Standing Ovations für Lunik

Konzertkritik: Lunik & Kammerorchester
Bildquelle: 
Dominique Rais

Das lange Warten und Bangen hatte ein Ende. Lunik sind wieder zurück auf den Schweizer Bühnen – wenn auch als Trio. Schlagzeuger Chrigel Bosshard verliess Ende letzten Jahres die Band, Jaël, Luk Zimmermann und Cédric Monnier beschlossen trotzdem weiterzumachen.

 

«What Is Next» ist der Titel ihres aktuellen Albums, das Mitte August erschien und die bisher wohl vielfältigste Platte der Berner Musiker. Zum Auftakt ihrer Tournee sorgten Lunik am Sonntag in der Tonhalle für einen ganz besonderen musikalischen Leckerbissen. Eine fulminante Präsentation ihrer Songs in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Kammerorchester – einmalig und einzigartig.

 

 Von Liebe, Veränderung und Selbstbestimmung

 

Auch wenn die neue Lunik-Platte im Mittelpunkt des Konzertabends stand, so liess es sich Jaël doch nicht nehmen auch Songs wie «How Can I Tell You» oder «Born To Be Sad» vom 2010 erschienenen Album «Small Lights In The Dark» zu performen. Wenn Jaël singt, dann erzählt sie meist von der Liebe, ihren Höhen und Tiefen. Von zwischenmenschlichen Beziehungen, Veränderungen, Selbstbestimmung, Niederlage und Sieg.

 

 

«There’s a box in a box in a box in my head», sang die Bernerin, da ihr angesichts der rund 1‘300 Zuhörer schlicht und einfach die Worte fehlten. Vom ersten bis zum letzten Takt war es ein durch und durch emotionaler Anlass nicht nur für die vielen Musikbegeisterten, sondern auch für das Trio.

Musikalische Zeitreise

«This is truly you. Don’t you see? And this truly me standing in front of you. You’re not alone anymore.(…) Let yourself fall, I’ll carry you tonight.» Sich fallen lassen, ohne Bedenken zu haben und neues Vertrauen fassen. Untermalt von zarten Geigenklängen, rhythmischen Drumbeats und Backing Vocals sang sich Jaël in die Herzen der Zuhörer und nahm sie mit auf eine emotionale musikalische Zeitreise.

 

Eine turbulente Fahrt überschattet von Trauer um Verlorenes und erhellt durch Freude an Zurückgewonnenem. Besonderes Highlight war «Set You Free», in dem sie die Trennung von ihrem jetzigen Mann verarbeitete. «Zum Einen kommt irgendwie alles gut, zum Andern passiert das, wenn man zu viele Freiheiten gibt», meint Jaël.

 

 

Trotz Ernsthaftigkeit durfte auch der Spass und ein Hauch von Leichtigkeit nicht fehlen. Bei «Feet In The Sun» griff die Bernerin kurzerhand zur Mini-Tröte. Die Begegnung mit einer Frau auf einer Reise löste in Jaël das Bedürfnis «Never Fit In» zu schreiben. Ein Lied über Zugehörigkeit, Abgrenzung und Einsamkeit.

 

Standing Ovations und ein gelungenes Comeback 

 

«Das nächste ist eines meiner Lieblingslieder», erklärte Jael. «Little Fly In A Spiderweb» erzählt von der Verletzlichkeit der Liebe und dem Kampf um die eigene Würde. Zugleich ist es auch die zweite Singleauskopplung aus «What Is Next». Dabei wurde auf Drums gänzlich verzichtet, lediglich ein Hauch von Geige und Cello mit Gitarre und Bass unterlegt trugen die Botschaft ins Publikum.

 

Mit «Through Your Eyes» forderte die Frontsängerin das Zürcher Publikum zum Mitsingen auf und hatte den wohl grössten Chor hinter sich. Die kristallklare Stimme der Bernerin sorgte für Gänsehautstimmung. So prunkvoll und eindrücklich wie die Zürcher Tonhalle war auch die gesangliche und instrumentale Darbietung des Abends.

 

Nach mehrfachen Standing Ovations und zweistündiger Bühnenpräsenz verabschiedeten sich Lunik und das Zürcher Kammerorchester mit «I Have Love». Traurige Geigenklänge und einsame Trompetentöne brachten den Grossen Saal ein letztes Mal zum Erstrahlen. Ein emotionales Comeback mit Klassik.

Dominique Rais / Mo, 08. Okt 2012