Auf dem Weg zum grossen Träumer

Interview mit Peter Philippe Weiss
Bildquelle: 
© Peter Philippe Weiss

Peter Philippe Weiss widmete sein Leben dem Sound-Design und der Kunst. Was diese beiden Gebiete nun mit der Philosophie der Traumdeutung, Science-Fiction und Bob Dylan zu tun haben, verriet er uns im Interview.

 

Realistisch ist, dass selbst die Kunst einer Norm zu entsprechen hat. Es gibt Normen selbst unter Künstlern, doch für diese Welt hat der Basler Komponist, Sound-Designer, Klang- und Performancekünstler Peter Philippe Weiss, nicht viel übrig. Nein, eher scheint er diese Normen sprengen, sie durchbrechen und neu erfinden zu wollen. Um sie dann, in einem Anflug von neuer Inspiration, wieder komplett anders zu sortieren.
So hört sich zumindest die fantastische Welt seiner Musik an. Hört man die Werke «Purple Clouds» oder «Remembering», wirken sie wie eine Zeitreise, zieht einen der Sound fast schon in eine andere Dimension, in der das Aussergewöhnliche die Realität widerspiegelt – und nicht umgekehrt.

 

Science-Fiction in Ton. Mystische Film-Anekdoten als Sound. Als wäre man in einem Traum.

 

Es war vor fast drei Jahrzehnten, als der Künstler mit seiner Band «Duure Duure» (inspiriert von der britischen Musikgruppe «Duran Duran») performte, als die Lead-Sängerin plötzlich in Nina Hagen-Manier das selbst erfundene Satire-Märchen «Schneewittchen und King-Kong» erzählte. Diese Symbiose aus cineastischen Synthesizer-Atmosphären, Worten und der Stimme zog das Publikum in einen magischen Bann. Peter Philippe Weiss entdeckte eine völlig neue Art der Musikinterpretation – und seine Vision war geboren. «Ab dann war es viel experimentieren, ausprobieren, den Gedanken weiterspinnen. Mehr Text oder weniger, welche Sprache, welche Worte – vom Storytelling und irgendwann zur Poesie», erzählt der Musik-Allrounder, der alles an seinen Werken selbst kreiert. Doch was empfindet man, hört man in diese Werke hinein? Puren Wahnsinn. Science-Fiction in Ton. Mystische Film-Anekdoten als Sound. Als wäre man in einem Traum.

 

Besonders Träume spielen für diese Kunst eine besonders essenzielle Rolle – denn der «Träumer», wie sich Weiss in seinem Kunstprojekt selbst nennt, ist nicht ein wie vom Volk oft als schwärmerisch, romantisch, weltfremd dargestellter Mensch. Im Gegenteil: «Der Initialpunkt war 2014, als ich die Geschichte von Zhuangzi las: der chinesischer Philosoph und Dichter schrieb einst davon, wie er geträumt hatte, dass er ein Schmetterling war. Der Traum war so echt und real, dass Zhuangzi, als er wieder aufwachte, nicht mehr wusste, ob nun er vom Schmetterling geträumt hat, oder ob er nun der Traum des Schmetterlings war. So kam die Frage auf: Was ist Realität? Träumer waren seit Anbeginn der Zeit grosse, mystische und spirituelle Figuren wie Schamanen oder Mediziner. Sie konnten Träume deuten, Menschen durch diese heilen und eine neue Ebene des Bewusstseins erreichen. Somit kann man sagen, dass ich noch am Anfang des Weges bin, ein richtiger Träumer zu werden!»

 

Auch beim «Träumer» begann alles mit einem Traum, einer Vorstellung, die nun eine neue Realität schafft. Neue Kunst kreiert, neue Welten schafft. Das ist es wohl auch, was diese Werke so unterscheiden. Auch Künstler wie Bob Dylan bildeten eine neue Art der Genres, als er beispielsweise seine Poesie mit Country-Musik kreuzte. «Diese Art der Kunst war experimentell, sie war raffiniert. In meiner Welt fange ich nun die dramatischen Elemente, den Thrill von Filmen ein und lasse den Hörer seinen eigenen Film vor dem geistigen Auge sehen.»

 

Der wahre Traum: unabhängig sein

 

Der wahre Traum des Basler «Träumer» ist genauso gross, wie seine Kunst selbst: unabhängig zu sein. Ende 2021 soll zudem seine «Reality Check Cinema Tour» starten und mit diesem neuen Konzept die verschiedenen Sinne des Menschen ansprechen. Als Highlight kommt nächsten Februar sein Debut-Album «instant_dreams» heraus – auch als Vinyl-LP! Den Vorverkauf dafür hat er schon gestartet.


Heute würde Musik oft so gestaltet, dass sie dem Geschmack der Gesellschaft entspricht, seine Musik bezwecke genau das Gegenteil: «Das Schöne ist doch, wenn sie uns überrascht, etwas konstruiert, das vorher nicht war.»

Wie in einem Traum.

 

Der Träumer - «Purple Clouds»

 

 

Shqipe Sylejmani / Do, 10. Dez 2020