Der Dandy des Blues'

Konzertkritik: Joe Bonamassa im Volkshaus
Bildquelle: 
www.bäckstage.ch / © Danny Schwenter

Episch! Dynamisch! Aufbrausend fräsende Gitarren, Drumlawinen, flankiert von leisen Parts. Joe Bonmassa versteht es, seine Musik in das optimale Licht zu stellen. Als Beispiel für die Aufopferung, die Joe Bonamassa für seine Musik empfinden muss, hält «The Ballad Of John Henry» aus dem gleichnamigen Album den Kopf hin. Etwa in der Mitte der Show wird der Song vollends verdeutlichen, wo die Faszination des Joe Bonamassa liegt. Zuvor zeigt die Band aber schon viele Facetten. 

 

Egal ob mit einer akustischen (Bild 1) oder einer elektrischen (Bild 2), Joe Bonamassa fühlt sich wohl, wenn er eine Gitarre in der Hand hat. (Mit Maus über Bild fahren)

 

«Slow Train» bildet das Bindeglied zwischen den zwei gegensätzlichen Seelen in Joe Bonamassas Brust. Gleich zu Beginn setzt sich der amerikanische Blueser auf einen einsamen Stuhl, haucht ein schüchternes «Good Evening» und eröffnet ganz alleine mit einer akustischen Gitarre den Abend. Während fünf Songs lässt er seiner Bluegrass-Seite freien Lauf, spielt sich gemütlich und entspannt warm. «Dislocated Song» beispielsweise klingt rau und kantig, erinnert in rhythmischen Elementen gelegentlich sogar an afrikanische Beats. Mit den ersten drei Songs macht Joe klar, was der Abend bringen wird: virtuose Gitarren, aber auch direkte und gradlinige Rocksongs. Den Übergang in den verstärken Teil der Show bildet schon erwähntes «Slow Train». Jetzt ist Bonamassa in seinem Element. 

 

Spitzbübisch und cool

 

Natürlich ist Joe Bonamassa der Star, er steht im Zentrum der Bühne, hinter ihm drei mächtige Marshall-Verstärker, seine Musiker sorgfältig um ihn herum gruppiert, aber das ist ok so, schliesslich kommen die Leute, um den Gitarrenvirtuosen zu sehen und vor allem zu hören. Selbst wenn Bonamassa im perfekt sitzenden Anzug und mit Sonnenbrille, nach hinten gegelten Haaren und einer Aura zwischen schüchtern und kühl auftritt, arrogant wirkt er nie. Im Gegenteil. Ihn umweht etwas Spitzbübisches, gepaart mit einer nicht unnahbar wirkenden Coolness und einer Ausstrahlung, die vielleicht besonders bei den jungen Frauen in der ersten Reihe gut ankommt. Jedenfalls freut sich der Musiker über den hohen Frauenanteil im Publikum. Im Grunde tritt er an diesem Abend im Volkshaus wie ein Dandy auf; Joe Bonmassa, der Dandy des Blues‘. 

 

                 Der Gitarrist gibt sich mal cool (Bild 1) und

                 mal rockig (Bild 2).

 

Schon in der 20minütigen akustischen Eröffnungsphase ist das Publikum begeistert, das Volkshaus schon bald auf Betriebsklima. Inzwischen ist das Schlagzeug besetzt, dem Bass wurde Leben eingehaucht und auch ein Keyboard jauchzt gelegentlich dazwischen. Am meisten Druck hat aber Joe Bonamassa. Selten hat eine Band im Volkshaus so glasklar getönt und selten hat die Musik, die aus den Boxen kommt, die saubere und makellose Mischung mehr verdient. Dementsprechend leidenschaftlich zelebriert die Band die Songs, hangelt sich von einem Höhepunkt zum nächsten und stellt dabei eine bestechende Präzision unter Beweis. 

 

… als wäre es das Normalste der Welt

 

Bonamassa pflegt ein extrem beeindruckendes Gitarrespiel, irgendwo zwischen eiskalt elegant und glühendheiss dreckig, technisch aber auf einem Niveau, das Seinesgleichen sucht. Wer den 35 Jahre jungen Blueser im Volkshaus hört, dürfte keinen Zweifel daran hegen, dass gerade einer auf der Bühne steht, der mal zu den ganz grossen Gitarristen zählen wird - als bester seiner Generation gilt er bereits. Bonamassa steht nicht nur auf der Bühne und lässt die Leute spüren, dass er offen hörbar zur Sperrspitze der Bluesmusiker seiner Generation gehört. Er zeigt Charakter. Er klingt mal nach den sphärischen Klängen von Pink Floyd, rotzt aber wenig später einen Blues so frech auf die Bretter, dass es eine wahre Freude ist. Jedes Solo sitzt, jedes Reißen an den Saiten wirkt wie ein kleines Teilchen in den Klangmosaiken des Joe Bonmassa. Er lässt seine Gitarre heulen, jaulen und bleibt dabei so ruhig als wäre es das Normalste der Welt. 

 

Joe Bonamassa stand schon mit Leuten wie B.B. King auf der Bühne und hat Platten mit Jon Lord oder Beth Hart aufgenommen. 

 

Wie in Blueskreisen nicht ungewöhnlich, zollt auch Bonamassa seinen Vorbildern Tribut. Howlin‘ Wolfs «Who’s Been Talking» ist genauso im Set wie «Sloe Gin» von Tim Curry und auch Sam Browns «Stop» findet Einzug in das Set. Mit dem Respekt vor seiner musikalischen Sozialisierung komplettiert Joe Bonmassa den Gesamteindruck des Abends. Da steht ein wahrer Virtuose auf der Gitarre vor ausverkauftem Haus, haut ein technisch anspruchsvolles Brett nach dem anderen ins Publikum und begeistert die Menschen vollends. Das grösste Talent des in New Hartford, New York, geborenen Gitarristen ist aber vielleicht, dass er Musik für Gitarristen macht, an der auch Leute grossen Spass haben, die in ihrem Leben noch keine Saite berührt haben. 

 

Alle Bilder © Danny Schwenter. Sämtliche Bilder in der Galerie.

Patrick Holenstein / Do, 28. Feb 2013