Zynischer Anti-Held sinnt auf Rache

Movie-Kritik: Deadpool
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© Twentieth Century Fox Film Corporation.

«Deadpool» ist kein Actionfilm und die Hauptfigur ist kein Superheld. Deadpool stellt das als aller-erstes klar. Doch schon der Vorspann mit den zynischen Kommentaren zu den Mitwirkenden ver-rät den Zuschauern, dass sie keinen gewöhnlichen Film aus dem Superheldengenre zu sehen bekommen. Die Story mag keine Überraschungen bieten, doch die Selbstreflexivität des Films unterhält auf einer anderen Ebene.

 

Wade Wilson (Ryan Reynolds, «Green Lantern», «Selbst ist die Braut») ist Ex-Soldat einer Spezi-aleinheit. Unehrenhaft entlassen, verdient er seinen Lebensunterhalt als Söldner, wobei er als selbsternannter Bösewicht gefährlichere Schurken aus dem Verkehr zieht. Sein Leben scheint sich zum Besseren zu wenden, als er die Prostituierte Vanessa (Morena Baccarin, «Homeland», «Go-tham») kennenlernt und sich in sie verliebt. Doch das Glück ist von kurzer Dauer. Schon bald da-rauf erhält Wilson eine folgenschwere Diagnose: Krebs im Endstation. Um zu überleben willigt er notgedrungen ein, an einem riskanten Experiment teilzunehmen. Im behelfsmässigen Labor des dubiosen Ajax (Ed Skrein, «The Transporter Refueled») unterzieht er sich einer qualvollen Be-handlung, wodurch er die Fähigkeit erlangt, seine Wunden zu heilen. Wilson ist nun unverwundbar und unsterblich. Allerdings ist er durch die erlittenen Strapazen stark entstellt, da diese Kräfte sei-nen Körper und sein Gesicht mit Tumoren bedecken. Doch nicht nur das wird zum Problem. Ajax stattet die Todkranken nicht aus purer Selbstlosigkeit mit übernatürlichen Kräften aus, sondern züchtet vielmehr Sklaven heran, die in seinen Dienst treten sollen. Nur mit viel Glück gelingt Wil-son die Flucht aus dem Labor. Unter dem Namen Deadpool sinnt er fortan auf Rache für das, was Ajax ihm angetan hat. Dieser seinerseits versucht ihn aus dem Weg zu räumen. Solange bis sie bei einem finalen Showdown aufeinandertreffen.

 

Erfindet das Genre nicht neu

 

Wie bereits «X-Men Origins: Wolverine», in dem Deadpool übrigens bereits auftaucht, ist auch der Film «Deadpool» ein Spin-off der «X-Men»-Reihe. Im vorliegenden Film werden die X-Men durch die beiden Mutanten Colossus (Stefan Kapicic) und Negasonic Teenage Warhead (Brianna Hilde-brand) repräsentiert. Auch wenn Deadpool sich über sie lustig macht, ganz ohne ihre Hilfe kommt er doch nicht klar.

 

Wie bereits im Vorspann versprochen, wartet der Film mit den typischen Genreelementen auf. Auch wenn Regisseur Tim Millers erster Spielfilm im Grunde nichts Neues bietet – vorhersehbare Story, stereotype Figuren – fügen die gehörige Portion Selbstironie und der vor Zynismus strot-zende Humor der Hauptfigur dem Film eine weitere Facette hinzu. Ein Blick in die Kamera, eine direkt an die Zuschauer gerichtete Frage, schon wird man zum Verbündeten dieses vom Schicksal gebeutelten Superhelden und weiss trotzdem, dass man das Ganze nicht allzu ernst nehmen darf. Nur in diesem Rahmen funktioniert der Humor von «Deadpool», welcher sich in einem breiten Spektrum zwischen politisch inkorrektem Zynismus und infantil-pubertärem Klamauk bewegt.

 

«Deadpool» erfindet das Superheldengenre nicht neu, aber persifliert es so genussvoll wie scham-los. Die Frage bleibt, ob ein breites Publikum diesen Humor goutiert. Denn auch wenn der Film nicht so offensichtlich jenseits von Gut und Böse angesiedelt ist wie beispielsweise die «Scary Movie»-Reihe, die alle Horrorfilme durch den Kakao zieht, wird auch hier Witz an Witz gereiht. Deadpool spricht scheinbar ohne Punkt und Komma, was mitunter anstrengend sein kann und man unter Umständen nicht jede Pointe mitbekommt.

 

Alles in allem ist «Deadpool» allerdings gelungenes Popcorn-Kino, das mit seinen Bezügen zur heutigen Kultur und Gesellschaft und dem ewig quasselnden (Anti-)Helden sehr unterhaltsam sein kann – vorausgesetzt man lässt sich darauf ein.

 

  • Deadpool (USA / Kanada 2016
  • Regie: Tim Miller
  • Darsteller: Ryan Reynolds, Morena Baccarin, Ed Skrein, Brianna Hildebrand
  • Laufzeit: ca. 108 Minuten
  • Kinostart: 11. Februar 2016

 

Sule Durmazkeser / Do, 11. Feb 2016