Kilbi im Nebel

Festivalbericht: Kilbi an der Grenze
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Zwei Nächte, zwei Locations, zwei DJ’s, acht Bands aus sechs Ländern, unzählige glückliche Menschen und ganz viel Nebel (draussen, nicht drinnen): Das war die Kilbi an der Grenze.

 

Aus Sicht der Veranstalter wie auch der Gäste war die erstmalige Verschmelzung von West (Fribourg) und Ost (St. Gallen), von Palace und Bad Bonn ein voller Erfolg. Es gab Vieles zu entdecken, und man durfte sich als Zuschauer auf neue Klangwelten einlassen. Mein Freitag ging im alten Kino Palace mit der Australierin Courtney Barnett und ihrer Band los, die mich mit ihrem gitarrenlastigen Rock zu überzeugen vermochte. Obwohl Meinungen laut wurden, auf Platte sei Courtney Barnett besser, gelang es der Band, zum ersten kleinen Highlight an diesem Wochenende zu werden.

 

Nach dem rund 45-minütigen Set hiess es für mich: raus in die Kälte, über die Strasse zur Grabenhalle, um Camera aus Berlin zu hören. Diese lieferten ein tolles Konzert ab. Die drei Musiker auf der Bühne verschmolzen richtiggehend mit ihrer Musik und wirkten zum Teil wie in Trance, was das Publikum manchmal etwas verwirrte, da die Improvisationen ab und an das Tanzen erschwerten. Dennoch schafften sie es, zumindest mich, mit ihrem Krautrock zu verzücken und ich war hell auf begeistert. Zurück im Palace erwarteten mich schon die etwas in die Jahre gekommenen Herren von Half Japanese, die, auch wenn sie die mit Abstand älteste Band dieses Festivals waren, durchaus Spass machten, ihre Gitarre auf der Bühne zerschmetterten und noch einmal richtig Gas gaben. 

 

Glück oder Pech für Jurczok 1001?

 

Nach den vielen Leuten, die ich mit etwas kleineren Augen am Samstag wieder traf, zu urteilen, muss es grossartig weitergegangen sein im Palace mit DJ Marcelle und in der Grabenhalle mit Vessel. Nicht wenige kamen im Morgengrauen nach Hause, als ich schon fast wieder auf dem Weg zur Bibliothek war. So ist das halt wenn Abgaben näher rücken und vorher nie Zeit war.

 

Der Samstag im Palace begann mit dem Zürcher «Stimmakrobaten» Jurczok 1001, der leider das Pech (oder vielleicht doch das Glück?) hatte, als Erster zu starten. Das Publikum war zwar angetan von dem, was er nur mit Stimme und Loopgerät zauberte, trotzdem gelang es ihm nicht so recht, das Publikum miteinzubeziehen, was wohl auch zum Teil an den unsagbar tollen roten Kinosesseln lag, in denen ein Grossteil der Leute den wunderschön arrangierten manchmal einlullenden Wort-Stimm-Beat-Arrangements lauschte. Definitiv ein weiteres, zumindest persönliches, Highlight dieses Wochenendes.

 

Was dann kam, war neu, vollkommen anderes, ungewohnt, aber gut. Wer mit der St.Galler Musikszene ein bisschen vertraut ist, kommt nicht umhin den Namen Dominik Kesseli zumindest schon einmal gehört zu haben. Er spielt sowohl bei Stahlberger als auch bei Kaltehand & Natasha Waters und A Crashed Blackbird Called Rosehip. Lord Kesseli and the Drums ist nun ein weiteres Projekt mit Michael Gallusser (der auch bei Stahlberger und Kaltehand & Natasha Waters dabei ist) und etwas vollkommen anderes als das, was man sich von den beiden gewohnt ist. Die noch nicht veröffentlichten Stücke waren zum Teil ungewöhnlich düster, hatten aber doch eine gewisse Schönheit in sich. Es lohnt sich bei Gelegenheit an ein Konzert der beiden zu gehen. Live sind sie auf alle Fälle toll.

 

Nach diesem grossartigen Konzert kamen Tirzah & Micachu, die leider nicht überzeugten. Eigentlich waren sowohl Tirzahs Stimme, als auch Micachus Beats nicht schlecht. Dennoch wirkte ihre Performance zum einen etwas unsicher und zum anderen so betont «unwichtig», dass es keine Freude war ihnen zuzuhören. 

Allerdings war dies schnell vergessen, als DJ Fett endlich an seine Turntables durfte und damit den gesamten Palast aufforderte zu tanzen.

 

Ein gelungener Schluss eines schönen Festes. Mit etwas schmerzenden Beinen aber guter Laune, wie man die nach der Kilbi halt so hat, verliess ich das Palace gegen Morgen.

 

Corinna Haag / Mi, 03. Dez 2014