Schlafkrankheit - ein Film in der Fremde übers Fremdsein

Kino-Kritik: Schlafkrankheit
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© cineworx
Der Film beginnt im Dunkeln. Man befindet sich in einem fahrenden Auto auf einer unebenen Strasse, draussen, irgendwo in Afrika. Man spürt die Fremde, kann sich die Hitze vorstellen und das beklemmende Gefühl nachempfinden, die Situation nicht ganz unter Kontrolle zu haben. Ebbo (Pierre Bokma), der deutsche Arzt fährt mit seiner Frau Vera (Jenny Schily) und Tochter vom Flughafen zurück nach Hause, in ihr Haus in Kamerun. Fast sein halbes Leben hat Ebbo mit Entwicklungsprojekten in Afrika verbracht, nun sollen sie ihrer Tochter zuliebe zurück nach Deutschland. Der Film begleitet die Familie während ihren letzten Tagen – Mitte des Films, eine neue Geschichte beginnt: Alex (Jean-Christophe Folly), ein französischer Tropenarzt mit afrikanischen Wurzeln wird nach Kamerun geschickt und ein Projekt zur Bekämpfung der Schlafkrankheit zu evaluieren. Bereits am Flughafen fühlt er sich unwohl, in dem Land, das eigentlich seine Heimat sein sollte. 
 
Zwischen Entwicklungsarbeite und Cüpli: «Schlafkrankheit» zeigt realistische Bilder vom Leben in Afrika. (Mit Maus über Bild fahren.)
 
Man wird auf eine Reise mitgenommen, ohne grosse Erklärung. Die Bilder stellen den Anspruch auf Realität, aber nicht auf Verständnis. Vielleicht, weil die Situation auch gar nicht ganz verstanden werden kann. Der Film handelt von Entwicklungshilfe, um deren Kritik ohne Gegenvorschlag. Doch vor allem geht es um die Menschen und um diesen Zwischenraum zwischen Zuhause und Fremde, zwischen zu Hause fremd sein und in der Fremde zuhause, aber doch nicht ganz. Dem Zuschauer ergeht es ähnlich, mit der Zeit vergeht das ungute Gefühl, dass hinter jeder Ecke etwas Bedrohliches lauern könnte und man beginnt die wunderschönen Bilder dieses Landes zu geniessen. Man beginnt die Leute zu verstehen, nur um im nächsten Moment festzustellen, dass man ausgeschlossen wird, von den Gedanken der Figuren und dann vom Geschehen selber. 
 
Im Zentrum von Ulrich Köhlers Film steht Afrika mit allen Facetten. Menschen gehören da selbstverständlich dazu. 
 
Der Regisseur Ulrich Köhler ist selber in Zaire als Kind zweier Entwicklungshelfer aufgewachsen. Mit neun Jahren kehrte er nach Deutschland zurück. Es ist sein dritter Spielfilm, jeder wurde bisher gemeinsam mit Kameramann Patrick Orth realisiert. «Schlafkrankheit» wurde mehrfach ausgezeichnet (Gewinner des Silbernen Bären für die Beste Regie an den 61. Internationalen Filmfestspielen Berlin) und läuft ab jetzt im FILMPODIUM in Zürich. 
 
 
  • Schlafkrankheit
  • Regie: Ulrich Köhler
  • Darsteller: Pierre Bokma, Christophe Folly, Jenny Schily
  • Dauer: 91 min
  • Schweizer Kinostart: 11. Juli 2013
 
Charlotte Foxall / Do, 11. Jul 2013