Das verpasste Interview mit Efterklang

Verpasstes Interview: Efterklang
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Pressebild / www.efterklang.net

Eigentlich war der Termin dick im Kalender markiert, rot umrandet und doppelt unterstrichen. «One Of A Million»-Festival in Baden und Interview mit Efterklang! Die dänischen Klangcineasten hatten sich zwischen Radiointerview und Liveauftritt extra Zeit für Bäckstage freigeschaufelt.  Und dann das. Krank im Bett und kurzfristig war kein Ersatz für das Interview zu finden. «Dumm gelaufen», könnte man keuchend rufen und die ganze Übung als gescheitert ad acta legen. Aber das muss auch anders gehen. Vielleicht würden sich die wichtigsten Fragen auch auf andere Weise beantworten lassen. So stellen wir einige interessante Fragen zu Efterklang eben rein rhetorisch und beantworten sie gleich selbst. 

 

Wieso trägt das aktuelle Album den Namen «Piramida»?

 

Bevor Efterklang die Arbeit am neuen Album angefangen haben, reisten sie im August 2011 in den hohen Norden. Nur circa 1‘000 Kilometer vom Nordpol entfernt liegt Spitzbergen. Auf der Insel am nördlichen Ende der Welt existiert die verlassene Kohlemine Piramida. Dorthin haben sich Efterklang für zehn Tage zurückgezogen, um Inspiration für neues Material zu finden. Dafür ist die karge Landschaft um Piramida wie geschaffen, quasi der ideale Ort, gerade für die verträumte und filmische Musik von Efterklang. Zum Beispiel hat es der Band ein riesiges, altes Ölfass angetan, aus dem Spikes hervortraten. Sie brachten den rostigen Zeitzeugen irgendwie zum Klingen und zeichneten das Ergebnis auf. Innert der guten Woche, in der die Band im hohen Norden war, sammelten sich so rund 1‘000 unterschiedlichste Klänge, Töne oder Soundfragmente auf den Aufnahmegeräten. Das gesammelte Rohmaterial verschifften Efterklang direkt nach Berlin, wo sie damit begannen, ihr neues Album zu kreieren. Insgesamt dauerten die Arbeiten am Album zehn Monate. Das klangliche Vermächtnis des erwähnten Fasses wurde beispielsweise zum Intro der ersten Single «Hollow Mountain». Der Clip zum Song beinhaltet zudem einige Fotos, die die Band selbst in Piramida gemacht hat. Es ist also offensichtlich, dass der Name «Piramida» so etwas wie den Ursprung für das aktuelle Efterklang-Album markiert und insofern bestens passt.

 

Wieso hat der dänische Regisseur Andreas Koefoed die Band nach Piramida begleitet?

 

Erklärtes Ziel war es, die Sound-Expedition des dänischen Trios zu dokumentieren und den Trip visuell einzufangen. Efterklang sind in ihrem Verständnis eine sehr visuelle Band. Sie lieben es, ihre Musik mit Videos und Filmsequenzen zu kombinieren, was sich in den Videoclips zu ihren Liedern deutlich zeigt. So war der Weg zur Dokumentation als Ergänzung beziehungsweise als Begleitung zum Album naheliegend. Regisseur Koefoed wollte jedoch nicht bloss der Band über die Schultern schauen. Er hat die Gelegenheit genutzt und zusammen mit Alexander, einem früheren Einwohner von Piramida, zusätzlich den geschichtlichen Aspekt der Geisterstadt beleuchtet. Die 57-minütige Dokumentation „The Ghost Of Piramida» hatte seine Premiere im November 2012 auf dem IDFA, dem weltweit grössten Dokumentarfestival, in Amsterdam. Mit der Dokumentation gehen Efterklang neue Wege. Besonders in der Distribution. Wer als Privatperson daran interessiert ist, darf den Film nämlich kostenlos öffentlich vorführen, wenn gewisse – sehr faire – Bedingungen eingehalten werden. Alle Infos gibt es hier: http://www.theghostofpiramida.com/host-a-screening/

 

Wie wichtig sind die Ton-Aufnahmen aus Piramida für das Album?

 

Elementar. Oft bilden die eingefangenen Sequenzen zwar «nur» einen Aspekt der Songs, tragen beispielsweise zur Atmosphäre bei, bilden einen quietschenden, dröhnenden oder knarrenden Teppich, sind als federleichte Nuancen präsent, fast wie Geister aus Piramida, und ordnen sich stets ganz natürlich in die Melodie-Strukturen ein. Der oft rohe, metallische Klang in den experimentellen Soundeffekten, erzeugt durch das Spiel mit den verträumten Melodien, die Efterklang geschrieben haben, eine Art Symbiose, die durchaus in den Bann zieht. Beim Song «Told To Be Fine» kehrt die Band das Prinzip aber ins Gegenteil. Auf dem Song ist kein Instrument zu hören. Sämtliche Rhythmuselemente stammen aus den Field Records, sind also in Piramida entstanden. Efterklang haben das Experiment, das in Piramida gestartet wurde, bis zur letzten Konsequenz durchgezogen. 

 

Wie kam es zur Aufführung in der Oper von Sidney?

 

Efterklang beschlossen sich für die Arbeit am Album keine Deadline zu setzen und sich viel Zeit zu lassen. Als jedoch das Angebot für ein Konzert in der Oper von Sidney inklusive dem gesamten Sinfonieorchester kam, konnte die Band nicht ablehnen. Einerseits war die Herausforderung, die Songs mit einem klassischen Orchester zu arrangieren, sehr verlockend und andererseits hat die Oper von Sydney, wie Rasmus Stolberg in einem Interview mit den Kollegen vom Bewegungsmelder kürzlich erklärt hat, in Dänemark einen besonderen Stellenwert, weil der Architekt ein Däne war. Als Efterklang im Mai 2012 in Sydney auf der Bühne standen, war das Album noch nicht fertig produziert und fand trotzdem seine Livepremiere. Man sei eben zweispurig gefahren, erklären Efterklang in einem anderen Interview, denn schliesslich sage man nicht nein, wenn man die Chance bekomme, mit dem Orchester der Oper von Sydney zu spielen. 

 

Die CD «Piramida» ist überall im Handel erhältlich. Efterklang sind gerade auf Tour. Die Schweizer Termine sind leider bereits gespielt. Aber das dänische Trio wird im Sommer auf Festival-Tour sein und höchstwahrscheinlich auch in der nationalen Open-Air-Saison eine Rolle spielen. Und beim nächsten Termin klappt es dann sicher auch mit dem Interview.

Patrick Holenstein / Di, 12. Feb 2013