Heimkehr zum Begräbnis

Movie-Kritik: White Sun
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© Trigon-Film

Nach langer Abwesenheit kommt Chandra, ein ehemaliger Widerstandskämpfer, zurück in sein Heimatdorf im ländlichen Nepal. Er kehrt heim, um seinen Vater zu beerdigen. Seine Ankunft erfreut aber viele nicht: Die Mehrheit der im Dorf verbliebenen alten Männer stehen dem neuen kommunistischen Regime kritisch gegenüber. Chandras eigener Bruder hat für die Seite der Monarchie gekämpft. Doch damit nicht genug: Seine Frau, die Chandra verliess, um zuerst in den Krieg zu ziehen und dann nach Katmandu für den Staat arbeiten zu gehen, hat mittlerweile eine junge Tochter, die nicht weiss, wer ihr Vater ist.

 

Der Titel des Films, «White Sun», beschreibt die weisse Sonne auf der nepalesischen Flagge, die nach dem Sieg der Maoisten zur Nationalflagge erklärt wurde. Die Gespaltenheit der Bevölkerung zeigt sich in verschiedenen Facetten: Alte gegen Erwachsene gegen Kinder, Frau gegen Mann, ländliches gegenüber städtischem Leben, Leben gegen Tod, höhere gesellschaftliche Kaste gegen tiefere, Tradition versus Innovation. Ordnung scheint fern seit dem Bürgerkrieg. In der Gegenwart der Geschichte ist das Ende dieses Krieges schon wieder 10 Jahre her, es ist Ende 2015, das Erdbeben hat die Nation verwüstet und die Parteien haben sich gezwungenermassen auf eine Verfassung geeinigt.

 

Wer ist ihr Vater?  (© Trigon-Film)

 

Der Film kommentiert also ziemlich direkt Geschehnisse im realen Nepal. Da hilft es, dass die Schauspieler allesamt im kleinen Dorf «eingelebt» wirken. Zwei Kinder übernehmen wichtige Rollen, die Ergebnisse sind unterschiedlich. Während der Strassenjunge Badri, dessen Eltern im Bürgerkrieg von Maoisten getötet wurden, emotional und frech von Amrit Pariyar porträtiert wird, wirkt Sumi Malla in der Rolle von Chandras potentiellen Tochter Pooja eher steif. Die beiden sorgen aber in Begleitung von Chandra für einige humorvolle Momente, die meist gelingen.

 

So interessant die verschiedenen Ansätze des Drehbuchs sind, ist erst einmal Hintergrundwissen vonnöten, um sich in der vom Film besprochenen Thematik zu orientieren. Referenzen der Darsteller auf den Krieg oder die Verfassung oder sogar das Erdbeben können sonst schwer verstanden werden. Geschnitten wird zum Teil unpassend, man fühlt, dass bei einigen Szenen ein Ende fehlt, andere hingegen nicht aufhören, was zusammen mit dem häufigen Gebrauch von Handheld-Kameras in Verbindung mit Close-Ups der Freude am Zuschauen einen Dämpfer versetzt. Zudem wirkt es nicht, als habe der Regisseur die verschiedenen Handelsstränge sicher in der Hand. Das passt eigentlich gar nicht schlecht zur dargestellten Situation im Film. Nur ist es ziemlich anstrengend.

 

Ein unaufgeregter Film mit schönen Bildausschnitten und einem interessanten Sozialkommentar zur Situation Nepals. Kann man auch gut zu Hause anschauen.

 

  • White Sun (Nepal)
  • Regie: Deepak Rauniyar
  • Drehbuch: Deepak Rauniyar & David Barker
  • Darsteller: Asha Magrati, Rabindra Singh, Baniya, Sumi Malla, Amrit Pariyar, Dayahang Rai
  • Laufzeit. 89 Minuten
  • Kinostart: 13. April 2017

 

Jonas Stetter / Do, 13. Apr 2017