Der grosse Songwriter und sein Flügel

Konzertkritik: Randy Newman im Volkshaus
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Pressebild / Allblues

Als der unscheinbare ältere Herr mit den grauen Haaren, der feinen Brille auf der Nase und dem stilvollen Sakko die Bühne betrat und sich an seinen nur dezent beleuchteten Flügel setzte, war augenscheinlich klar, wieso Randy Newman, jener grosse Mann des Songwritings, so viele Fans hat. Er tritt auf, als wäre er einer von uns, keine Allüren, keine grossen Auftritte, nicht einmal eine Band. Randy Newman überzeugte im Volkshaus alleine mit seinen flinken Fingern, seiner musikalischen Virtuosität und seiner unverkennbar nasalen Stimme. Und er bedankte sich für Applaus mit einem charmanten «nice».

 

Schon beim zweiten Song, dem zärtlich gesungenen «Mama Told Me Not To Come», das meilenweit von der rauen Tom Jones-Version entfernt war, hatte Newman das Publikum in seinem Bann. Und das darf ruhig wörtlich verstanden werden. Das Konzert dauerte zwei Stunden und über 30 Songs lang und das Publikum lauschte jedem einzelnen Tastenanschlag. Man hätte sich kaum zu husten getraut, so still war es teilweise.  Dafür verwöhnte Randy Newman mit einem Querschnitt durch seine Karriere. Von «Short People» über «Dixie Flyer» bis zu «Sail Away» und «Feels Like Home». Dabei sprühte er vor Charme, erzählte Geschichten, zum Beispiel wie er gleichzeitig wie Leonard Cohen einen Song namens Suzanne geschrieben habe und darum etwas irritiert war, oder er sang gemeinsam mit dem Publikum. Newman verstand es perfekt, die Mischung aus Stücken, bei denen viel Aufmerksamkeit verlangt wurde und jenen, die zur Gaudi werden durften, zu dosieren. 

 

Es gibt den geflügelten Ausspruch, dass jeder Künstler das Publikum bekommt, das er verdient. Bei Randy Newman käme es einem dicken Kompliment gleich. Sein Publikum ist in den leisen Momenten ruhig und klatscht in den seltenen dynamischen im Takt mit, es lacht mit ihm, singt mit Randy bei «I’m Dead (But I Don’t Know It)» und sein Publikum zollt dem zweifachen Oscar- und sechsfachen Grammypreisträger den Respekt, den er für seine erstklassige Leistung verdient hat. Auch in Zürich fehlt «You Can Leave Your Hat On» nicht, das Publikum zieht am Schluss den ihren in Form von Standing Ovations.

Patrick Holenstein / Mi, 21. Mär 2012