Im Namen der Kindheit

DVD-Kritik: Gifted
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© Twentieth Century Fox Film Corporation.

Frank (Chris Evans, «Captain America – The First Avenger») zieht nach dem Tod der Schwester seine Nichte Mary (McKenna Grace, «Independence Day - Wiederkehr») gross. Das siebenjährige Mädchen ist aufgeweckt, liebt ihren einäugigen Kater Fred über alles und mit ihrer Nachbarin Roberta (Octavia Spencer, «Hidden Figures») hat sie eine beste Freundin und Mutterfigur. Mary ist ein Mathematik-Genie und auch sonst versteht sie die Welt schneller und besser als ihre Altersgenossen. Den hohen Intellekt hat sie von ihrer Mutter geerbt, die einer der brillantesten Köpfe der Menschheit war. Diese stand kurz vor der Lösung des Navier-Strokes-Problems - eines der sieben Millennium-Probleme, die ungelöste Problem der Mathematik sind – als sie starb. Frank weiss um die Begabung seiner Nichte, die er wie eine Tochter grosszieht. Er möchte nicht, dass sie dem Schicksal ihrer Mutter folgt und möchte Mary daher eine möglichst normale Kindheit ermöglichen. Bonnie Stevenson (Jenny Slate, «Late Night with Jimmy Fallon»), Marys Lehrerin, bleibt das Talent ihres Schützlings nicht unbemerkt, als diese sich in der ersten Lektion beim Ein-Mal-Eins mehr als nur langweilt. Bonnie stellt Mary verschiedene Rechenaufgaben und als diese 57 mal 135 im Kopf rechnet und dann auch die Wurzel davon nennt, geht bei Bonnie ein Licht auf. Sie möchte Frank davon überzeugen, Mary auf eine Schule für Hochbegabte zu schicken. Frank lehnt ab. Das bringt sein und Marys Leben aus den Fugen, als sich dann noch Marys Grossmutter Evelyn (Lindsay Duncan, «Alice im Wunderland») einschaltet und Marys Vormundschaft anfechtet. 

 

Lebensfragen 

 

Wann sollte ein Kind aufhören Kind zu sein, nur weil es eine Begabung hat, die einzigartig ist? Verliert man das Recht auf ein Leben, wenn man dazu berufen ist, Grosses zu leisten? Was ist das Beste für ein Kind? «Begabt – Die Gleichung eines Lebens» befasst sich mit ebendiesen Fragen. Mary ist anders und das weiss sie. Frank ist sich dessen bewusst und möchte sie daher nicht auf eine Schule für Hochbegabte schicken. Mary soll eine sorgenfreie Kindheit haben – anders als ihre Mutter. Doch verwehrt er ihr damit die Chance ihr volles Potential zu entwickeln? Er weiss es nicht. Frank möchte, dass Mary wie ein normales Mädchen heranwächst, mit Freunden, Hobbys, die sich nicht nur um Mathematik drehen, und Dummheiten, die zum Leben dazugehören. In seinen Augen sollte ihr das Recht auf Normalität nicht verwehrt werden. 

 

Genauso wie schon bei «(500) Days of Summer» verflechtet Regisseur Marc Webb Tragik mit Humor und verpasst einer traurigen Geschichte eine leichte Note, die wie eine sanfte Sommerbrise, ein Lächeln um die ein Tränchen vergiessenden Augen zaubert. Die Protagonisten schiessen nicht mit Pointen um sich und Stereotypen werden nur ansatzweise bedient. Auch wirkt der Humor so natürlich, dass er eben … wirkt! 

Webb schafft Empathie für die einzelnen Figuren ohne grosse dramatische Bögen zu spannen. Klar kommt es zu einem Höhepunkt im Film, bei dem es dem Zuschauer fast das Herz zerreisst. Aber Webb überspannt den Bogen nie und setzt auf überraschende Wendungen. 

 

«Begabt – Die Gleichung eines Lebens» ist zuckersüss, herzergreifend und sehr sehenswert. Jungschauspielerin Mckenna Grace macht ihren Job so gut, dass man ihr abkauft, dass sie ein kleines Mathegenie ist. Wer den Film im Kino verpasst hat, sollte ihn sich unbedingt auf DVD holen.

 

  • «Begabt – Die Gleichung eines Lebens» (USA 2017)
  • Regie: Marc Webb
  • Drehbuch: Tom Flynn
  • Besetzung: Chris Evans, Mckenna Grace, Lindsay Duncan, Octavia Spencer, Jenny Plate
  • Laufzeit: 101 Minuten 
  • DVD und Blu-Ray erhältlich.

 

catarina martins / Do, 23. Nov 2017