Joe Bonamassa mit bluesigen Facetten in Zürich

Konzertkritik: Joe Bonamassa im Hallenstadion
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©Bäckstage (Handyfoto)

Joe Bonamassa, US-amerikanischer Gitarrenvirtuose, in dessen Adern purer Blues fliesst, trat nach vier Jahren wieder in Zürich auf. Natürlich lag die lange Pause an der globalen Pandemie und damit verbundenen globalen Lockdowns. Bonamassa erklärte im Laufe der Show gleich selbst, dass er in dieser Zeit durchaus befürchtet habe, nie wieder auf Tour gehen zu können. Man glaubte ihm anzusehen, dass er froh ist, doch wieder in Zürich zu sein. Er war bestens aufgelegt, unterhielt sich angeregt mit seinen Mitmusikern, wenn andere solierten, schien sich kurz über den Deckel der Colaflasche zu ärgern, weil der hierzulande inzwischen fixiert ist. Allgemein wirkte Joe Bonamasse entspannt und irgendwie dankbar, wieder auf der Bühne zu stehen. Diesem Dank gab in der Mitte des Sets gern an die 5000 Menschen im Publikum weiter, weil sie ins Hallenstadion gekommen sind.

 

Der Auftakt  in den Abend war jedoch bemerkenswert. Mehrere Minuten standen Joe Bonamassa und seine Band auf der dunklen Bühne, während noch das Band lief, das zuvor im Stadion für musikalische Unterhaltung sorgte. Ob das eine Panne war oder schlicht ein erfrischend uneitler Auftritt, blieb offen. Kaum dass sich die Bühne erhellte, legte die siebenköpfige Band furios los und schon nach einem halben Song war der Soundmix ein Genuss, die Band sowieso in Hochform. 

 

Die Band war völlig im Groove

 

Es ist in diesem Fall nicht einfach, Beispiele für die Qualität für eine Kritik zu benennen, die Klasse der Band war so gross und durch das volle Set konsequent hochwertig. Keine Hänger, keine langatmigen Momente, keine Langeweile. Im Gegenteil. Die Band zeigte sich nach wenigen Momenten bereits im Groove und blieb drin, verlor sich regelmässig in richtig schönen, langen Instrumentalparts. Dafür kommt man zu Joe Bonamassa, man will diese üppigen Soundmalereien, dieses bedingungslose Abtauchen in die klanglichen Sphären, hören. 

 

Klar ist aber auch, die Gitarre von Bonamassa bekommt bei Konzerten ihre Bühne. Schon beim zweiten Song «Dust Bowl» liess Joe Bonamassa seine Gitarre zum Intro herrlich singen. Nur eine Facette. Im Laufe des Gigs zeigte sich die Breite im Spiel des Blues-Musikers eindrücklich. Ob er die Gitarre fast zärtlich zum Weinen brachte, sie schluchzen liess, um kurz darauf richtig aufzudrehen oder ob Joe später richtig pulsierend mit dem Saiten peitschte, er wirkte extrem sicher bei seiner Arbeit. 

 

Natürlich gehörten einige Posen dazu, Gitarre in die Höhe, Hände ans Ohr, um Applaus zu ernten, und die typische Sonnenbrille, kombiniert mit einem blauen Anzug, durfte nicht fehlen. Also Typ cooler Blueser mit spitzbübischem Grinsen. Im Grunde aber wirkte Joe an diesem Abend butterweich und voll im Dienste der Musik. Er nahm sich nicht so wichtig, ordnete sich gerne der Band unter, wenn sie jammte bzw. ihre Soli ausführlich zelebrierten. Joe hatte aber auch eine hochkarätige Besetzung auf der Bühne. Am Keyboard zum Beispiel Reese Waynans, Grammy-gekrönt und mit Double Trouble in der Rock ’n’ Hall of Fame verewigt. Der Mann erinnert mit seinen weissen Haaren und Bart leicht an Tom Jones. Und er beherrscht sein Instrument meisterhaft, bekam sogar kurz Standing Ovation. Und da ist Jade McCray, die australische Backgroundsängerin, die sich mit ihrer Stimme in schwindelerregende Höhen und wuchtigen Tiefen bewegte und betonsicher die Töne traf. Mit ihrer Kollegin Danielle DeAdrea feierte sie ausgelassen, lud das Publikum gar zum Mitsingen ein. Hat nicht so wirklich funktioniert, aber am Schweizer Publikum sind schon andere gescheitert. Sie nahmen es mit Humor. Mit Joshua Smith, laut Bonamassa «Der beste Gitarrist auf der Bühne heute Abend in Zürich», Carl Carter an den Drums und Calvin Turner am Bass war die bestens harmonierende Band komplett. 

 

Die vielen Winkel des Blues

 

Stilistisch bewegten sich Joe Bonamassa und seine Truppe in vielen Winkeln des Blues/Blues Rock. So flossen ruhige Momente ins Set, die zum Geniessen und Bewundern einluden, aber auch Momente, die roh, kantig und fiebrig anmuteten, wie wenn man in einer dunklen, verrauchten Bar irgendwo in den Südstaaten der USA sitzen und an einem Whisky nippen würde und sich dabei im Sound verlieren könnte. Gleichzeitig zog ein futuristischer klangfaden durch den gleichen Song, was einen spannenden Aspekt einbrachte. Beim ZZ Top-Cover «Just Got Paid» spielte Joe Bonamassa sogar kurz auf dem Teremin, jenem Instrument, das viele von der Titelmelodie zur klassischen Star Trek-Serie kennen. 

 

Natürlich endete das Konzert mit einem Klassiker als Zugabe. Sein wohl bekanntester Song, meinte Joe und erklärte, dass der Song schon deutlich älter sei, er aber seine knapp zwanzig Jahre alte Version spielen würde. «Sloe Gin» rundete einen Abend ab, der für jene gedacht war, die sich gerne auf die Musik einlassen und geniessen. Entsprechend wenige Handys waren während des Gigs zu sehen, man hörte grössenteils lieber der Band zu. 

 

Joe Bonamassa steht seit Jahren für Musik auf hohem Niveau und mit Blues als Basis. In Zürich hat er diesen Ruf eindrücklich bestätigt. 

 

  • Künstler: Joe Bonamassa
  • Genre: Blues, Bluesrock, Rock
  • Location: Hallenstadion Zürich
  • Datum: 1. Mai 2023
  • Konzertdauer: ca. 2 Std. 10 Min. 
  • Highlights: «Lonely Boy», «Sloe Gin»

 

Bäckstage Redaktion / Di, 02. Mai 2023