Robin Hood und der Königsclown von England

DVD-Kritik: Robin Hood
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Disney Films

Wenn ich mich an meine Kindheit erinnere, spielen die Zeichentrickfilme von Disney oft eine Rolle. Der Gang ins Kino, um das neueste Werk zu sehen, gehörte fest zu den Weihnachtstraditionen und oft versammelten sich im Wohnzimmer alle Kinder der Nachbarschaft, wenn ein Disney-Zeichentrickfilme geschaut werden durfte. Aber «Robin Hood» hat in der ganzen Welt von Disney einen besonderen Stellenwert. Jedenfalls bei mir. Ich besass nämlich auch das Hörspiel zum Film auf Kassette und konnte sie auswendig. Von den Dialogen über die Geräusche bis zu den Liedern, gesungen vom grossen deutschen Liedermacher Reinhard Mey. 

 

Reinhard Mey singt und spricht auch auf der eben erschienenen Blu-Ray den Gockel Alan A’Dale und führt uns so in Nottingham ein. Die englische Grafschaft ist unter dem Druck von Prinz John, der für König Richard den Thron hütet, während sich dieser auf einem Kreuzzug befindet. Bis auf die letzte Münze pressen die Schergen des Prinzen, angeführt vom bösen Sheriff von Nottingham, die Bevölkerung aus. Diese singt dafür Lieder über den «Köngisclown von England». Als Prinz John das mitbekommt, lässt er sogar die Armenkasse der Kirche plündern und Bruder Tuck einsperren. Dem entgegensetzen sich nur zwei Outlaws, Robin Hood und Little John. Sie leben im nahen Sherwood Forest, berauben die Reichen und verteilen die Beute unter den Armen. Robin Hood ist zudem der Erzfeind von Prinz John. Der versucht Robin mit einer List zu fangen. Er veranstaltet im Wissen, dass Robins Herz der Maid Marian gehört, ein Turnier, dessen Preis ein Kuss von Marian sein wird. Robin wagt sich natürlich in die Höhle des Löwen und wird von der Armee des Prinzen gefangen und zum Tode verurteilt. Nur durch eine List kann er fliehen und so kommt es zum finalen Kampf mit Prinz John. Doch es eilt Hilfe von unerwarteter Seite herbei. 

 

Sir Peter Ustinov spricht Deutsch und Englisch

 

Bei «Robin Hood» weiss man gar nicht wo anfangen. Geschickt sind die Hasenkinde, die nicht nur den Optimismus und die Lebensfreude in der gebeutelten Gesellschaft symbolisieren, sondern dem Film viel Witz geben, in die Handlung eingeflochten. Weiter werden sie durch ihre Neugier gleich instrumentalisiert, um die Prämisse des Films zu klären. Sie fragen nämlich den Erwachsenen Löcher in den Bauch. Oder sollten doch die Zeichnungen an den Anfang? Sie besitzen nämlich sehr viel Charakter, sind klar sichtlich von Hand gezeichnet, wohl bewusst nicht ganz glatt gehalten, und doch tragen sie die typischen Qualitätsmerkmale von Disney. Sie sind zu Ende gedacht und wirken wie künstlerische Figuren mit Ecken und Kanten. Oder sollte zuerst erwähnt werden, dass «Robin Hood» einer jener Filme in Disneys Oeuvre ist, in dem nur Tiere vorkommen? Nein, aber vielleicht die Parallelen zu anderen Filmen könnten interessant sein. So ist Little John bei «Robin Hood“ genauso ein Bär, wie Balu im «Dschungelbuch» und die Stimme wird ihm sowohl im englischen Original als auch in der deutschen Synchronfassung vom gleichen Sprecher verliehen. Und der böse Prinz wird in beiden Versionen vom verstorbenen Sir Peter Ustinov vertont, allerdings spricht er nur im Original den König Richard. Oder wäre interessant, dass Bruder Tuck ursprünglich ein Schwein sein sollte, aber die Furcht vor ungewolltem Kontext bezüglich der religiösen Position der Figur sorgten dafür, dass er im fertigen Film ein Dachs ist. 

 

Der Film kam 1974 in die deutschen Kinos und orientiert sich an der englischen Sage des Robin Hood. Auf der Jubiläumsedition, die eben auf Blu-Ray in den Handel kam, ist ein skizziertes alternatives Ende enthalten, dass Prinz John noch böser darstellt und wohl in der Familie für Diskussionen sorgen könnte, welche Variante besser gewesen wäre. Weltpremiere feierte der Film in der Radio City Musik Hall in New York und auch wenn «Robin Hood» heute als Klassiker gilt, so bekam er bei der Kinoerstauswertung nicht nur positive Kritiken. Einige verschrien gar, dass der Film das Erbe von Disney beschmutzen würde. Heute würden das wohl viele der damaligen Kritiker anders sehen. Jedenfalls erscheint «Robin Hood» erstmals auf Blu-Ray und enthält einiges an Bonusmaterial. Etwa eine zusätzliche Szene oder den Kurzfilm «Prinzessin Minnie». Aber das Wichtigste ist, dass auch «Robin Hood» auf Blu-Ray durch ein brillantes Bild glänzen darf. Das weckt in mir gleich nochmals Kindheitserinnerungen. «… für den Königsclown von England …». Hach…

 

  • Robin Hood (USA 1973)
  • Regie: Wolfgang Reitherman
  • Länge: 80 Minuten
  • DVD-/Blu-Ray-Start: 22. August
Patrick Holenstein / Sa, 07. Sep 2013