondern schweigen und das hat damit zu tun, dass man jemanden unbedingt erreichen will und nicht kann. Heutzutage ist der Normalfall, dass man jemanden jederzeit erreichen kann. Dann geht aber jemand beispielsweise auf Reisen und sagt, «Ich habe mein Natel ausgeschaltet». Dann merkst du wieder, was es heisst, sich zu schweigen. Und so fühlt es sich dann an, wie wenn man in einer Blase ist, so wie ich im Clip in einer Blase bin. Es ist quasi die Umsetzung des Songs aus der Sicht des Regisseurs. 

 

Dabu: In der ersten halben Stunde gab es sehr viele positive Reaktionen. Von Leuten, die es witzig fanden und auch gecheckt haben, dass es sich um einen Aprilscherz handelt. Die zweite halbe Stunde war dann eher gehässig.

 

 

Das ist aber nur ein Aspekt. Ihr habt zusätzlich gespiegelte Bilder im Hintergrund. Wie habt ihr die Locations dafür gefunden? Das muss sehr gut passen. 

Dabu: Da kann ich dir nicht wirklich eine Antwort geben. Dahinter stecken die Jungs von getsomepopcorn.com. Die machen allgemein coole Sachen und die haben sich darum gekümmert und gesagt, «Dabu, jetzt gehen wir dort hin und du stehst wieder in dieses Ding rein und wir blasen es auf. Aber nach 25 Minuten musst du raus sein, sonst stirbst du».  

DJ Arts: Keine Luft mehr. (lacht)

 

 

War von Anfang an klar, dass der Clip in Schwarz/Weiss gedreht werden soll? 

Dabu: Ja, das war sofort klar. Die Locations wurden auch so ausgewählt, dass sie in Schwarz/Weiss wirken. 

 

Ich habe über euch gelesen, dass ihr immer für einen Spass zu haben seid. Zum Beispiel habt ihr mit Radio SRF zusammen einen Aprilscherz gemacht und die Single «Vo vorn» eine Stunde lang ununterbrochen gesendet. Was habt ihr für Reaktionen bekommen?

 

Dabu: Die Idee kam ja von SRF. Sie haben uns gesagt, dass sie die Idee seit Jahren hätten, aber nie der passende Song gefunden wurde. «Vo vorn» ist natürlich ein Song, der sich dafür eignet. In der ersten halben Stunde gab es sehr viele positive Reaktionen. Von Leuten, die es witzig fanden und auch gecheckt haben, dass es sich um einen Aprilscherz handelt. Die zweite halbe Stunde war dann eher gehässig. Da haben Leute gesagt, «und dafür zahlen wir Billag». Weißt du, Leute, die immer jammern und denen es selbst nicht gut geht, die werden an solchen Sachen nie Freude haben. Aber viele haben SRF 3 schon gratuliert, weil es doch ziemlich mutig ist, so etwas zu machen. 

Galerie: Dabu Fantastic am Zurich Openair 2015:

 

Habt ihr bei Konzerten noch immer Einwegkameras dabei, um zu dokumentieren? Was passiert mit diesem Material? Wieso nehmt ihr Einwegkameras?

 

(Dabu zückt eine Einwegkamera und knipst ein Bild vom Interview)

 

Andi: Es ist ein geiler Kontrast. Sonst ist vieles schön und in Hochglanz oder mit Weitwinkel fotografiert und sieht nach tausend Millionen Menschen aus. Wenn es aber mal ein bisschen ungeschminkt und nackt und überbelichtet ist und man sieht, wie es wirklich ist, so hat das etwas. Das Material kommt jeweils auf Facebook und dort kann man es anschauen. 

 

Hört man eure Musik, wirkt sie aber nicht immer verspielt. Manchmal sind die Lyrics sehr düster. Ich denke an «Lawine». Wie ist der Song entstanden?  

Dabu: Morgen ist das Album ein Jahr auf dem Markt und du bist der Erste, der uns auf «Lawine» anspricht. «Find i huere geil!» Das ist ein klassischer Dabu-Song aus den letzten vier, fünf Jahren. Davon gibt es extrem viele, die nie veröffentlicht wurden. Die fallen mit relativ leicht, aber ich werde sie in nächster Zukunft nicht mehr machen, weil es wie ein wenig vorbei ist. Es gab aber eine Zeit, in der es mir nicht so gut ging, und dieses Gefühl konnte ich sehr lange wieder hervorholen. «Lawine» ist ein Song, in dem  ich eine Situation beschreibe, die so nicht stattgefunden hat. Aber ich glaube, jeder steht mal neben seiner Freundin oder Frau auf und denkt, «ab morgen es geht einfach nicht mehr», und am Abend kommt er heim und denk sich, dass es eigentlich doch wieder geht. Die Situation kennen, glaube ich, viele Leute. 

 

Ihr arbeitet sowieso gerne mit Ironie oder Metaphern. Wie viel Wert legt ihr auf die Lyrics, also auf die Sprache?

 

Dabu: Schon viel. Aber Andi ist da härter dran. Er achtet darauf, dass ich keine Germanismen benutze…

 

(DJ Arts lacht)

 

Dabu: … dass es wirklich Mundart ist und nicht zu viele Anglizismen drin sind. Ich denke, wenn du Mundartmusik machst, ist die Sprache ganz vorn. Es ist das, was die Leute zuerst hören, und worauf die Leute zuerst achten. Wenn du dir da nicht wirklich Mühe gibst und es seriös machst, dann hast du deine Arbeit nicht gut gemacht. Uns ist es sehr wichtig.

 

 

DJ Arts: Aber in der heutigen Zeit kommst du als Musiker nicht mehr um den Computer herum. Wir lieben halt einfach Knöpfe und Schalter und alles, was man drücken kann, ist unser Ding.

 

 

Wie lange muss ein Text reifen, bis du damit zufrieden bist?

 

Dabu: Das geht von einer halben Stunde, bis zu mehreren Jahren. Es gibt Song, die sind von der Skizze bis zum fertigen Text Jahre alt. Dann gibt es aber Songs wie beispielsweise «Disco Titanic», das Intro vom vorletzten Album, da dauerte es um zwanzig Minuten, um es zu schreiben, dann war der Text da und ich habe kein Wort mehr geändert. Das gibt es dann auch. 

 

Stimmt es, dass ihr nur mit analogem Equipment arbeitet? Wieso das?  

DJ Arts: «Nur» mit analogem Equipment ist ziemlich falsch. (beide lachen) Nein, es ist so, dass wir analog gemischt haben. Aber in der heutigen Zeit kommst du als Musiker nicht mehr um den Computer herum. Wir lieben halt einfach Knöpfe und Schalter und alles, was man drücken kann, ist unser Ding. So machen wir schon am liebsten Musik, wenn man die Geräte anfassen kann. Aber von den Geräten sind schon auch einige digital. 

Dabu: Dabei spielt das Gefühl mit, Zeug zu nutzen, bei dem du nicht 100% weisst, was es macht. Das ist das Schöne an analogem Equipment. Du drückst irgendwas und plötzlich hast du einen Sound, von dem du nicht weiss, wo her kommt, der aber passt. Das ist witzig. 

 

Dabu Fantastic - «Morn wider»

 

Patrick Holenstein / Mo, 07. Sep 2015