Jarabe de Palo auf die sanfte Tour

Konzertkritik: Jarabe de Palo im Volkshaus
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Promobild /Facebook von Jarabe de Palo

Schon seit 20 Jahren existiert die Latin-Rock-Band Jarabe de Palo, die in Barcelona gegründet wurde. Die diesjährige Tour, «50 palos», ist die Würdigung ihres umfangreichen musikalischen Schaffens. Ein Song eingängiger als der andere. Das Programm besteht aus den bekanntesten Ohrwürmern, wie «agua», «la flaca» oder «grita», und einigen neuen Stücken. Die Songs werden diesmal aber nicht schnell und voller Lebensfreude präsentiert – sondern langsam, emotional, rein, fast melancholisch. 

 

Mit dabei sind Piano, Bass, Cello, Gitarre und Congos. Jeder Musiker heute auf dieser Bühne ist ein Meister seines Fachs. «Wir spielen die Songs so, wie sie geboren wurden», erklärt Frontman Pau Donés im vollbesetzten Volkshaus. Quasi zurück zu den Wurzeln. Man könnte interpretieren, dass dieser Wandel mit Paus Gesundheitszustand hat. Der 51-jährige leidet seit knapp drei Jahren an Darmkrebs. Er ist ruhiger geworden, und dünner. Seine Bewegungen sind langsam, die Haltung etwas schlaff. Er hüpft nicht mehr auf der Bühne herum. Aber er füllt sie mit stiller Präsenz aus - und mit seinem Talent. Kaum aber setzt er zu Anekdoten an, ist seine Kraft und Lebendigkeit deutlich zu spüren. Ein witziger Typ, der gerne spricht, leider nur Spanisch. Man kann seinen Humor aber an der Resonanz der Zuhörer - die grosse Mehrheit besteht aus Spaniern oder Südamerikanern - erkennen: Alle paar Sekunden geht lautes Gelächter durch die Halle. 

 

Kaum atmen, um ja keinen Ton zu verpassen.

 

Wer heitere Latinomusik erwartet hat, der wird vielleicht enttäuscht sein. Die Songs haben wenig mit ihrer oft gehörten, fröhlichen Version zu tun. Stattdessen erhält man einen Einblick in die Tiefe. Als würde man eine Zwiebel schälen und bis zur innersten Schicht vordringen, so verletzlich wirken die Stücke teilweise. «Dicen» ist so ein Beispiel: Es ist mit gläsern klingendem Piano und elektrischem Cello inszeniert. Da möchte man kaum atmen, um ja keinen Ton zu verpassen.

 

Die Stücke sind aber nicht nur zerbrechlich und rein. «Bonito» erhält einen jazzig-bluesigen Touch und «yep» kommt den alten Salsa-Rhythmen doch ziemlich nahe. Wenn man dann denkt, eine Melodie zu kennen und mitsingen zu können, folgen Pausen oder Tonartwechsel. Ein buntes Potpourri an Überraschungen. «Flaca» ist schliesslich der letzte Song, bevor die Band von der Bühne geht – um dann unter tosendem Applaus wiederzukommen. Er sei froh, dass alle noch hier seien. «Ich bin schon einmal für die Zugabe auf die Bühne zurückgekehrt und niemand war mehr da», sagt er lachend. Und dann das Grande Finale mit «grita». Ohrenbetäubendes Klatschen. Standing Ovation. Nicht enden wollender Applaus. Bis zum baldigen nächsten Mal.

 

Die Latino-Rock-Band Jarabe de Palo für einmal ganz sanft: Während der Tour ihres 20-jährigen Bühnenjubiläums spielen sie ihre Songs in einer abgewandelten Form, langsam und emotional. Eine einmalige Darbietung mit grossen Talenten und wunderschöner Musik.

 

Wir hatten im Vorfeld zum Zürcher Konzert Gelegenheit mit Pau Donés zu telefonieren. Was er über seine Karriere und Jarabe de Palo sagt, könnt ihr hier lesen. 

 

Katja Nosswitz / Do, 29. Mär 2018