Eine liebe Wildkatze

ZFF 2023: Moviekritik zu Wildcat
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Pressebild / ©Zurich Film Festival

Flannery O’Connor war eine US-amerikanische Schriftstellerin, die in den 50er und 60er-Jahren tätig war und zwei Roman sowie 31 Kurzgeschichten schrieb. Meist handelten ihre Geschichten von Südstaatlern, deren doppelte Moral und Heucheleien. O’Connor war Katholikin und dies floss auch stark in ihr Schaffen mit rein. So erinnern ihre Werke ein wenig an die Beat-Generation, an «On the Road» etwa, beinhalteten ähnlich tragische Figuren, unterscheiden sich aber deutlich von den Werken von Kerouac, Burroughs oder Ginsberg in ihren Moralvorstellungen.

 

Maya Hawke wollte die Schriftstellerin verkörpern

 

Flannery O’Connor starb schließlich mit nur 39 Jahren an Lupus, ihre Werke besitzen aber nach wie vor Relevanz. Insbesondere die Thematik des Schreibens selbst, also der Motivation dahinter, beschäftigte O’Connor stark. Wollte sie berühmt werden? Einen Nachlass hinterlassen, insbesondere nachdem sie von ihrer Krankheit erfuhr, oder waren ihre Motive einer höheren Gewalt, also dem Glauben, geschuldet? Diese Reflexionen faszinierten die heranwachsende Maya Hawke, Tochter von Uma Thurman und Ethan Hawke, sehr stark. Nach ihrem Erfolg in der Serie «Stranger Things» sicherte sich die immer noch junge Maya die Filmrechte an O’Connors Werken und Leben, berichtete uns Ethan Hawke am diesjährigen Zurich Film Festival. Für Maya stand fest, sie möchte die Schriftstellerin verkörpern und Ethan verstand auch weshalb: «Für ihre Bewerbung an der renommierten Juilliard School in New York, erschuf Maya sich einen eigenen Monolog, alles zusammengewürfelt aus verschiedenen Texten von O’Connor», so Hawke weiter.

 

Da er nie seinen Kindern seine Hilfe ausschlagen würde, machte er sich einmal mehr an ein Drehbuch und hinter den Regiestuhl. Herausgekommen ist «Wildcat», eine eigensinnige Biografie über Flannery O’Connors Leben und Werk. Der Titelvorschlag kam von Maya, welche Flannary sich immer als eine zerzauste Wildkatze vorstellte, bei der man nie wusste, ob sie einen beissen oder kratzen würde. So kratzbürstig spielt Maya die Flannery aber lustigerweise nicht. Es ist vielmehr eine ganz liebe und scheue Katze, die wir als Zuschauende auf der Leinwand erblicken. O’Connor hatte grosse Träume als Schriftstellerin, war auch zu einer gewissen Zeit Teil der Intellektuellen Künstlerszene, zu der sie sich aber nie so ganz dazugehörig fühlte. Aufgrund ihrer Erkrankung zog sie zurück zu ihrer Mutter aufs Land in Georgia.

 

Kleine Längen und gekonnte Darstellungen

 

Also eher wenig Stoff für eine hinreissende Künstlerverfilmung. Deshalb wählte Ethan Hawke, wie er uns erzählte, jene Kurzgeschichten aus, in denen er in gewissen Rollen Flannery selbst, sowie deren Mutter und weitere Verwandte entdeckte. Diese Stücke baute er als Kurzfilme mitten in der Rahmenhandlung ein. Eine interessante Idee, die insbesondere seiner Tochter und Laura Linney, welche die Mutter spielt, eine schöne Range an kuriosen Charakteren zur Verkörperung anbot. Diese meistern beide Ladies gekonnt. Und so sind es vor allem diese Kurzgeschichten/Kurzfilme, die diesen Film sehenswert machen. Denn die Rahmenhandlung mit Flannerys Leben ist eher monoton und etwas in die Länge gezogen. 

 

«Wildcat» ist ein kreativer Mix, aus verschiedenen Werken von O’Connor, welcher insbesondere durch die vielen Kurzgeschichten und den talentierten Darstellenden seinen Sog entfaltet.

 

  • Wildcat (USA 2023)
  • Regie: Ethan Hawke
  • Drehbuch: Shelby Gaines, Ethan Hawke
  • Besetzung: Maya Hawke, Laura Linney, Philip Ettinger, Rafael Casal, Cooper Hoffman, Liam Neeson
  • Laufzeit: 108 Minuten
  • Kinostart: TBA

 

 

Der Film läuft am Zurich Film Festival und ist noch Mittwoch, 4.10.2023 um 21:30 im Corso oder Freitag, 6.10.2023 um 21.30 im Frame zu sehen.

 

Tanja Lipak / Mi, 04. Okt 2023